Berlin. Im Falle einer von der Union geführten Bundesregierung würde Söder das Heizungsgesetz abschaffen. Warum das schwierig werden könnte.

Die Union machte in der jüngsten Vergangenheit keinen Hehl daraus, dass ihr das Heizungsgesetz ein Dorn im Auge ist. Doch inmitten des Abstimmungs-Endspurts legte der bayrische Ministerpräsident Markus Söder eine argumentative Schippe drauf: "Ich sage es mal für die Union: Wir würden dieses Gesetz nach der nächsten Bundestagswahl komplett überarbeiten und auch wieder abschaffen", sagte der CSU-Politiker am Dienstagabend in der Sendung "maischberger."

Bei Umfragewerten der CDU von etwa 27 Prozent kein unwahrscheinliches Szenario – auch wenn mit der schwächelnden FDP die Koalitionsoptionen mit diesen Vorhaben schwinden. Doch sollte die Union nach der nächsten Bundestagswahl eine koalitionsfähige Regierung bilden können – kann sie dann die bestehenden Gesetze einfach annullieren?

Phänomene wie diese sind aus den USA hinlänglich bekannt. Als Donald Trump das Oval Office bezog, annullierte er zahlreiche Entscheidungen der Obama-Administration. Hatte sein Vorgänger 2015 noch den Bau der Keystone-Pipeline aus Umweltschutzgründen gestoppt, genehmigte sein Nachfolger Trump den Weiterbau kurzerhand wieder. Joe Biden wiederrum stoppte an seinem erstem Tag im Amt den Pipeline-Bau erneut.

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Gesetze: Bundestag ist grundsätzlich autonom

Pinp-Pong-Spiele dieser Art sind hierzulande unüblich, wären jedoch theoretisch möglich. "Grundsätzlich ist jeder Bundestag Souverän, um Gesetze zu beschließen – selbstverständlich auch Änderungen, Revisionen etc.", sagte der Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte von der Universität Duisburg-Essen dieser Redaktion.

Markus Söder möchte das Heizungsgesetz abschaffen, wenn die Union die Bundesregieung stellt. Doch da stehen ihm einige Hürden im Weg.
Markus Söder möchte das Heizungsgesetz abschaffen, wenn die Union die Bundesregieung stellt. Doch da stehen ihm einige Hürden im Weg. © Peter Kneffel/dpa

Jedoch bestehen einige Hürden, die eine plötzliche Abkehr von Projekten der Vorgängerregierung erschweren. "Was man bedenken muss: Wenn der Gesetzgeber Zusagen macht, dass der einzelne Bürger unter Umständen darauf vertraut", so Michael Brenner, Verfassungsrechtler der Universität Jena, gegenüber dieser Redaktion.

Für diejenigen, die im Vertrauen auf den Fortbestand eines Gesetzes investieren oder wie im aktuellen Fall eine neue Heizung einbauen, müsste der Gesetzgeber Altbestandsregelungen vorsehen. "Unter Umständen müsste der Gesetzgeber, wenn er das Gesetz in der nächsten Legislaturperiode aufhebt, Übergangs-, Abmilderungs- und Vertrauensschutzregelungen treffen." Dieses "Rückwirkungsverbot" unterscheide Deutschland von den USA.

Auch der Bundesrat erschwert abrupte Politikwechsel

Weitere Besonderheit der deutschen Gesetzgebung ist der Föderalismus, bei dem unter Umständen auch der Bundesrat Mitspracherecht hat. Ist dies der Fall, würde das eine plötzliche Annullierung von Gesetzen durch eine neue Bundesregierung erschweren, da die 16 Landesregierungen Mitspracherecht hätten.

"Ob der Bundesrat beteiligt wird, hängt davon ab, ob es sich um ein Zustimmungs- oder Einspruchsgesetz handelt", so Brenner. Wie der Name besagt, kann der Bundesrat bei Einspruchsgesetzen zwar Einspruch erheben, anschließend aber vom Bundestag wieder überstimmt werden. Dieses Verfahren gilt für die überwiegende Mehrheit der Gesetze – auch für das Heizungsgesetz.

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Anders verhält es sich bei den zustimmungspflichtigen Gesetzen, die nur mit Zustimmung des Bundesrates rechtskräftig werden. Welche Gesetze das betrifft, ist im Grundgesetz verankert. Es gilt für Gesetze, die Auswirkungen auf die Finanzen haben oder für deren Umsetzung in die Organisations- und Verwaltungshoheit der Länder eingegriffen wird. Für verfassungsändernde Gesetze muss sowohl der Bundestag als auch der Bundesrat mit einer jeweiligen Zweidrittelmehrheit zustimmen.

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180-Grad-Kehrtwende "unwahrscheinlich"

Zuletzt verhindere auch eine Politikverflechtung innerhalb der Bundesrepublik abrupte Politikwechsel, so Korte. Anders ist dies in den USA, wo Präsidenten einer Partei eine recht autonome Stellung einnehmen.

"Denn viele Teile des Gesetzes sind ganz sicher auch von Vorteil für die Buntheit an Koalitionsregierungen im Bund und in den Ländern", so Korte, was einen Kurswechsel von 180 Grad unwahrscheinlich mache. "Unsere Umarmungsdemokratie schützt uns vor solchen rapiden Wechseln, für die in der Regel auch keine Mehrheiten existieren. Söders Vorschlag ist insofern populistisch intoniert", so der Politikwissenschaftler.