Berlin. SPD-Chefin Andrea Nahles hat klargestellt: Die SPD will mit ihren Sozial-Beschlüssen keinen Ausstieg aus der Regierung vorbereiten.

Die SPD bekennt sich nach ihrer Abkehr vom bisherigen Hartz-IV-Arbeitsmarktsystem klar zur gemeinsamen Koalition mit der Union. „Ich wüsste nicht, was die Beschlüsse dieses Wochenendes mit der Frage Verbleib oder Nicht-Verbleib in der Koalition zu tun hätten“, sagte die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles am Montag zum Abschluss einer Parteivorstandsklausur in Berlin.

Sie machte deutlich, dass die SPD ihrer Auffassung nach bei der zum Jahresende anstehenden Bewertung, ob die Koalition fortgesetzt wird, keinen Alleingang unternimmt. „Wir werden diese Bewertung zusammen machen, wir werden auch den Zeitplan mit der Union absprechen“, kündigte Nahles an.

Die Union hatte die Pläne kritisiert

Sie war zuletzt von Altkanzler Gerhard Schröder und Ex-Parteichef Sigmar Gabriel mehrfach angegangen worden. Schröder sprach ihr pauschal jegliche Wirtschaftskompetenz ab. Jeder habe das Recht, sie zu kritisieren, sagte Nahles. Sie fühle sich durch die Neuaufstellung der Partei gestärkt. „Das gibt mir sehr viel Kraft und Optimismus.“

Aus CDU und CSU hatte es harsche Kritik an den Plänen der SPD gegeben, die zwölf Euro Mindestlohn, eine Grundrente, längeres Arbeitslosengeld und einen Anspruch auf Arbeiten zu Hause (Homeoffice) vorsehen.

Die Grundrente steht im Koalitionsvertrag, andere Vorschläge der SPD dienen eher dazu, das Profil der Partei für künftige Wahlkämpfe zu schärfen. „Ich gehe nicht davon aus, dass wir das ganze Paket noch in dieser Legislaturperiode umsetzen können“, sagte Nahles.

Wirtschaft lehnt die Ideen ab

Der Vorsitzende der CDU/CSU-Abgeordneten im Bundestag, Ralph Brinkhaus, zeigte Verständnis für den Kurswechsel. „Es ist total legitim von der SPD, dass sie sagen, wir möchten ein bisschen mehr nach links rücken, weil wir unser Profil schärfen möchten“, sagte er im ZDF. Man werde trotzdem gemeinsam weiterarbeiten. „Eine große Koalition ist immer ein Kompromiss.“

Die Wirtschaft lehnt einen Großteil der SPD-Ideen bereits jetzt ab. Die Lobby-Organisation Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) projizierte am Sonntagabend mit einem Beamer den folgenden Spruch an die Fassade der SPD-Zentrale: „Liebe SPD, Sozialpopulismus hat nichts mit Respekt zu tun.“ Darauf entgegnete SPD-Vizechef Ralf Stegner: „Wenn der Klassengegner wieder Angst vor den Sozialstaatskonzepten der SPD hat, sind wir auf einem guten Weg.“

AKK lehnt Pläne ab

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat den Großteil der sozialpolitischen Pläne der SPD indes zurückgewiesen. Über die Vorschläge zur Qualifizierung könne man „noch mal reden“, sagte Kramp-Karrenbauer am Montagabend in den ARD-„Tagesthemen“. Alles andere sehe sie „sehr kritisch“, insbesondere auch, dass „Fördern und Fordern als Prinzip ein gutes Stück weit aufgegeben wird“.

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    Das SPD-Sozialstaatskonzept sieht weniger Sanktionen für Hartz-IV-Empfänger bei Auflagenverstößen vor, einen längeren Bezug des höheren Arbeitslosengeldes für ältere Arbeitslose und mehr gezielte Qualifizierung. Ab 58 Jahren soll es nach dem Willen der Sozialdemokraten bis zu drei Jahre Arbeitslosengeld I geben, um langjährige Einzahler zu belohnen und Gerechtigkeitslücken im System zu schließen. SPD-Chefin Andrea Nahles verteidigte die Vorhaben.

    Kramp-Karrenbauer sagte in der ARD, sie frage sich, warum jemand, der „jeden Tag arbeitet, mit seinen Steuergeldern jemand solidarisch unterstützen soll, von dem wir dann nicht einmal mehr verlangen, dass er Meldepflichten oder die Pflicht an Maßnahmen teilzunehmen wahrnimmt“.

    Die CDU-Chefin betonte, diese Meinungsverschiedenheit sei aber „kein Krach“ und werde auch nicht zum vorzeitigen Ende der Koalition führen. Am Mittwochabend treffen dich die Spitzen von CDU, CSU und SPD zu einer Sitzung des Koalitionsausschusses. Die CDU hatten angekündigte, die SPD-Pläne dort zur Sprache zu bringen. (les)