Stockholm/Kopenhagen. Die sozialdemokratische Regierungschefin Frederiksen erzielte mit einer harten Ausländerpolitik Wahlerfolge. Jetzt trat sie zurück.

Nach einer bis zur letzten Minute spannenden Parlamentswahl steht Dänemark vor komplizierten und langwierigen Koalitionsverhandlungen. Trotz einer Mehrheit für das linksgerichtete Lager um ihre regierenden Sozialdemokraten reichte Ministerpräsidentin Mette Frederiksen am Mittwoch den Rücktritt ihrer Minderheitsregierung ein.

Damit machte sie den Weg für die Suche nach einer neuen Regierungskonstellation frei. Es sei deutlich geworden, dass die Regierung in der jetzigen Form nicht fortsetzen könne, sagte sie.

Doch die Chancen stehen gut, dass Frederiksen wieder wird, was sie drei Jahre lang war: Regierungschefin. Als Vorsitzende der Sozialdemokraten hatte sie ihrer Partei seit Juni 2015 einen radikalen Kurswechsel verpasst. In Einwanderungsfragen rückte sie nach rechtsaußen, in der Sozialpolitik machte sie einen Schwenk nach links. Für Dänemark war dies eine politische Zäsur ohnegleichen. Frederiksen stoppte damit einen für ihre Sozialdemokraten verheerenden Trend nach unten.

Die Rechtsextremen kamen zeitweise sogar auf über 20 Prozent der Stimmen

Viele Jahre lang war Dänemark ein Einwanderungsland. Konsequenz: Die Linkswähler wanderten in Massen zur fremdenfeindlichen Dänischen Volkspartei. Diese unterstützte bürgerliche Regierungen – die Sozialdemokraten drückten derweil die Oppositionsbank. Die Rechtsextremen kamen zeitweise sogar auf über 20 Prozent der Stimmen.

Frederiksen zog die Reißleine. Im Juni 2019 wurde sie Ministerpräsidentin und verfolgte sie eine beherzte Sozialpolitik. Doch in der Ausländerpolitik trat sie hart auf. Sie plädierte dafür, dass Asylbewerberlager bereits in Afrika errichtet werden. Menschen aus armen Ländern sollten möglichst gar nicht mehr in Dänemark Asylanträge stellen dürfen.

Als Jugendliche trat sie in die südafrikanischen Anti-Apartheidspartei ANC ein

Darüber hinaus machte sie sich dafür stark, dass im Ausland Gefängnisplätze für kriminelle Ausländer angemietet werden, die abgeschoben werden sollen. Mit derlei Maßnahmen gelang es Frederiksen, die Rechtspopulisten zu dezimieren.

Die Mutter zweier Kinder hat sich bereits seit ihrem sechsten Lebensjahr politisch engagiert. Als Jugendliche trat sie in die südafrikanischen Anti-Apartheidspartei ANC ein, um sie mit ihrem Mitgliedsbeitrag zu unterstützen. Heute will sie „westliche“ und „nicht westliche“ Ausländer unterschiedlich behandeln. Gern trat die Genossin öffentlich mit dem Chef der fremdenfeindlichen Dänischen Volkspartei, Kristian Thulesen Dahl, auf und betonte die Gemeinsamkeiten beider Parteien.

Den Islam hält Frederiksen für eine „Integrationsbarriere“

Die Sozialdemokratin stimmte sogar für ein Gesetz, das es der Polizei erlaubt, ankommenden Kriegsflüchtlingen wertvollen Schmuck wegzunehmen. Den Islam hält Frederiksen für eine „Integrationsbarriere“. Weiteres Element ihrer Politik: Flüchtlinge sollen 37 Stunden pro Woche arbeiten, um in Dänemark Sozialleistungen in Anspruch nehmen zu können.

„Für mich wird es immer klarer, dass die ungeregelte Globalisierung, Masseneinwanderung und die Bewegungsfreiheit für Arbeitskräfte von den unteren sozialen Klassen bezahlt wird“, betonte sie. Eine 180-Grad-Wende. Noch zu Beginn der 2000er-Jahre war Frederiksen glühende Anhängerin einer „humanen Flüchtlingspolitik“. Damals kritisierte sie die Ausländerpolitik Dänemarks als „härteste in ganz Europa“.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.