Berlin. Nancy Faeser wirft bei der Landtagswahl in Hessen den Hut in den Ring. Trotzdem bleibt sie vorläufig Innenministerin im Ampel-Kabinett.

Am Ende bricht Nancy Faeser das Schweigen – einen Tag früher als geplant. Wohl auch deshalb, weil es ohnehin schon jeder im politischen Berlin wusste: Die SPD-Politikerin kündigte am Donnerstagabend an, dass sie für ihre Partei für die Wahl in Hessen antritt. Und, dass sie bis zur Wahl Bundesinnenministerin bleiben will. „Hessen ist meine Heimat. In Hessen anzutreten ist für mich eine große Herzenssache. Genauso wie ich die erste Frau im Amt der Bundesinnenministerin bin, so möchte ich die erste Frau an der Spitze der hessischen Landesregierung werden. Ich trete an, um zu gewinnen“, sagte Faeser in Berlin.

Faeser stellt sich in Hessen als Kandidatin vor

Im Oktober wählt Hessen einen neuen Landtag, am Freitag tagen Landesvorstand und Präsidium der SPD vor Ort. Auch Faeser reist hin, stellt sich dort noch einmal als Kandidatin vor. Am Vortag tut die SPD-Politikerin gleich auf mehreren Kanälen die Nachricht kund: im Interview mit dem „Spiegel“, in einem Brief an die Mitarbeitenden im Ministerium, mit Statements für die Presse in der Hauptstadt und in Hessen.

Faeser flankiert den Schritt – auch weil sie weiß, dass die Entscheidung umstritten ist. Dass es von der Opposition, aber auch von einzelnen Stimmen in Grünen und FDP im Bund, Kritik daran gibt, dass sie einen Wahlkampf in Hessen führen will, und zeitgleich das Amt der Bundesinnenministerin behalten will. Gerade in turbulenten Zeiten mit Ukraine-Krieg, Waffenlieferungen, Fluchtkrise.

Volle Rückendeckung des Bundeskanzlers für Faeser

Faeser sagt dazu: „Ich werde aus Verantwortung für unser Land Bundesinnenministerin bleiben. Dafür habe ich die volle Rückendeckung des Bundeskanzlers.“ Die Politikerin wolle sich „weiter voll auf das Amt der Bundesinnenministerin konzentrieren“. Faeser sagt: „Die Zeiten sind ernst. Es ist jetzt nicht die Zeit, um Wahlkampf zu machen.“

Für Faeser dürfte das bedeuten, dass sie erst spät voll und mit Terminen in den Wahlkampf in Hessen einsteigen kann. Zugleich wird sie viele Wahlkampf-Veranstaltungen auf das Wochenende legen müssen, da sie unter der Woche in Berlin im Ministerium ist.

Faeser kandidiert in Hessen: Welche Szenarien sind möglich?

Folgende Szenarien sind jetzt möglich: Faeser gewinnt die Wahl in Hessen im Herbst und wird Ministerpräsidentin. Dann muss Kanzler Scholz eine neue Bundesinnenministerin finden. Die Optionen sind nicht groß, die Personaldecke der SPD beim Thema Sicherheit eher dünn. Mehrere Namen werden genannt als Nachfolgerinnen:

  • Eva Högl, die derzeitige Wehrbeauftragte des Bundestags
  • Saskia Esken, die aktuelle Bundesvorsitzende der SPD, die immer wieder mit dem Amt liebäugelt.
  • Auch Franziska Giffey gilt in der SPD als vielseitig einsetzbar – sofern sie nicht weiter Bürgermeisterin von Berlin bleibt. Mitte Februar ist die Wahlwiederholung.

Auch ein Szenario: Faeser verliert die Wahl. Für die 52-Jährige ist klar, dass sie nicht als Oppositionsführerin in den Hessischen Landtag einziehen will. Entscheidend ist die Frage, wie ernst Kanzler Scholz und SPD-Spitze mit der Option meinen, dass Faeser auch bei einer Niederlage in Hessen weiter Bundesinnenministerin bleiben darf. Oder ob der Schaden eines verlorenen Wahlkampfes zu schwer wiegt.

Ohnehin: Bis Herbst ist viel Zeit. Eine Zeit immens hoher Belastung für Nancy Faeser in einer Doppelrolle – vor allem, wenn Großlagen wie Krieg, Massenflucht oder terroristische Attentate wie zuletzt ihre Agenda setzen.