Waffenhilfe für Kiew

Ukraine: Warum die F-16 Russland vor Probleme stellen könnte

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F-16: Ukraine könnte mit Kampfjet Luftraum besser verteidigen

F-16: Ukraine könnte mit Kampfjet Luftraum besser verteidigen

Die USA unterstützen die Ausbildung ukrainischer Piloten am F-16-Kampfjet und erlauben den westlichen Verbündeten, Flugzeuge dieses Typs an die Ukraine zu liefern. Mit der F-16 wäre die Ukraine in der Lage, ihren Luftraum besser zu verteidigen, unter anderem gegen russische Marschflugkörper.

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Berlin.   Die Ukraine braucht Kampfjets für ihre Offensive und um Angriffe mit Gleitbomben abzuwehren. Was man sich in Kiew von der F-16 erhofft.

  • Die Ukraine setzt große Hoffnungen in den Kampfjet F-16
  • Denn der F-16 hat viele Vorteile, die dem Land auch bei der Bodenoffensive gegen den russischen Aggressor helfen könnten
  • Dementsprechend deutlich sind die Drohungen aus Moskau. Doch was macht den Kampfjet F-16 so besonders?

Es war der bei Waffenlieferungen längst gewohnte Dreiklang. Nein, Jein, Ja. Die westlichen Staaten helfen der Ukraine nun doch mit einem Kampfjet – mit der F-16. Russland warnte die Lieferanten: Sie würden ein "kolossales Risiko" eingehen. Auf Twitter wird die Antwort von US-Präsident Joe Biden in diesen Tagen vielfach gezeigt und geteilt. "Ist es. Für sie." Not bad. Lesen Sie auch: Kampfjets für die Ukraine – bringt das die Wende im Krieg?

Die Ukraine hat schon bisher Flugzeuge bekommen. Es waren frühere Sowjetjets von osteuropäischen Nato-Staaten. Diese militärische "Entrümpelung by Export" ist an ihre Grenzen gestoßen:

  • Weil es nicht viele verfügbare Maschinen und Ersatzteile gibt;
  • weil die genutzten Flugzeuge verschlissen sind;
  • weil sie im Krieg abgeschossen wurden.

Der erste und größte Vorteil der F-16: Mehr Waffengleichheit

Als Ersatz kommt man zwangsläufig auf die F-16. Von der knapp 15 Meter langen Maschine, die im Idealfall mit doppelter Schallgeschwindigkeit fliegt, gibt es weltweit viele Exemplare. Seit Beginn der Serienproduktion 1976 wurden über 4500 Stück gebaut. Weit über 20 Staaten haben den relativ günstigen Jet – Stückpreis: rund 30 Millionen Euro – in ihren Beständen.

Vorteil Nummer 1: Große Mengen an Ersatzteilen und geübtes Fachpersonal. Vorteil Nummer 2: Viele Staaten können sich an einer "Kampfjet-Koalition" beteiligen – und die ukrainische Luftwaffe lange Zeit versorgen. Das hört Präsident Wolodymyr Selenskyj gern, noch lieber vernimmt er die eigentliche Botschaft an Kremlchef Wladimir Putin: Bilde dir nicht ein, dass wir mit der Zeit nachlassen werden. Es wird nicht an die große Glocke gehängt, aber es ist offensichtlich, dass mit der F-16 nebenbei die Militärs in Kiew außerdem an Nato-Standards herangeführt werden.

Der Jet wird vom amerikanischen Unternehmen Lockheed Martin hergestellt. Bei jeder Lieferung haben die USA das letzte Wort. Der US-Präsident verlässt sich auf die Zusicherung, dass die Ukraine nicht russisches Territorium angreifen will, sondern die Flugzeuge nur zur Verteidigung nutzen wird.

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Die Armeen, die F-16-Maschine abgeben, werden mit jeder Lieferung nach einem Ersatz rufen. Neue Bestellungen müssten die Folge sein, zum Beispiel von der F-35 desselben Herstellers. Für die US-Rüstungsindustrie dürfte der Ukraine-Krieg volle Auftragsbücher bedeuten, Biden sei Dank. Lesen Sie auch: Tarnkappenjet F-35 : Kosten, Hersteller und Fähigkeiten

Besserer Schutz gegen Distanzwaffen, nicht zuletzt gegen Gleitbomben

Zwar sind die Maschinen relativ robust. Dennoch brauchen die F-16 geeignete Start- und Landebahnen. Wie viele der Ukraine noch zur Verfügung stehen, ist unklar. Aber man ahnt schon die nächsten Ziele russischer Raketenangriffe.

