London. Bislang hatte eine strenge Frist bis zum 30. Juni gegolten. EU-Bürgern, die noch keinen Antrag auf Bleiberecht in Großbritannien gestellt haben, hätte danach wegen des Brexits die Ausweisung gedroht.

Die britische Regierung will auch über das Fristende vom 30. Juni hinaus Anträge auf Bleiberecht von EU-Bürgern annehmen, die bereits vor dem Vollzug des Brexits in Großbritannien lebten.

Voraussetzung sei, dass berechtigte Gründe geltend gemacht werden können - beispielsweise eine schwere Erkrankung, teilte ein Sprecher des Innenministeriums in London mit.

Bürger aus den EU-Staaten sowie Islands, Liechtensteins, Norwegens und der Schweiz durften sich noch bis zum Jahreswechsel in Großbritannien ohne Einschränkungen niederlassen. Dieses Recht auf Freizügigkeit endete mit dem endgültigen Austritt des Landes aus dem EU-Binnenmarkt am 31. Dezember 2020.

Mehrere Hunderttausend warten auf Bleibe-Bescheid

Bislang wurden bereits 5,4 Millionen Anträge auf Bleiberecht in Großbritannien gestellt. 4,9 Millionen davon wurden positiv beschieden. Mehrere Hunderttausend Menschen warten noch auf das Ergebnis, sie können bis dahin weiterhin auf ihr Bleiberecht aus der EU-Mitgliedschaft pochen.

Mehrere Hunderttausend haben jedoch nach Schätzung von Experten noch keinen Antrag gestellt. Sollten sie dies nicht bis zum 30. Juni machen, müssten sie damit rechnen, ausgewiesen zu werden. Das Innenministerium kündigte an, in entsprechenden Fällen eine Frist von 28 Tagen für eine späte Bewerbung zu setzen.

Die Organisation the3million, die sich für die Rechte von EU-Bürgern in Großbritannien einsetzt, begrüßte die Entscheidung, verspätete Anträge anzunehmen. Die Krux sei aber, dass die Menschen bereits mit Ablauf der Frist automatisch ihre Rechte verlören, kritisierte Maike Bohn von the3million. Das Innenministerium versicherte, es würden keine laufenden Zahlungen zur Sozialhilfe an EU-Bürger eingestellt, neue Anträge seien jedoch ebenfalls nicht möglich.

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