Kuala Lumpur. Acht Monate haben Trump und Xi nicht mehr miteinander gesprochen. Das Verhältnis ist zerrüttet. So wollte ihm der US-Präsident nicht die Bühne des Apec-Gipfels überlassen, auch wenn er selber abgelenkt war.

Der Kontrast war auffällig: Während Chinas Präsident Xi Jinping auf dem Asien-Pazifik-Gipfel über den Kampf gegen die Pandemie sprach, spuckte das Twitter-Konto von US-Präsident Donald Trump eine Mitteilung nach der anderen über angeblichen Betrug bei seiner Wahlniederlage aus.

Schon zum Auftakt der Videokonferenz der 21 Staats- und Regierungschefs der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (Apec) wirkte der vom Weißen Haus zugeschaltete Trump auffällig abgelenkt, fast desinteressiert.

Es war nicht der große Auftritt, den sich der abgewählte, amtierende US-Präsident auf dem wichtigsten Gipfel der Pazifik-Anrainer am Freitag vielleicht gewünscht hätte. Gastgeber Malaysia unterbrach die Live-TV-Übertragung nach dem Auftakt - noch bevor Trump seine Rede hielt. Das Treffen der Apec-Wirtschaftsgemeinschaft war aber der erste, wenn auch virtuelle Kontakt mit seinem Rivalen, Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping, seit acht Monaten.

Zuletzt hatten Trump und Xi Jinping am 27. März am Telefon miteinander gesprochen - bevor die Corona-Pandemie so richtig losging. Danach war Trump noch voll des Lobes für Xi Jinping gewesen: "Großen Respekt!" "China hat viel durchgemacht und ein gutes Verständnis von dem Virus entwickelt. Wir arbeiten eng zusammen", schrieb Trump damals auf Twitter über das "sehr gute Gespräch".

Seither herrschte aber Funkstille. Es gibt schwere Spannungen über den Handelskrieg, den harten Kurs Pekings in Hongkong, die Verfolgung der Uiguren und amerikanische Sanktionen. Es ist von einem "neuen Kalten Krieg" die Rede. Trump versucht, den wirtschaftlichen und technologischen Aufstieg Chinas und seinen Einfluss einzugrenzen. Er verfolgt eine "Entkoppelung" der US-Wirtschaft. Das Verhältnis zwischen den beiden größten Volkswirtschaften ist auf den tiefsten Stand seit Aufnahme der diplomatischen Beziehungen 1979 gefallen.

Heute lässt Trump keine Gelegenheit aus, China die Schuld für die "Pest", das "China-Virus", zuzuschieben - auch um von seinen eigenen Versäumnissen abzulenken, wie Kritiker sagen. Er wirft China vor, nicht schnell genug und unzureichend gegen den massiven Ausbruch vor gut einem Jahr in der zentralchinesischen Metropole Wuhan vorgegangen zu sein. "Wir müssen die Nation zur Rechenschaft ziehen, die diese Seuche auf die Welt losgelassen hat - China", sagte Trump im September vor der UN-Vollversammlung.

Dagegen trat Xi Jinping sehr selbstbewusst auf, wohlwissend, dass Trump bald weg ist. Das bevölkerungsreichste Land hat das Virus seit dem Sommer weitgehend unter Kontrolle und zählt heute kaum noch Infektionen. Chinas Behörden bedienen sich strenger Maßnahmen, Quarantäne, Kontaktverfolgung und Einreisebeschränkungen. "Wir haben einen großen strategischen Erfolg im Kampf gegen das Virus erzielt", sagte Xi Jinping am Vortag per Videoschalte vor Wirtschaftsführern.

Auch sei es China gelungen, die Produktion wieder in Gang zu bringen und somit in den ersten drei Quartalen wieder Wachstum zu erzielen, hob Xi Jinping hervor. Während die Welt in einer tiefen Rezession steckt, wird China als einzige große Volkswirtschaft in diesem Jahr wachsen - voraussichtlich um zwei Prozent. "Diese schwer gewonnenen Errungenschaften sprechen Bände über die Widerstandsfähigkeit und die Vitalität der chinesischen Wirtschaft", meinte Xi Jinping.

An dem Video-Gipfel nehmen auch Russlands Präsident Wladimir Putin und der neue japanische Ministerpräsident Yoshihide Suga teil. Vor zwei Jahren hatte Trump nur Vizepräsident Mike Pence geschickt, was als Zeichen mangelnden Interesses an der Region gewertet worden war. 2019 musste Chile das Treffen wegen Unruhen im Land absagen.

Die 1989 gebildete Apec-Gemeinschaft repräsentiert mehr als die Hälfte der globalen Wirtschaftsleistung und 39 Prozent der Weltbevölkerung. Der Gipfel folgt weniger als eine Woche auf den Abschluss des weltgrößten Freihandelsabkommens zwischen China und 14 anderen asiatisch-pazifischen Volkswirtschaften. Die "regionale, umfassende Wirtschaftspartnerschaft" (RCEP) umfasst 2,2 Milliarden Menschen und ein Drittel der weltweiten Wirtschaftsleistung.

Neben China und den zehn Staaten der südostasiatischen Gemeinschaft Asean beteiligen sich auch US-Bündnispartner wie Japan, Australien und Südkorea. Der Freihandelspakt wurde als Erfolg Chinas gewertet, das damit seinen Einfluss in der Region weiter ausbauen konnte.

Am Samstag begegnen sich Trump und Xi Jinping schon wieder - auf dem ebenfalls virtuellen Gipfel der Gruppe großer Industrienationen (G20) unter Vorsitz von Saudi-Arabien. Es ist das erste Treffen der Staats- und Regierungschefs seit Beginn der Pandemie. Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wird an den zweitägigen Beratungen teilnehmen.

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