Braunschweig. Aktueller Zankapfel ist das Mindest-Lohnplus, das die Gewerkschafter fordern.

In den Tarifverhandlungen für die Beschäftigten der Diakonie Niedersachsen wächst der Druck. In der fünften Runde verhandelten Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter zwar lange, aber inhaltlich ging es kaum voran, wie beide Seiten auf Anfrage berichteten. „Das Ergebnis ist mega-enttäuschend“, sagte Verhandlungsführerin Annette Klausing, Verdi-Gewerkschaftssekretärin in Hannover, am Dienstag unserer Zeitung – ohne Durchbruch beim nächsten Verhandlungstermin in einer Woche müssten die Arbeitnehmer „zu anderen Instrumenten greifen“. Doch die Auseinandersetzung scheint auf die Zielgerade zu gehen: Die Arbeitgeber rechnen für nächste Woche mit einem Ergebnis. „Es sieht so aus, als wäre ein Abschluss möglich“, sagte Robert Johns, Geschäftsführer des Diakonischen Dienstgeberverbands Niedersachsen (DDN), unserer Zeitung.

Ein großer Streitpunkt ist das Mindest-Lohnplus von 200 Euro, das die Gewerkschafter fordern. Die unteren Lohngruppen wie etwa Altenpflegehelfer oder Reinigungskräfte würden davon überproportional profitieren. „Wir sind kompromissbereit“, sagte Klausing. Die 200 Euro könnten zum Beispiel in Stufen gezahlt werden. Die Arbeitnehmervertreterin zeigte sich überrascht, dass sich die Arbeitgeber „so geweigert“ hätten. Allmählich sei die Verärgerung groß – in anderen Branchen sei ein solcher Mindestbetrag üblich. „Eine soziale Komponente würde der Diakonie gut zu Gesicht stehen“, findet Klausing. „Das sieht die Diakonie anscheinend anders.“

Arbeitgeber legen Angebot für Ärzte vor

Die will Johns zufolge nun prüfen, ob sie sich „auf einen niedrigen Mindestbetrag einlassen könnte“. Dies sei aber noch strittig, ein Mindestbetrag werde sehr kritisch gesehen. Aus Sicht des DDN würde ein überproportionaler Anstieg in bestimmten Berufen die Gefahr bergen, dass Arbeitgeber den Tarifvertrag verlassen. Ab 2017 habe diese Entwicklung aufgehört, eine Stabilisierung sei eingetreten. Damals wurde die Eingruppierung so geändert, dass neu eingestellte Mitarbeiter für einfachere Tätigkeiten weniger verdienen, als zuvor in diesen Berufen gezahlt wurde, etwa für Hauswirtschaftskräfte. Andernfalls hätte es keine Neueinstellungen mehr gegeben, meint Johns.

Für die Ärzte haben die Arbeitgeber nun auch ein Angebot vorgelegt, laut Johns ein Gehaltsplus von 2,8 Prozent ab Juli, weitere 2,5 Prozent ein Jahr später sowie erneut 2 Prozent mehr ab Juli 2021. Die Gewerkschafter lehnten gesonderte Verhandlungen jedoch ab, sie wollen gleiche Steigerungen für alle Beschäftigten – bis auf die Altenpfleger, deren Bezahlung an die von Krankenpflegern angepasst werden soll. Für die übrigen Beschäftigten hatten die Arbeitgeber insgesamt 5,25 Prozent in mehreren Stufen geboten, allerdings mit einer Laufzeit von 33 Monaten ab Juli.

Der DDN will bei seinem Angebot nun nachschärfen, wie Johns ankündigte. Das ist ganz im Sinne der Gewerkschafter. „Der 17. April muss den Durchbruch bringen“, findet Klausing – andernfalls würden die Arbeitnehmervertreter eine Schlichtung fordern, im Anschluss wären auch Streiks möglich. Bereits in der vergangenen Woche hatten Beschäftigte in ganz Niedersachsen mit verschiedenen Aktionen auf ihre Forderungen aufmerksam gemacht. Die Verhandlungen für die mehr als 35.000 Beschäftigten, davon Klausing zufolge mehr als 6000 in unserer Region, dauern diesmal vergleichsweise lange.