Washington. Für US-Präsident Trump ist der Abzug von US-Truppen aus Deutschland eine Strafe für die Prioritätensetzung in Berlin. Nun liegen konkrete Pläne auf dem Tisch. Trump macht keinen Hehl aus seinen Beweggründen.

Nach dem angekündigten Abzug von rund einem Drittel der US-amerikanischen Truppen aus Deutschland hat US-Präsident Donald Trump die Bundesregierung erneut kritisiert.

"Deutschland zahlt Russland jährlich Milliarden von Dollar für Energie, und wir sollen Deutschland vor Russland schützen. Was soll das sein?", twitterte Trump am gestern Abend. Außerdem sei Berlin "mit seiner zweiprozentigen Gebühr an die NATO sehr säumig". Daher werde man einige Truppen aus Deutschland abziehen.

US-Verteidigungsminister Mark Esper hatte gestern bekannt gegeben, dass die USA rund ein Drittel der bislang in der Bundesrepublik stationierten Soldaten möglichst rasch abziehen wollen. Gut die Hälfte der rund 12.000 betroffenen Soldaten sollen in die USA zurückgeholt, weitere 5600 in andere Nato-Länder verlegt werden. Zudem sollen zwei Kommandozentralen verlagert werden. Einen exakten Zeitplan legte Esper nicht vor. Es ist auch unklar, ob Trumps Maßnahme wie geplant über die Bühne gehen kann, da der Kongress die Mittel dazu bewilligen müsste.

Trump hatte den im Grundsatz bereits im Juni angekündigten Teilabzug der US-Truppen mit aus seiner Sicht zu geringen Verteidigungsausgaben Deutschlands begründet. Das Zwei-Prozent-Ziel der Nato sieht vor, dass sich alle Bündnispartner bis 2024 daran annähern, mindestens zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben. Deutschland hat sich inzwischen angenähert, liegt mit 1,38 Prozent aber immer noch deutlich unter dem Ziel. Die USA geben trotz ihres deutlich höheren BIP 3,4 Prozent für die Verteidigung aus.

Die Ankündigung der US-Regierung löste deutliche Kritik in Trumps eigener Partei aus. Der republikanische Senator Mitt Romney nannte den Plan einen "schwerwiegenden Fehler". Romney - ein innerparteilicher Kritiker Trumps - schrieb auf Twitter: "Es ist ein Schlag ins Gesicht eines Freundes und Verbündeten." Trumps Ex-Sicherheitsberater John Bolton twitterte, die Entscheidung sende "unseren Gegnern das falsche Signal und macht unsere Verbündeten angesichts der zunehmenden globalen Bedrohungen verwundbar".

"Dies ist ein Geschenk an (den russischen Präsidenten) Wladimir Putin, der seit langem versucht, das Bündnis zu schwächen", twitterte Andrew Bates, ein Sprecher von Joe Biden, dem designierten Präsidentschaftskandidaten der Demokraten. US-Steuerzahler müssten mehrere Milliarden Dollar für einen Schritt bezahlen, der weder den US-Interessen diene noch die Nato stärke oder zur Abschreckung Russlands beitrage. Sollte Biden im November ins Präsidentenamt gewählt werden, würde dieser die Entscheidung Trumps überprüfen.

Russland reagiert zurückhaltend auf die Ankündigung Trumps. "Es ist noch zu früh, um diese Pläne zu bewerten", sagte Vize-Außenminister Alexander Gruschko am Donnerstag in Moskau der Nachrichtenagentur Interfax. Man werde genau beobachten, wie die Neuaufstellung der US-Truppen in Europa am Ende erfolgen werde.

Der Kreml nannte dies eine Angelegenheit zwischen Deutschland und den USA. "Je weniger US-Soldaten auf dem europäischen Kontinent sind, desto ruhiger wird es in Europa. Unsere Position dazu ist bekannt", sagte Sprecher Dmitri Peskow. Außerdem gebe es nach Ende des Kalten Krieges keine wirklichen Bedrohungen mehr.

Nach Ansicht des russischen Diplomaten Michail Uljanow dürfte die Bundesrepublik politisch von einem solchen Schritt profitieren. "Deutschland ist nicht bedroht. Die Sicherheit wird also nicht beeinträchtigt", schrieb er bei Twitter. Russland und die USA führen derzeit Gespräche über eine weitere nukleare Rüstungskontrolle.

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