Washington. Das FBI ermittelte gegen Donald Trump in der Russlandaffäre. Verdächtig: Von seinen Treffen mit Putin gibt es keinerlei Aufzeichnungen.

Gut möglich, dass Marina Gross bald landesweit bekannt wird. Die Dolmetscherin war die einzige Amerikanerin im Raum, als Donald Trump und Wladimir Putin im vergangenen Juli in Helsinki über zwei Stunden die Köpfe zusammensteckten.

Was dort zwischen dem amerikanischen und dem russischen Präsidenten besprochen wurde, ist bis heute ein Rätsel.

Hat Trump Russland-Beziehungen zu verbergen?

Den Grund hat unter Berufung auf ehemalige Regierungsbeamte jetzt die „Washington Post“ herausgearbeitet. Und damit den seit langem existierenden Eindruck gefestigt, dass Amerikas Präsident, gegen den Ermittlungen wegen möglicher unlauterer Zusammenarbeit mit dem Kreml vor der Wahl 2016 laufen, etwas zu verbergen hat. Immer dann, wenn Moskau ins Spiel kommt.

Der Post zufolge hat Donald Trump persönlich dafür gesorgt, dass es von seinen bisher fünf Treffen mit Putin seit Januar 2017 keinerlei Aufzeichnungen gibt. Nicht mal wie sonst üblich in als vertraulich eingestuften Akten, die von hochrangigen Beratern später zur Nachbearbeitung genutzt werden können.

Trump kassierte handschriftliche Notizen vom Putin-Treffen ein

In einem Fall, es geht um die Begegnung der Staatsmänner beim G 20-Gipfel in Hamburg 2017, soll Trump die handschriftlichen Notizen des Dolmetschers sogar einkassiert und den Übersetzer angehalten haben, über sein Herrschaftswissen gegenüber anderen Regierungsmitgliedern zu schweigen.

Warum? Auf der Suche nach Antworten wollen die Demokraten, allen voran Eliot Engel und Jerrold Nadler, jeden Stein umdrehen. Dazu könnte auch die öffentlichkeitswirksame Vorladung von Marina Gross gehören.

Engel und Nadler, die demokratischen Vorsitzenden der Ausschüsse für Auswärtige Angelegenheiten und Justiz im Repräsentantenhaus, kündigten am Wochenende umfangreiche Anhörungen an, um den „Mysterien“ rund um die „bizarre Beziehung“ zwischen Trump und Putin auf den Grund zu gehen.

Trump sind Vorwürfen „völlig egal“

Die Abgeordneten teilen die Einschätzung der „Post“. Demnach ist es Trumps Methode, „seine Konversationen mit Putin einer öffentlichen Prüfung vorzuenthalten und sogar zu vermeiden, dass ranghohe Mitarbeiter seiner eigenen Regierung im vollen Umfang wissen, was er einem der Hauptgegner der USA gesagt hat“.

Trump, der bis heute keinen auch nur annähernd substanziellen Rapport über sein Helsinki-Gespräch gegeben hat, weist die Vorwürfe von sich. „Ich halte nichts unter der Decke“, sagte er am Wochenende, „das ist mir völlig egal.“

