Dresden. Robert Habeck besucht Sachsen – ein für ihn schwierigeres Terrain. Einer direkten Konfrontation entgeht der Minister. Zumindest fast.

Claus Dittrich hat ein Anliegen: Der 83-Jährige hat den Morgen über vor allem zugehört. Sein Sohn Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, und sein Enkel Johannes Dittrich, in fünfter Generation Dachdecker im Familienbetrieb, hatten Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) als Besucher empfangen. So weit, so gut.

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Nach den offiziellen Statements will Claus Dittrich dann aber doch noch eine Sache loswerden: Wenn in der Politik Fehler gemacht würden, dann heiße es oft, jemand habe „handwerkliche Fehler“ gemacht, sagt er. Beim Handwerk rede man da aber von Pfusch. „Warum sagt man nicht zur Politik auch Pfusch?“

Das mit den handwerklichen Fehlern, das hat Habeck, der danebensteht, in den vergangenen Monaten oft gehört über seine Arbeit – und nicht immer hat er dabei amüsiert reagiert. Doch an diesem Freitag kann er über Dittrichs einigermaßen sanfte Anspielung auf den heftigen Heizungsstreit der vergangenen Monate lachen.

Grüne bewegen sich bei Umfragen im Osten im einstelligen Bereich

Der Wirtschaftsminister ist auf Sommertour. Diese Reisen im eigenen Land, in den oft nachrichtenarmen Sommerwochen, sind für Politikerinnen und Politiker einerseits eine Chance, einmal herauszukommen aus Berlin und näher heran an die Stimmung im Rest des Landes. Andererseits sind sie eine Gelegenheit, die Aufmerksamkeit dahin zu lenken, wo die Reisenden sie gern haben möchten – in Habecks Fall auf „Handwerk und Hightech“ in Deutschland, wie die Überschrift der Reise sagt.

Robert Habeck (r, Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, steht zum Abschluss seiner Sommerreise in einer Werkhalle der Flender Industriegetriebe GmbH neben Standortleiter Jens Klein (l).
Robert Habeck (r, Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, steht zum Abschluss seiner Sommerreise in einer Werkhalle der Flender Industriegetriebe GmbH neben Standortleiter Jens Klein (l). © dpa | Sebastian Kahnert

Gefunden hat er beides in Sachsen. Etwa bei dem Halbleiter-Hersteller Infineon in Dresden, wo Habeck am Donnerstag gemeinsam mit Außenministerin Annalena Baerbock (ebenfalls Grüne, ebenfalls im Rahmen einer Sommertour in der Gegend unterwegs) besichtigen konnte, wie in präzise klimatisierten Reinräumen hochautomatisiert Chips gefertigt werden. Oder eben beim Betrieb der Familie Dittrich.

Und die Stimmung? Der Freistaat ist, genauso wie andere Teile Ostdeutschlands, ein schwieriges Pflaster für den Wirtschaftsminister: In Umfragen bewegen sich die Grünen in den ostdeutschen Flächenländern im einstelligen Bereich, während die AfD auf fast 30 Prozentpunkte kommt.

Kein Bürgerdialog in Sachsen: Habeck umgeht Konfrontation

Die Energiepolitik der Regierung und auch Habeck selbst stoßen hier bei Teilen der Bevölkerung auf große Ablehnung. Das hat er bei Besuchen, etwa in Schwedt, immer wieder erfahren. Und das Gebäudeenergie-Gesetz, das schon im Rest des Landes nicht übermäßig beliebt ist, ist es hier wohl noch weniger.

Zu spüren ist der Unmut bei dieser Reise allerdings kaum – was auch an der Terminplanung liegt. Anders als beim ersten Teil der Reise in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen stehen in Sachsen zwar Unternehmensbesuche und ein Treffen mit Vertreterinnen und Vertretern der Wirtschaft auf dem Plan, aber kein Bürgerdialog. Terminliche Gründe, heißt es vom Bundeswirtschaftsministerium, wegen der Kabinettssitzung am Donnerstag habe man kurzfristig umplanen müssen.

Und das Heizungsgesetz, das jetzt doch erst nach dem Sommer beschlossen werden kann? Habeck gibt sich entspannt. Inhaltlich, sagt er, sei die Debatte abgeschlossen. „Sie ist geklärt, sie ist gelöst, das Gebäudeenergiegesetz wird so abgestimmt werden“. Zeitgleich mit dem Gesetz soll dann auch die Förderung fertig sein. Was die Menschen in Sachsen davon halten, wird Habeck dann spätestens im kommenden Herbst erfahren. Denn dann sind in drei ostdeutschen Bundesländern Landtagswahlen.