Berlin. Svenja Schulze hält an ihrer Forderungen nach einem Tempolimit auf Autobahnen fest. Auch die Kanzlerin fokussiert sich auf Klimaschutz.

In der Debatte um Höchsttempo 130 auf Autobahnen hat Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) ihre Forderung nach einem generellen Tempolimit auf Autobahnen bekräftigt. „Die Vorteile liegen auf der Hand“, sagte Schulze unserer Redaktion. „Der Verkehr wird sicherer und fließt besser. Außerdem gibt es weniger Abgas und CO2.“

Zudem wäre ein Tempolimit ein Signal an die Autobranche, mehr in „leichte PKW“ zu investieren, sagte die Umweltministerin.

Zurzeit äußern sich in Berlin unter anderem der Bundesgeschäftsführers der Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch, und der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei in NRW, Michael Mertens, als Teil eines „Breites Bündnisses für ein Tempolimit in Deutschland“ zum Thema.

Eine Bundestagspetition für eine Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h hat das Quorum von 50.000 Mitzeichnern erreicht und muss nun im Petitionsausschuss beraten werden. Die Idee für eine Höchstgeschwindigkeit von 130 Stundenkilometern auf Autobahnen kam kürzlich von einer Arbeitsgruppe, die Vorschläge für mehr Klimaschutz im Verkehr erarbeiten sollte. Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) lehnt den Vorschlag ab.

Merkel will „Klimaschutzziele 2030 vollumfänglich einzuhalten“

Die Regierung hatte zuvor – aufgeschreckt durch die öffentliche Debatte – das Thema Klima weit nach oben auf die Tagesordnung gesetzt. Das Klimakabinett unter Leitung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) tagte am Mittwoch zum ersten Mal. Ergebnis: Die zuständigen Ministerien sollen bis Ende Mai Vorschläge liefern, wie Klimaziele 2030 erreicht werden können, ein Gesamtkonzept soll bis zum Herbst folgen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht am Mittwoch bei der Regierungsbefragung im Bundestag.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht am Mittwoch bei der Regierungsbefragung im Bundestag. © dpa | Michael Kappeler

Gesetze sollen dann bis zum Jahresende auf den Weg gebracht werden. Merkel versicherte anschließend bei der Regierungsbefragung am Mittwoch im Bundestag: „Wir verpflichten uns, die Klimaschutzziele 2030 vollumfänglich einzuhalten.“

Konkret geht es um Verbesserungen beim Verkehr, der Energiewirtschaft, der Landwirtschaft sowie beim Bau von Gebäuden. Vor allem der Verkehrssektor muss liefern für weniger CO2-Ausstoß. Minister Scheuer hatte dafür eine Kommission eingesetzt, die ein Konzept vorgelegt hatte.

Klimakabinett: Vor allem Minister von CSU und CDU müssen liefern

Das betrifft vor allem Minister aus der Union: Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) und Bauminister Horst Seehofer (CSU). Das Umweltministerium prüft laut Aussage von Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) dann die jeweiligen Ministeriumsvorschläge und gibt Auskunft darüber, ob sie ausreichen. Streit ist vorprogrammiert, schon jetzt gibt es ernsthafte Verstimmungen in der Ministerriege, etwa zwischen Scheuer und Schulze. Die SPD-Politikerin hatte den Unionsministern mehrfach vorgeworfen, bisher zu wenig getan zu haben. Es könne sich kein Mitglied der Bundesregierung „länger wegducken“, hatte sie gesagt.

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Schulze spricht von konstruktiver Atmosphäre. Nach der Sitzung des Klimakabinetts sprach sie nun von einer konstruktiven Atmosphäre. Man wolle sich „unterhaken“. Jeder habe seinen Teil der Verantwortung zu tragen. Regierungssprecher Steffen Seibert sprach von „guten Beratungen“. Auch eine mögliche CO2-Bepreisung soll laut Schulze ein Thema bei den Beratungen sein.

Ziel eines CO2-Preises ist, den Ausstoß des wichtigsten Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) zu verteuern. Das könnte etwa das Fahren von Autos mit Verbrennungsmotoren verteuern. Schulze bekräftigte aber, es müsse einen sozialen Ausgleich geben, die Lasten müssten fair verteilt sein. Die Union sieht einen CO2-Preis generell skeptisch.