Das Treffen Trump-Putin in Bildern

Gipfeltreffen zwischen US-Präsident Donald Trump und dem russische Staatschef Wladimir Putin: Das Zusammentreffen war mit Spannung erwartet worden.
Gipfeltreffen zwischen US-Präsident Donald Trump und dem russische Staatschef Wladimir Putin: Das Zusammentreffen war mit Spannung erwartet worden. © REUTERS | KEVIN LAMARQUE
Die Staatschefs trafen am Montag nacheinander am Amtssitz des finnischen Präsidenten Sauli Niinistö ein.
Die Staatschefs trafen am Montag nacheinander am Amtssitz des finnischen Präsidenten Sauli Niinistö ein. © REUTERS | KEVIN LAMARQUE
Es ist nicht das erste Zusammentreffen der beiden, aber es ist das erste Mal, dass die Präsidenten bei einem bilateralen Gipfel aufeinander treffen.
Es ist nicht das erste Zusammentreffen der beiden, aber es ist das erste Mal, dass die Präsidenten bei einem bilateralen Gipfel aufeinander treffen. © REUTERS | KEVIN LAMARQUE
Wie immer bei Trumps Auftritten – und vor allem bei diesem mit Spannung erwarteten – beobachten nicht nur die Fotografen den Handschlag ganz genau. „Kurz, aber kräftig“ wurde er von Augenzeugen beschrieben.
Wie immer bei Trumps Auftritten – und vor allem bei diesem mit Spannung erwarteten – beobachten nicht nur die Fotografen den Handschlag ganz genau. „Kurz, aber kräftig“ wurde er von Augenzeugen beschrieben. © REUTERS | KEVIN LAMARQUE
In den Gesprächen werde es unter anderem um Atomwaffen, Handelsfragen und die Beziehungen zu China gehen, kündigte der US-Präsident vor dem Vier-Augen-Gespräch an. Russland und die USA hielten 90 Prozent des weltweiten Nukleararsenals. „Das ist keine gute Sache, das ist eine schlechte Sache“, sagte er.
In den Gesprächen werde es unter anderem um Atomwaffen, Handelsfragen und die Beziehungen zu China gehen, kündigte der US-Präsident vor dem Vier-Augen-Gespräch an. Russland und die USA hielten 90 Prozent des weltweiten Nukleararsenals. „Das ist keine gute Sache, das ist eine schlechte Sache“, sagte er. © REUTERS | KEVIN LAMARQUE
„Es ist an der Zeit, detailliert über unsere bilateralen Beziehungen zu sprechen und über die schmerzhaften Punkte auf der Welt. Davon gibt es sehr viele“, sagte Putin. Nur wenige Stunden vor dem Treffen hatte Trump das Verhältnis der beiden Länder als historisch schlecht bezeichnet. Das liege aber an der vorherigen amerikanischen Regierung und den Ermittlungen in der Russland-Affäre.
„Es ist an der Zeit, detailliert über unsere bilateralen Beziehungen zu sprechen und über die schmerzhaften Punkte auf der Welt. Davon gibt es sehr viele“, sagte Putin. Nur wenige Stunden vor dem Treffen hatte Trump das Verhältnis der beiden Länder als historisch schlecht bezeichnet. Das liege aber an der vorherigen amerikanischen Regierung und den Ermittlungen in der Russland-Affäre. © REUTERS | KEVIN LAMARQUE
In der gemeinsamen Pressekonferenz zum Abschluss des Gipfels im finnischen Präsidentenpalast äußerten sich Trump und Putin zufrieden mit ihrem Treffen.
In der gemeinsamen Pressekonferenz zum Abschluss des Gipfels im finnischen Präsidentenpalast äußerten sich Trump und Putin zufrieden mit ihrem Treffen. © REUTERS | KEVIN LAMARQUE
Putin schlug den USA einen neuen Dialog über Fragen der atomaren Rüstungskontrolle vor. Russland und die USA als größte Atommächte der Welt stünden in einer besonderen Verantwortung, sagte Putin.
Putin schlug den USA einen neuen Dialog über Fragen der atomaren Rüstungskontrolle vor. Russland und die USA als größte Atommächte der Welt stünden in einer besonderen Verantwortung, sagte Putin. © REUTERS | LEONHARD FOEGER
Trump wurde mehrfach von Journalisten auf die russische Einmischung in die Präsidentschaftswahl 2016 angesprochen, die US-Geheimdienste für erwiesen halten. Trump konnte sich – während er neben Putin stand – nicht dazu durchringen, auf die Frage zu Antworten, ob er in dieser Frage den US-Geheimdiensten oder Wladimir Putin mehr vertraue.
Trump wurde mehrfach von Journalisten auf die russische Einmischung in die Präsidentschaftswahl 2016 angesprochen, die US-Geheimdienste für erwiesen halten. Trump konnte sich – während er neben Putin stand – nicht dazu durchringen, auf die Frage zu Antworten, ob er in dieser Frage den US-Geheimdiensten oder Wladimir Putin mehr vertraue. © REUTERS | GRIGORY DUKOR
