Berlin. Klimafolgen, Kriege und ein verbreiteter Bruch der Menschenrechte: Zivile Hilfsexperten rechnen mit einer steigenden Zahl von Flüchtlingen, wenn nicht mehr unternommen wird gegen die Verschlechterung der Lebensverhältnisse in Teilen der Welt.

Katastrophen und Naturgefahren zwingen nach Einschätzung ziviler Hilfsexperten Millionen Menschen weltweit, ihre Heimat zu verlassen.

"Dies wird sich künftig noch verstärken, falls keine wirksamen Maßnahmen zum Klimaschutz ergriffen werden", heißt es im Weltrisikobericht 2020, der am Dienstag vom Bündnis "Entwicklung Hilft" und dem Institut für Friedenssicherungsrecht und Humanitäres Völkerrecht der Ruhr-Universität Bochum (IFHV) veröffentlicht wurde.

Der Weltrisikobericht enthält als zentrales Element den Weltrisikoindex 2020, der für 181 Länder das Risiko angibt, dass dort ein extremes Naturereignis zu einer Katastrophe führt. Seit 2018 wird der Index vom IFHV berechnet.

Die drei Länder mit dem höchsten Katastrophenrisiko sind demnach die tropischen Inselstaaten Vanuatu, Tonga und Dominica. Für Dominica konnte das Risiko aufgrund verbesserter Datenlage erstmals berechnet werden. Insgesamt befinden sich die Hotspot-Regionen des Katastrophenrisikos in Ozeanien, Südostasien, Mittelamerika sowie in West- und Zentralafrika. Deutschland liegt mit einem sehr geringen Katastrophenrisiko auf Rang 162. Am geringsten ist das Risiko demnach in Katar.

Zu den Auswirkungen des Klimawandels auf die Migration stellen die Autoren fest, dass die Erderwärmung global betrachtet inzwischen offenkundig zu einer Veränderung der regionalen Häufigkeit und Intensität von Stürmen, Überschwemmungen und Dürren geführt habe. "Ob und wann eine Person den einschneidenden Schritt geht, ihr Zuhause zu verlassen, hängt allerdings nicht allein von den äußeren Gefahren ab. Ebenso sind soziale Faktoren wie Schutz durch die Gemeinschaft oder die individuelle finanzielle Situation maßgeblich", heißt es in dem Bericht.

Flucht und Migration seien daher eng mit beiden Dimensionen der Risikoanalyse in diesem Bericht verbunden - der Gefährdung und der Verwundbarkeit. "Umgekehrt können massive Migrationsprozesse zur Beschleunigung von Klimaveränderungen beitragen. Dies gilt vor allem für Stadt-Land-Binnenwanderungen, da wachsende Großstädte unter anderem Temperaturveränderungen mit sich bringen", heißt es auch.

Die Autoren mahnen zudem einen besseren Schutz für Flüchtlinge und Migranten vor den Folgen der Corona-Pandemie an. Diese verschärfe "die ohnehin prekären Verhältnisse, in denen viele der derzeit fast 80 Millionen Geflüchteten und Vertriebenen weltweit leben", warnen sie. "Folglich besteht ein erhöhtes Risiko, dass ein solches Ereignis zur humanitären Katastrophe wird". "Auch Wanderarbeiter und Wanderarbeiterinnen sind von den Auswirkungen der Pandemie besonders betroffen. Im Fall eines extremen Naturereignisses sind sie daher besonders verwundbar".

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