Brüssel. Nur einen Tag nach seiner Rückkehr nach Russland wurde Alexej Nawalny in Moskau inhaftiert. Das Europaparlament fordert weitere Sanktionen gegen Russland, Kanzlerin Merkel seine sofortige Freilassung.

Nach der Festnahme und Verurteilung des russischen Oppositionsführers Alexej Nawalny hat das Europaparlament weitere Sanktionen gegen Russland gefordert. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel fordete hat noch einmal mit Nachdruck die sofortige Freilassung des Kremlkritikers.

"Wir glauben, dass das absolut richtig wäre und auch sehr dringlich ist", sagte Merkel in Berlin. Die EU-Abgeordneten forderten die verantwortlichen Personen und Organe für die Vergiftung, die Verhaftung und die Verurteilung Nawalnys zu sanktionieren. Auch russische Oligarchen und deren Familien sollen demnach mit den Strafmaßnahmen belegt werden. "Die Europäische Union sollte nicht länger ein Ort sein, der russischen Reichtum unklarer Herkunft willkommen heißt", hieß es in dem Dokument.

Zuvor hatte sich der Kreml solche Aufrufe als Einmischung in seine inneren Angelegenheiten verbeten. Der finnische Präsident Sauli Niinistö sprach Nawalnys Inhaftierung bei einem Gespräch mit Kremlchef Wladimir Putin an, hieß es in Moskau.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hatte in der Plenardebatte am Dienstag darauf hingewiesen, dass Sanktionen in der Verantwortung des Rates der Mitgliedsstaaten lägen. Wenn diese es wünschten, würde man auch mit restriktiven Maßnahmen reagieren. Borrell hatte betont, die Beziehung der EU zu Russland sei nicht auf die Vergiftung Nawalnys zu reduzieren. Man müsse Kommunikationskanäle offen halten.

Derweil warnt Russlands Innenministerium mit Nachdruck vor der Teilnahme an Massenprotesten und droht mit Konsequenzen. Es werde alles unternommen, um die nicht genehmigten Demonstrationen zu verhindern, teilte das Innenministerium mit. In Moskau wurde erneut Nawalnys enge Mitarbeiterin Ljubow Sobol festgenommen, wie der Stab des Oppositionellen mitteilte. Nawalny und sein Team haben für diesen Samstag landesweit zu Protesten gegen Justizwillkür und Korruption unter Kremlchef Wladimir Putin aufgerufen.

Demonstrationen seien in mehr als 60 Städten geplant, teilte Nawalnys Team im Kurznachrichtendienst Twitter mit. Wie ein Lauffeuer verbreiteten sich die Protestaufrufe in den sozialen Netzwerken, millionenfach auch bei Tiktok. Moskaus Behörden warnten davor, junge Menschen nicht zu Protesten anzustiften. Im Internet kursierte auch ein Video mit Szenen, in denen Schüler die im Land verbreiteten Porträts von Putin mit dem Bild von Nawalny überklebten.

Mehrere EU-Staatenvertreter hatten weitere Sanktionen als realistisches Mittel bezeichnet. Bereits im vergangenen Jahr hatte die EU in Folge von Nawalnys Vergiftung mit dem Kampfstoff Nowitschok im August Einreise- und Vermögenssperren gegen mutmaßliche Verantwortliche aus dem Umfeld von Russlands Präsident Wladimir Putin verhängt.

Nawalny war nach seiner medizinischen Behandlung in Deutschland am Wochenende nach Russland zurückgekehrt und wurde dort umgehend verhaftet. In einem Eil-Verfahren wurde er wegen Verstoßes gegen Bewährungsauflagen zu 30 Tagen Haft verurteilt worden.

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