Berlin. Sandra Maischbergers neues Talkformat lässt die Gäste kommen schneller auf den Punkt kommen – so wie CSU-Chef Söder beim Thema AfD.

Der Ministerpräsident macht es sich bequem. Markus Söder hat ein breites Lächeln aufgelegt. Die Umfragewerte sind gut, mit dem Klimaschutz hat der CSU-Chef ein neues Thema entdeckt. Eines, mit dem er den Grünen endlich Paroli bieten möchte. Angesichts der Schwäche von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer gilt Söder sogar plötzlich als Anwärter für die nächste Kanzlerkandidatur.

Also, wollen Sie Kanzlerkandidat werden, Herr Söder?

„Meine Aufgabe liegt in Bayern“, sagte der so Hochgelobte am Mittwochabend bei Sandra Maischberger. Die ARD-Moderatorin meldete sich schon letzte Woche aus der Polittalk-Sommerpause zurück – mit einem neuen Konzept. Statt einer Runde, die 75 Minuten ein Thema beackert, gibt es jetzt Einzelinterviews, Expertengespräche und Publikumswortmeldungen, also ein Art Talk-Hybrid.

Wie Markus Söder den Klimaschutz neu entdeckte

CSU-Chef Söder stand dabei am Mittwochabend im Zentrum. Und mangelndes Selbstbewusstsein konnte man im wahrlich nicht vorwerfen. Sein neu erwecktes Engagement im Kampf gegen den Klimawandel führte Söder auf Gespräche mit Jugendlichen zurück, die ihn sehr beeindruckt hätten, im letzten halben Jahr hätte die Wissenschaft auch nochmals präzisiert, wie groß die Herausforderungen seien. „Es wäre ignorant, das nicht anzugehen“, sagte der CSU-Chef. Ein Opportunist sei er jedenfalls nicht.

Mit Blick auf die Landtagswahlen im Osten warnte Söder vor der AfD. Der sogenannte „Flügel“ um den Thüringer AfD-Chef Björn Höcke treibe die gesamte Partei immer weiter nach rechts. „Der Weg geht in die rechtsextreme Ecke“, sagte Söder. Und: „Die AfD entwickelt sich zu einer neuen NPD“.

Bei Hans-Georg Maaßen winkte Söder ab

„Focus“-Kolumnist Jan Fleischhauer, ARD-Moderatorin Anja Reschke und Kabarettist Florian Schroeder am Mittwochabend in der Talkshow von Sandra Maischberger (von links nach rechts).
„Focus“-Kolumnist Jan Fleischhauer, ARD-Moderatorin Anja Reschke und Kabarettist Florian Schroeder am Mittwochabend in der Talkshow von Sandra Maischberger (von links nach rechts). © WDR/Melanie Grande | WDR/Melanie Grande

Klare Worte, einerseits. Es gibt allerdings auch Menschen in der Union, die eine Zusammenarbeit mit der Höcke-Partei deutlich entspannter sehen. Ex-Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen, bekanntermaßen CDU-Mitglied, gehört dazu. Doch Fragen nach dem umstrittenen ehemaligen Behördenleiter wich Söder konsequent aus.

„Was ist Maaßen: ein strammer Konservativer? Ein Rechtsradikaler?“, fragte Sandra Maischberger. Doch Söder winkte gleich ab. Er kenne Maaßen nicht, überhaupt halte er die Debatte für überschätzt. Immerhin ließ sich Söder – anders als CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer – nicht zur Aussage hinreißen, Maaßen passe nicht in die Partei. Beobachter werteten die Äußerungen, die AKK im Interview mit unserer Redaktion getätigt hatte, als verdeckte Drohung. AKK waren die eigenen Worte auf die Füße gefallen, kurz darauf musste sie sich korrigieren.

Die Causa Maaßen beschäftigte auch Maischbergers Gäste aus der Medienbranche. „Focus“-Kolumnist Jan Fleischhauer, ARD-Moderatorin Anja Reschke und der Kabarettist Florian Schroeder ordneten das Geschehen am Mittwochabend quasi von der Seitenlinie aus ein. Und weil die Themen innerhalb der Sendung doch schnell wechselten, stellte sich ein gewisser Hang zur Über-Pointierung der eigenen Aussagen ein. „Focus“-Autor Fleischhauer konnte den Wirbel um Maaßen nicht nachvollziehen. „Was hat er gesagt, was durchs CDU-Parteiprogramm nicht gedeckt ist?“, fragte er.

Journalist nennt Angriffe auf die Presse „Späßle“

Reschke gab die Antwort: Maaßen habe bei Twitter die Presse verunglimpft, er verweise auf rechte Seiten mit Nähe zur Identitären Bewegung. „Er kokettiert mit dem rechten Rand und Rechtsradikalismus steht nicht im Parteiprogramm der CDU“, so Reschke. Fleischhauer – und das ist für einen Journalisten doch etwas befremdlich – nannte Maaßens Angriffe auf die Presse „ein Späßle“.

Maaßen hatte mitgeteilt, dass er immer die Neue Züricher Zeitung (NZZ) lese, das sei für ihn wie Westfernsehen. „Er hat einen Spaß über uns Journalisten gemacht“, so Fleischhauer. Dass der ehemalige Chef des Inlandsgeheimdienstes damit auch etwas über sein Weltbild und Verständnis von Pressefreiheit offenbart hat, ließ Fleischhauer unter den Tisch fallen.

Was gut funktioniert: Langes Drumherumreden gibt’s nicht mehr

Am Mittwochabend für Polemik und provokante Thesen zuständig: Jan Fleischhauer.
Am Mittwochabend für Polemik und provokante Thesen zuständig: Jan Fleischhauer. © WDR/Melanie Grande | WDR/Melanie Grande

Auch sonst waren Maischbergers Gäste – die Zeit drängte schließlich – auf möglichst starke Aussagen bedacht. Anja Reschke lobte die Klimaaktivistin Greta Thunberg für ihren Segel-Trip gen New York. „Sie gibt mit ihrer Unerbittlichkeit Denkanstöße“, sagte Reschke. Jan Fleischhauer warnte hingegen vor ihrer „Heiligsprechung“.

Was beim neuen Maischberger-Konzept gut funktioniert: Dadurch, dass die Themen in der Sendung bündig behandelt werden, entsteht eine neue Dynamik – ein Tempo, das dem Format guttut. Langes Drumherumreden gibt’s nicht mehr.

Auch beim Thema SPD war schnell das Wesentliche gesagt: Florian Schroeder und Anja Reschke sehen einen möglichen SPD-Chef Olaf Scholz kritisch. Süffisant grinsend sagte „Focus“-Mann Fleischhauer: „Mein Kandidat ist Stegner. Er hat nur ein Problem, die Mundwinkel“.

Unabhängig davon, ob man das lustig findet oder nicht: Bei der Auswahl der Gäste ist noch Luft nach oben. In der Sendung war immer schon vorher klar, wer welche Position vertritt. Anja Reschke und Florian Schroeder deckten die linksliberale Sicht ab, Jan Fleischhauer war für Polemik und provokante Thesen zuständig – auch auf Kosten der eigenen Zunft.

Diese Form der Erwartbarkeit, der festgelegten Rollen ist auf Dauer aber doch: eintönig.

• Hier finden Sie die Sendung „Maischberger“ in der ARD-Mediathek