Warum Deutschland wohl sein Klimaschutzziel verfehlt

Deutschland verfehlt sein Ziel beim Einsparen klimaschädlicher Treibhausgase für 2020 deutlich – geplant waren 40 Prozent weniger als 1990, voraussichtlich werden es nur 32 Prozent sein. Union und SPD haben im Koalitionsvertrag mehrere Gesetze vereinbart, das die Einhaltung der Klimaschutzziele 2030 gewährleistet – nämlich 55 Prozent weniger Treibhausgase als 1990.

Dabei geht es neben dem Kampf gegen die Erderwärmung auch um Geld: Wenn Deutschland EU-Ziele reißt und Verschmutzungsrechte bei anderen Staaten kaufen muss, kann das teuer werden.

Neben dem Klimaschutz wurde im Kabinett und im Bundestag auch über weitere Themen debattiert. So beispielsweise über die Grundrente und den Vorschlag zur Enteignung von Wohnungsunternehmen.

Merkel: Keine Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung

Weitere Themen der bereits dritten Regierungsbefragung in dieser Wahlperiode waren unter anderem die Grundrente und die Wohnungsnot in Deutschland. Merkel wandte sich am Mittwoch erneut gegen eine Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung. Allerdings könne man über die Ausgestaltung der Bedürftigkeitsprüfung reden, sagte Merkel.

SPD-Sozialminister Hubertus Heil will bei der Grundrente bislang auf eine Bedürftigkeitsprüfung verzichten. Heils Plan sieht vor: Wer mindestens 35 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt hat, soll mehr Rente bekommen als der, der nie gearbeitet hat. Auch Teilzeitarbeit sowie Kindererziehungs- und Pflegezeiten zählen mit. Das Modell Grundrente ist umstritten: Was für und gegen die Bedürftigkeitsprüfung spricht. Die Prüfung garantiert beispielsweise, dass die Grundrente nur die bekommen, die sie brauchen.

Kritiker sehen an dem Vorschlag einer Grundrente lediglich einen Almosen. Im Interview mit unserer Redaktion sagte die SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer: „Grundrente hat mit Almosen nichts zu tun“.

Kanzlerin gegen Enteignungen von Wohnungsgesellschaften

Die Kanzlerin sprach sich zudem entschieden gegen Enteignungen von großen Wohnungsgesellschaften aus, um gegen überhöhte Mieten und Wohnungsnot vorzugehen. Dies sei der „glatt falsche Weg“, sagte Merkel. Es müssten jetzt aber weitere konkrete Maßnahmen im Wohnungsbau ergriffen werden.

Zudem müsse unter anderem darüber nachgedacht werden, wie man mit nicht genutztem Bauland oder Mietwucher umgehe. Zugleich zeigte sich die Bundeskanzlerin auf Nachfrage zufrieden, dass auch der Koalitionspartner SPD sich gegen Enteignungen gewandt habe.

• Hintergrund: Enteignung von Wohnungskonzernen – Mehrheit ist dagegen

Regierungsbefragung wurde reformiert

Die regelmäßig stattfindende Regierungsbefragung im Bundestag wurde vor Kurzem überarbeitet. Bei der Fragestunde stellen sich in jeder Sitzungswoche in der Regel ein Minister und zahlreiche Staatssekretäre den Fragen der Abgeordneten. Dreimal in ihrer aktuellen Amtszeit kam auch die Bundeskanzlerin.

Diskussion um Enteignung von Wohnungen nimmt Fahrt auf

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    Künftig muss der jeweilige Regierungschef dreimal jährlich an der Regierungsbefragung teilnehmen: unmittelbar vor Weihnachten, Ostern und der Sommerpause. Die Dauer der Regierungsbefragung wird mit der Reform von 30 auf 60 Minuten verlängert, was allerdings in den vergangenen Monaten ohnehin schon die Regel war.

    Zudem muss sich mindestens ein Minister den Fragen der Abgeordneten stellen. Das war bislang nicht ausdrücklich vorgeschrieben, aber schon seit geraumer Zeit übliche Praxis.

    (Kerstin Münstermann mit mbr/ac/dpa)