Berlin. Die Memoiren von Ex-Geheimdienstchef Schindler werden nie erscheinen. Das Kanzleramt hat sie weitgehend gestrichen und geschwärzt.

Es gibt ein Leben nach dem Geheimdienst. Kaum (unfreiwillig) in den einstweiligen Ruhestand versetzt, begann Gerhard Schindler 2016 seine Memoiren zu schreiben. Seine Tochter, eine Journalistin, half ihm dabei. 284 Seiten, gewidmet „allen aktiven und ehemaligen Angehörigen des Bundesnachrichtendienstes (BND)“.

Vielleicht werden sie es mal im Archiv des Auslandsgeheimdienstes lesen, vielleicht werden sie dafür in die Geheimschutzstelle gehen müssen, ganz sicher wird sich irgendwann eine Historikerkommission daran erfreuen. Nur, erscheinen wird das Buch so nie. Das Kanzleramt, Schindlers Dienstherr, hat nach zweijähriger Prüfung eine Veröffentlichung verhindert.

Kanzleramt kommt in Geheimdienst-Buch nicht gut weg

Geheimnisse verriet Schindler offenbar nicht, dafür umso mehr Anekdoten und Randbeobachtungen aus fünf Jahren als BND-Präsident. Es ist kein Buch, das aus Groll entstand. Aber die Flüchtlingspolitik kommt in seinen Erinnerungen nicht gut weg. Und in den Passagen über die NSA-Affäre wirkt das Bundeskanzleramt auch eher tölpelhaft.

Als Beamter und Geheimnisträger unterliegt Schindler weiter der Verschwiegenheitsverpflichtung. Als er Ende 2019 sein Werk zurückbekam, voller Streichungen und Anmerkungen, da war klar: Das Buchprojekt kann er sich abschminken. Schindler hätte klagen können, aber er will nicht als Streithansel dastehen.

Aus dem „unkritischen“ unbeanstandeten Rest will er ein Sachbuch zum Thema Sicherheit zu schreiben, „das ich dann allerdings nicht mehr dem Kanzleramt vorlegen werde“, wie er unserer Redaktion erklärte.

Wollte das Kanzleramt einen Präzedenzfall vermeiden?

Die Gründe für die restriktive Haltung des Kanzleramts sind klar. Vielleicht wollte man auch nur vermeiden, dass Schindlers Schreiberei Schule macht – und einen Präzedenzfall vermeiden. Denn: Was man Schindler erlaubt hätte, das hätte man anderen Pensionären schwerlich verbieten können.

Die Literaturagentin Elisabeth Ruge macht sich im Deutschlandfunk einen ganz eigenen Reim darauf: Da bekannt sei, dass Schindler und der geschasste Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, gute alte Bekannt seien, habe sie sich gefragt, ob wohl auch Maaßen an seinen Memoiren sitze ...

Wenn ja, weiß Maaßen schon, woran er ist: Memoiren – höchstens für sich selbst oder eben als Therapie. Gegen den Phantomschmerz.

BND – mehr zum Thema:

Grenzen werden dem BND derzeit auch von anderer Stelle aufgezeigt. „Reporter ohne Grenzen“ will die Auflagen für den Geheimdienst im Ausland erhöhen lassen. In „die Akte BND“ wird zudem enthüllt, wie der Geheimdienst Kriege unterstützte: Spannende BND-Doku: Die Waffengeschäfte der Agenten. Besonders auf Unsichtbarkeit bedacht ist der Geheimdienst nicht – zumindest wenn man die gewaltige neue Zentrale des BND in Berlin als Maßstab nimmt.