Putin hatte deutlich gesagt, dass Russland sich nicht in die Wahl eingemischt habe.
Putin hatte deutlich gesagt, dass Russland sich nicht in die Wahl eingemischt habe. © REUTERS | KEVIN LAMARQUE
Putin überreichte Trump als Gastgeber der am Sonntag beendeten Weltmeisterschaft einen Fußball. Dies sei ein symbolisches Geschenk für einen der Gastgeber der übernächsten WM, sagt Putin.
Putin überreichte Trump als Gastgeber der am Sonntag beendeten Weltmeisterschaft einen Fußball. Dies sei ein symbolisches Geschenk für einen der Gastgeber der übernächsten WM, sagt Putin. © REUTERS | GRIGORY DUKOR
Die Fußball-Weltmeisterschaft 2026 wird gemeinsam von den USA, Mexiko und Kanada ausgerichtet. Trump wollte den Ball nicht festhalten.
Die Fußball-Weltmeisterschaft 2026 wird gemeinsam von den USA, Mexiko und Kanada ausgerichtet. Trump wollte den Ball nicht festhalten. © REUTERS | KEVIN LAMARQUE
Er warf ihn zu seiner Frau: First Lady Melania saß neben US-Außenminister Pompeo.
Er warf ihn zu seiner Frau: First Lady Melania saß neben US-Außenminister Pompeo. © REUTERS | KEVIN LAMARQUE
Vor der Pressekonferenz hatte es einen Zwischenfall gegeben. Ein Mann hielt einen Zettel hoch, mit dem er ein Abkommen zum Verbot von Atomwaffen forderte.
Vor der Pressekonferenz hatte es einen Zwischenfall gegeben. Ein Mann hielt einen Zettel hoch, mit dem er ein Abkommen zum Verbot von Atomwaffen forderte. © REUTERS | KEVIN LAMARQUE
Wer der Mann war, wurde zunächst nicht bekannt. Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes überwältigten ihn, dann wurde er aus dem Saal geführt.
Wer der Mann war, wurde zunächst nicht bekannt. Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes überwältigten ihn, dann wurde er aus dem Saal geführt. © dpa | Alexander Zemlianichenko
Zwischen dem Vier-Augen-Gespräch und der Pressekonferenz gab es ein Arbeitslunch.
Zwischen dem Vier-Augen-Gespräch und der Pressekonferenz gab es ein Arbeitslunch. © dpa | Heikki Saukkomaa
„Unsere Beziehung zu Russland war NIEMALS schlechter, dank vieler Jahre amerikanischer Torheit und Dummheit und nun wegen der manipulierten Hexenjagd!“, hatte Trump am Morgen auf Twitter geschrieben. US-Geheimdienste beschuldigen Russland, sich mit Hackerangriffen in den Präsidentschaftswahlkampf eingemischt zu haben, um Trump zu helfen und seiner demokratischen Konkurrentin Hillary Clinton zu schaden. Ein Sonderermittler prüft, ob es dabei geheime Absprachen mit Trumps Wahlkampflager gab. Trump hat diese Untersuchung wiederholt als „Hexenjagd“ bezeichnet.
„Unsere Beziehung zu Russland war NIEMALS schlechter, dank vieler Jahre amerikanischer Torheit und Dummheit und nun wegen der manipulierten Hexenjagd!“, hatte Trump am Morgen auf Twitter geschrieben. US-Geheimdienste beschuldigen Russland, sich mit Hackerangriffen in den Präsidentschaftswahlkampf eingemischt zu haben, um Trump zu helfen und seiner demokratischen Konkurrentin Hillary Clinton zu schaden. Ein Sonderermittler prüft, ob es dabei geheime Absprachen mit Trumps Wahlkampflager gab. Trump hat diese Untersuchung wiederholt als „Hexenjagd“ bezeichnet. © REUTERS | KEVIN LAMARQUE
Das erste Aufeinandertreffen der Präsidenten in Helsinki hatte sich um 50 Minuten verzögert.
Das erste Aufeinandertreffen der Präsidenten in Helsinki hatte sich um 50 Minuten verzögert. © dpa | Seppo Samuli
Putin war mit Verspätung in Finnland gelandet.
Putin war mit Verspätung in Finnland gelandet. © dpa | Roni Rekomaa
Am Morgen hatte Finnlands Präsident Sauli Niinistö (r.) mit seiner Frau Jenni Haukio (l.) Donald Trump und First Lady Melania im Amtssitz Mäntyniemi empfangen.
Am Morgen hatte Finnlands Präsident Sauli Niinistö (r.) mit seiner Frau Jenni Haukio (l.) Donald Trump und First Lady Melania im Amtssitz Mäntyniemi empfangen. © dpa | Martti Kainulainen
Demonstranten protestierten auch in Helsinki gegen Trumps Innenpolitik, die es Frauen immer schwerer machen soll, das vom Obersten Gerichtshof der USA verbriefte Recht auf Abtreibung wahrzunehmen.
Demonstranten protestierten auch in Helsinki gegen Trumps Innenpolitik, die es Frauen immer schwerer machen soll, das vom Obersten Gerichtshof der USA verbriefte Recht auf Abtreibung wahrzunehmen. © REUTERS | INTS KALNINS
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„Wendepunkt“ in der Russland-Affäre?

