Berlin. Glyphosat ist maßgeblich für die Krebs-Erkrankung eines Amerikaners. Das entschied eine Jury. Ein Rückschlag für den Konzern Bayer.

Herber Rückschlag für Bayer in den USA: Eine Jury hat in einem Gericht in San Francisco Glyphosat als Faktor bei der Entstehung von Krebs bewertet. Genau wie in Europa muss sich der Konzern wegen des Pflanzenschutzmittels und eventuellen Auswirkungen auf die Gesundheit auseinandersetzen.

Die Jury in San Francisco gelangte am Dienstag zu dem Urteil, dass das glyphosathaltige Unkrautvernichtungsmittel Roundup der Bayer-Tochter Monsanto einen „erheblichen Faktor“ bei der Verursachung der Krebserkrankung des Klägers Edwin Hardeman ausgemacht habe.

In der zweiten Phase sollen nun die Vorwürfe des Klägers, Monsanto habe versucht, Wissenschaftler, Behörden und die öffentliche Meinung hinsichtlich der Sicherheit seiner Produkte zu beeinflussen, geklärt werden. Dabei geht es dann auch um eventuelle Schadenersatzansprüche. Bayer war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.

Für Bayer ist dieser Fall hochbrisant, da es sich um einen richtungsweisenden „Bellwether Case“ handelt. Damit ist im US-Recht eine Art Musterfall in einem Massenverfahren gemeint. Mehrere dieser repräsentativen Fälle sind angesetzt. Sie sollen den Streitparteien helfen, das Ausmaß von Schäden und die Höhe denkbarer Vergleichszahlungen besser abschätzen zu können.

In Europa beschäftigt sich der Gerichtshof mit Glyphosat

Auch in Europa ist das Mittel Ursprung einer gerichtlichen Auseinandersetzung. Die EU-Lebensmittelbehörde hatte Studien zum Thema Glyphosat unter Verschluss gehalten. Die Öffentlichkeit besitzt laut einem Gerichtsurteil des Gerichtshofes der Europäischen Union ein berechtigtes Interesse daran zu erfahren, wie Mensch und Umwelt durch das Pflanzenschutzmittel Glyphosat geschädigt werden.

Die Studien zu dem Thema müssten also veröffentlicht werden. Mit dieser Entscheidung gab der Gerichtshof Anfang März in Luxemburg zwei Klagen gegen die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) statt.

Glyphosat ist hochumstritten. Die Zulassung des gängigsten Pflanzenschutzmittels in Europa muss regelmäßig verlängert werden, wobei die im italienischen Parma beheimatete EFSA, die EU-Kommission und einzelne EU-Mitgliedstaaten als Berichterstatter die Schlüsselrollen spielen.

Zu Dokumenten aus diesem Prozess wollten laut EU-Gericht vier Europaparlamentarier und eine weitere Person in den Jahren 2016 beziehungsweise 2014 Zugang erhalten, wurden aber von der EFSA abgewiesen. Es ging demnach um Dokumente, die die Giftigkeit beziehungsweise eine krebserregende Wirkung von Glyphosat betrafen.

Grüne begrüßen das Urteil

Die EFSA wies dies laut Gericht der EU unter anderen mit zwei Argumenten ab: Eine Verbreitung könne die Geschäftsinteressen der Unternehmen beschädigen, die die Berichte vorgelegt hatten. Und zweitens beträfen die Dokumente keine „Emissionen in die Umwelt“, was sie nach den Vorgaben für eine Veröffentlichungspflicht aber müssten. Dem folgten die Luxemburger Richter nicht.

• Hintergrund: Pflanzenschutzmittel mit Glyphosat schaden Nervenzellen

Sie argumentierten, dass es ja gerade der Zweck eines Mittels wie Glyphosat sei, in die Umwelt freigesetzt zu werden. Informationen über Emissionen in die Umwelt schlössen aber auch Informationen über die Auswirkungen dieser Emissionen ein. An derartigen Informationen bestehe ein öffentliches Interesse, das gegenüber dem Schutz geschäftlicher Informationen überwiege, urteilte das Gericht.

Gegen die beiden Urteile, die die Entscheidungen der EFSA für das Unterverschlusshalten für nichtig erklären, können noch Rechtsmittel eingelegt werden. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Harald Ebner begrüßte die Urteile unterdessen. Die jetzt zu veröffentlichten Informationen müssten gründlich geprüft werden, erklärte er in Berlin. Sie sollten „zusammen mit inzwischen veröffentlichten neuen Erkenntnissen über Glyphosat-Risiken die Basis für eine gründliche Neubewertung sein, bei der auch die aktuelle EU-Zulassung des Pflanzenvernichters hinterfragt werden muss“. Die aktuelle Zulassung gilt bis Ende 2022. (rtr/dpa/epd/les/seb)