Berlin. Die Koalition gibt Transpersonen und Minderheiten neue Rechte. Das ist mehr als Klientelpolitik. Identität prägt längst unseren Alltag.

Die Welt steht Kopf. Krieg in Europa, der Klimawandel verändert unser Leben radikal, die Menschen sorgen sich um Preise für das, was sie jeden Tag brauchen: Butter, Gemüse, Strom. Und was macht die Bundesregierung? Sie verabschiedet heute einige Gesetze, etwa zur Reform des Namensrechts, zum Staatsangehörigkeitsrecht, zum Selbstbestimmungsrecht.

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Ersteres regelt, dass etwa auch Minderheiten wie die Friesen und Dänen ihre Tradition bei der Namenswahl besser ausleben können. Letzteres erlaubt volljährigen Transpersonen, ihr Geschlecht per Antrag beim Standesamt ändern zu lassen – ohne, wie bisher, belastendes psychiatrisches Gutachten, ohne Richterspruch.

Christian Unger, Politik-Korrespondent
Christian Unger, Politik-Korrespondent © FUNKE Foto Services | Reto Klar

Man kann das abtun als Politik für winzige Klientel-Gruppen, als Nischenprodukt einer selbsternannten Fortschrittskoalition von SPD, Grünen und FDP. Doch das ist zu simpel. Sexuelle Selbstbestimmung hier, die eigene Geschichte dort – das ist Identitätspolitik. Reformen für das „Ich“, könnte man auch sagen. Und dieses „Ich“ wird für viele Menschen in Deutschland immer wichtiger.

Menschen haben Jahrzehnte um ihre Rechte gekämpft – die Politik reagiert endlich

Wir leben in einer hochindividualisierten Welt, in einer Welt der Selbsterfüllung, der persönlichen Freiheit. Zugleich bekommt Geschlechtsidentität einen enormen Raum in Medien und Gesellschaft. Menschen haben Jahrzehnte um ihre Rechte gekämpft. Sie gehören zum Alltag in Deutschland. Und darauf muss die Politik reagieren.

Die Ampel-Koalition zeigt bei den Vorstößen einen Spirit, den sie dringend auch bei anderen Projekten braucht: Mietpreisbremse, Krankenkassen-Reform, Renten-Politik. All das stockt, nicht selten seit Monaten. Dabei betrifft auch dieses den Alltag der Menschen in Deutschland. Sehr vieler sogar.

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