Man muss sich von seinem Kopfkino befreien, von Hollywood-Bildern von duell-ähnlichen Gefechten auf Sicht zwischen Flugzeugen. Die Russen haben Jets mit fortschrittlichem Radar und Raketen mit größerer Reichweite. Die bisherigen Maschinen der Ukraine sind unterlegen. Haben sie ein russisches Ziel anvisiert, "beleuchtet", laufen sie Gefahr, aus größerer Entfernung abgeschossen zu werden. Auch interessant: Ukraine-Krieg: So schlagkräftig ist das Patriot-Abwehrsystem

Um auch nur in die Nähe gegnerischer Flugzeuge zu kommen, müssen sich die ukrainischen Piloten "effektiv anschleichen", indem sie sich an den Boden schmiegen, um nicht entdeckt zu werden, wie der Wehrexperte Gustav Gressel in einem Beitrag für den "European Council Of Foreign Relations" schrieb. Sie waren bisher gezwungen, große Risiken einzugehen.

Mit Luftunterstützung erhöhen sich die Erfolgschancen der Bodenoffensive

Ein zunehmendes Problem ist, dass die Russen immer mehr Distanzwaffen einsetzen: Schwere Gleitbomben, die von Jet ausgeklinkt werden und aus weiter Entfernung ihr Ziel finden und treffen. Die russischen Militärs sind dabei, alte Bomben und alte Maschinen entsprechend anzupassen.

Die Jets steigen auf, werfen ihre Bomben im Grenzgebiet ab und drehen ab – schwer erreichbar für die bodengestützte Flugabwehr der Ukraine. Die einzige Möglichkeit für die Ukraine, Angriffe mit solchen smarten Bomben abzuwehren, "ist der Einsatz von Kampfjets“, schreibt Gressel.

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Mit der F-16 gewinnt die ukrainische Luftwaffe an Reichweite – mit einem Einsatzradius von bis zu 900 Kilometern. Mit den zuletzt von Großbritannien zugesicherten luftgestützten Cruise-Missiles vom Typ "Storm Shadow" in Kombination mit der F-16 ändert sich alles. Die Ukraine wäre dann in der Lage, ihrerseits mit Distanzwaffen russische Einrichtungen zu bekämpfen, Drohnen-Flugzeuge des Gegners aus sicherer Distanz anzugreifen und nicht zuletzt eine Bodenoffensive zu unterstützen.

Wartet die Ukraine, bis die Piloten ausgebildet und die Maschinen ausgeliefert sind?

Voraussetzung für erfolgreiche Bodenoperationen ist Luftüberlegenheit. Ohne sie sind raumgreifende Truppenbewegungen schwer vorstellbar. Das könnte bedeuten, dass sich die so genannte Frühjahrsoffensive verzögert; dass man erst die viermonatige Ausbildung der Piloten und die Maschinen abwartet.

Sie werden nach Angaben aus Kiew nicht stückweise übergeben, sondern in Einheiten. "Eine Lufteinheit ist mindestens ein Geschwader, in unserem Fall sind es derzeit mehr als zwölf Flugzeuge, bei unseren westlichen Partnern bis zu 18 Flugzeugen“, sagte der Sprecher der ukrainischen Luftwaffe, Juri Ihnat am Sonntag im ukrainischen Fernsehen. Auf diese Weise könnten der Ukraine "anfangs mehrere Dutzend Kampfjets zur Lösung anstehender Aufgaben" übergeben werden. Für die Offensive? Das könnte Sie auch interessieren: Ukraine: Mehrheit der Deutschen gegen Kampfjet-Lieferung

Die Bundeswehr verfügt über keine F-16. Aber sie kann nach Ansicht des CDU-Wehrpolitikers Roderich Kiesewetter durchaus einen Beitrag leisten: mit Munition, Sensoren, Logistik oder Betankung. Für die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann ist es ein "Durchbruch", dass die Ukraine westliche Kampfjets bekommt.