Berlin. Apothekerverbände schlagen Alarm: Ohne eine Gesetzesänderung könnte es bald zu Engpässen bei der Versorgung mit Medikamenten kommen.

Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) hat vor gravierenden Problemen bei der Versorgung mit Medikamenten gewarnt. Die Präsidentin der Vereinigung, Gabriele Regina Overwiening, sprach von dem „womöglich größten Versorgungschaos in der Geschichte der bundesdeutschen Arzneimittelversorgung“. Grund dafür sei das Wegfallen der sogenannten SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung ab dem 8. April, erklärte der Verband am Dienstag.

Diese hatte den Apotheken während der Pandemie deutlich mehr Handlungsspielraum bei der Versorgung mit Medikamenten eingeräumt. Dazu gehörte insbesondere die Möglichkeit, nicht verfügbare, verschreibungspflichtige Arzneimittel, durch alternative Präparate zu ersetzen.

Nur durch diese Flexibilität hätten die Apotheken zunehmende Lieferengpässe in den vergangenen Monaten bewältigen können, sagte die ABDA-Präsidentin. Noch bis vor drei Jahren hätten komplizierte Abgaberegeln existiert, die dazu führten, dass die Apotheken die Menschen nicht mit Arzneimitteln versorgen konnten, auch wenn alternative Präparate vorhanden waren, sagte Overwiening.

Übergangsregelung für Abgabe von Medikamenten bis Ende Juli

Die Verordnung während der Pandemie habe sich hingegen „für die Therapiesicherheit der Menschen und für die Entlastung der Arztpraxen über fast drei Jahre außerordentlich bewährt“. Es seien zudem keine Mehrkosten für die gesetzlichen Krankenkassen entstanden, so die Präsidentin.

Kurzfristig wird sich für die Patientinnen und Patienten allerdings sehr wahrscheinlich nichts ändern. Der Grund dafür ist ein Änderungsantrag, mit dem eine Übergangsregelung für die Medikamentenversorgung geschaffen werden soll. Diese soll bis zum 31. Juli gelten. Bis dahin sollen die Apotheken weiter die Möglichkeiten zum Austausch von Arzneimitteln nutzen können.

Am Mittwoch will der Gesundheitsausschuss des Bundestags über den Antrag beraten. Dieser sei jedoch laut Apothekervereinigung nur eine Übergangslösung.

Lieferengpässe: Apotheken kritisieren Lauterbachs Gesetzentwurf

Nach Plänen des Bundesgesundheitsministeriums sollen die Austauschmöglichkeiten für Apotheken künftig in dem angekündigten Gesetz zur Bekämpfung von Arzneimittel-Lieferengpässen geregelt werden. ABDA-Präsidentin Overwiening äußerte jedoch scharfe Kritik an dem Entwurf, den Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) im Februar vorgelegt hat. Dieser sei „handwerklich schlecht gemacht“, so Overwiening.

Der Entwurf sieht vor, dass die Apotheken nur noch Medikamente austauschen könnten, die auf einer Engpass-Liste des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) stehen. Das führe zu einem „bürokratischen Irrsinn“ in den Apotheken, sagte Overwiening. Die ABDA fordere deshalb „dauerhaft die bewährten, unbürokratischen, flexiblen Austauschregeln für alle Arzneimittel“ beizubehalten. Alles andere führe zu einem Versorgungschaos.

Lesen Sie auch: Datenschützer besorgt – Lauterbach ebnet Weg zur E-Akte