Karlsruhe. Das höchste deutsche Gericht beanstandet den Umgang der Politik mit der AfD-nahen Erasmus-Stiftung. Hintergrund ist eine Parteiklage.

Nach einer Klage der AfD hat das Bundesverfassungsgericht entschieden: Der Ausschluss der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung von der staatlichen Stiftungsförderung im Jahr 2019 war verfassungswidrig. Dies habe die Partei in ihrem Recht auf Chancengleichheit verletzt, urteilte das Gericht am Mittwoch in Karlsruhe.

Der Grund dafür ist, dass die Voraussetzungen und Kriterien für die Förderung der politischen Stiftungen bisher nicht in einem eigenen Gesetz geregelt sind, wie Vizegerichtspräsidentin Doris König bei der Urteilsverkündung sagte. Das sei bei einer so wesentlichen Frage aber notwendig. (Az. 2 BvE 3/19)

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AfD: Desiderius-Erasmus-Stiftung bekommt bislang kein Geld aus dem Bundeshaushalt

Während die anderen sechs parteinahen Stiftungen Jahr für Jahr Millionenbeträge erhalten, hat die Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) bisher noch überhaupt kein Geld aus dem Bundeshaushalt bekommen. Die Klage der AfD hatte sich auch auf andere Jahre bezogen. Diese Anträge erklärten die Richterinnen und Richter aber größtenteils für unzulässig. Der Antrag zum Jahr 2022 wurde vom Verfahren abgetrennt, hierüber soll zu einem späteren Zeitpunkt separat entschieden werden.

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Richtschnur für die Förderung war bisher ein Karlsruher Urteil aus dem Jahr 1986. Darin steht, dass sichergestellt sein muss, dass „alle dauerhaften, ins Gewicht fallenden politischen Grundströmungen in der Bundesrepublik Deutschland angemessen berücksichtigt“ werden. Mehr zum Thema: Stiftungsförderung: Gebt der AfD Geld – auch wenn es wehtut

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. © Uli Deck/dpa

Für die praktische Umsetzung hatten die Stiftungen 1998 selbst einen Vorschlag gemacht. In einer gemeinsamen Erklärung heißt es, ein geeigneter Anhaltspunkt dürfte „eine wiederholte Vertretung“ der entsprechenden Partei im Bundestag sein, und zwar zumindest einmal in Fraktionsstärke. Daran hatte sich die Politik seither orientiert. Mehr zum Thema: AfD light? "Bündnis Deutschland" wirbt um Konservative

Stiftungsförderung seit 2022 an Einhaltung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung geknüpft

Die AfD war 2021 zum zweiten Mal nach 2017 in den Bundestag eingezogen. Die DES bekommt aber nach wie vor kein Geld. Denn seit 2022 steht ein neuer Passus im Haushaltsgesetz. Danach werden die Zuschüsse „nur politischen Stiftungen gewährt, die nach ihrer Satzung und ihrer gesamten Tätigkeit jederzeit die Gewähr bieten, dass sie sich zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten“.

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    Dieser Vermerk spielt bei dem AfD-Antrag zum Jahr 2022 eine Rolle, den die Partei erst sehr kurzfristig vor der Verhandlung im Oktober nachgeschoben hatte. König sagte, das werfe neue verfassungsrechtliche Fragen auf. Bundestag und Bundesregierung hätten sich dazu damals nicht mehr hinreichend äußern können.

    Die anderen sechs Stiftungen waren 2019 vom Bund mit insgesamt rund 660 Millionen Euro gefördert worden. Der größere Teil dieser Mittel kommt von den Ministerien für Entwicklung und Bildung und vom Auswärtigen Amt. In dem Karlsruher Verfahren ging es ausschließlich um die sogenannten Globalzuschüsse aus dem Haushalt des Innenministeriums, die für die gesellschaftspolitische und demokratische Bildungsarbeit gedacht sind. Damals waren das rund 130 Millionen Euro, für dieses Jahr sind 148 Millionen Euro eingeplant. Die DES und die AfD hatten 900.000 Euro für 2019 verlangt.

    Antisemitismus-Experte: Entscheidung war zu erwarten

    Für Meron Mendel, Leiter der Bildungsstätte Anne Frank, kam die Entscheidung der Karlsruher Richter wenig überraschend, da die mangelnde gesetzliche Absicherung seit Jahren auf der Hand liege. „Es ist ein Armutszeugnis für die demokratischen Parteien, dass sie es bisher nicht geschafft haben, das notwendige Gesetz auf den Weg zu bringen“, sagte er dieser Redaktion. Es sei bitter, dass die AfD erst erfolgreich werden müsse, bevor ein Gesetz zur Verteilung von Fördermitteln in die Wege gleitet wird.

    Der Leiter der Bildungsstätte mahnte an, dass die Parteien schnell eine gesetzliche Grundlage verabschieden müssten, die die Finanzierung parteinaher Stiftungen an bestimmte Kriterien koppelt. „Jetzt ist es fünf nach zwölf. Jetzt bleibt der Politik nichts anderes mehr übrig, als ein solches Gesetz zu verabschieden“, so Mendel.

    Er plädiert für ein Gesetz, in der die Beweislast umgekehrt wird. „Da müssen die Stiftungen selbst nachweisen, dass sie mit dem Geld, das sie vom Steuerzahler bekommen, die Demokratie aktiv unterstützen.“ Nach seinen Angaben sind Fördermittel für Stiftungen eben nicht vergleichbar mit der Parteifinanzierung, bei der automatisch Gelder fließen. „Deswegen müssen Stiftungen nachweisen und beweisen, dass sie die Demokratie unterstützen.“