Die Enthüllung der „Washington Post“ folgte unmittelbar auf einen Report der „New York Times“, der einen schwerwiegenden Verdacht, der seit langem in Washington kursiert, von höchster Stelle beglaubigt. US-Medien sprechen von einem möglichen „Wendepunkt“ in der Russland-Affäre.

Die Bundespolizei FBI hatte demnach im Frühjahr 2017 diskret offizielle Ermittlungen gegen Trump aufgenommen. Dabei stand die Frage an, ob Trump „wissentlich“ für Russland gearbeitet hat oder „unwissentlich“ unter den Einfluss Moskaus geraten sein könnte.

Ist Trump ein Risiko für die nationale Sicherheit?

Mehr noch: Auch die Möglichkeit, dass der damals bereits vier Monate amtierende Präsident „eine Bedrohung für die nationale Sicherheit“ Amerikas darstellt und die Justiz behindert, wurde ernsthaft betrachtet, schreiben mit Pulitzer-Preisen dekorierte Rechercheure wie Michael Schmidt. Sie berufen sich unter anderem auf Ex-Vertreter diverser Sicherheitsbehörden.

Auslöser für die Ermittlungen sei Trumps Auftritt unmittelbar nach der Entlassung von FBI-Chef James Comey im Mai 2017 gewesen. Der Präsident hatte am Tag danach Russlands Außenminister Sergej Lawrow und den damaligen russischen Botschafter in Washington, Sergej Kisljak, im Weißen Haus zur Visite.

In bester Laune, wie Fotos dokumentieren, sagte Trump den Gästen: „Ich habe gerade den FBI-Chef gefeuert. Er war verrückt, ein richtiger Spinner“. Und fügte hinzu. „Es lastete viel Druck auf mir wegen Russland. Der ist jetzt weg.“

„Korrupte FBI-Führung“ und „betrügerische Polizisten“

Trump reagierte wie so oft mit cholerischen Twitter-Tiraden auf die Vorwürfe, sprach von „korrupten Ex-Führungskräften des FBI“ und nannte Comey einen „schmierigen Typen“ und „betrügerischen Polizisten“.

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Ein klares „Nein“ zum Verdacht kam ihm aber selbst in seinem Haus-und-Hof-Sender Fox News nicht über die Lippen. Als Jeanine Pirro, eine Ex-Richterin und leidenschaftliche Trump-Anhängerin am Samstag, wissen wollte, ob er jemals für die Russen gearbeitet habe, entgegnete der Präsident per Live-Telefonschaltung lediglich: „Ich denke, dass ist das Beleidigendste, das ich jemals gefragt wurde.“

FBI scheint sich bei Trump revanchieren zu wollen

Warum kommt der publizistische Doppelschlag, der auf Interna höchster Regierungsstellen zurückgehen muss, gerade jetzt? Kritische Ex-Regierungsmitarbeiter führen an, dass Sonder-Ermittler Robert Mueller Trump immer „enger einkreist“. Und dass sich der Apparat, sprich das FBI, für die jahrelange Herabwürdigung durch Trump revanchiere. „Das Imperium schlägt zurück“, sagte ein Diplomat des Außenministeriums unserer Redaktion.

Spätestens seit 2016 hatte der Präsident gemeinsam mit ihm wohlgesonnenen Republikanern im Kongress und in konservativen Medien den Ruf des FBI – der seit den unseligen Zeiten von J. Edgar Hoover wieder zu stabilem Ansehen gekommenen Bundespolizei – zu erschüttern versucht.

Trump wettert immer wieder gegen „Hexenjagd“ des FBI

Roter Faden: Dort säßen vorwiegend voreingenommene Strafverfolger aus der Obama-Zeit, die gemeinsam mit Robert Mueller (ehedem ebenfalls FBI-Direktor gewesen) eine dreiste „Hexenjagd“ gegen ihn veranstalteten; aus Missgunst über seinen Sieg gegen Hillary Clinton.

Das liest sich in einem Schlüsselsatz in der New York Times, bei dem es auf ein einziges Wort ankommt, anders. Dort heißt es, dass „öffentlich“ bislang keine Beweise aufgetaucht sind, wonach Trump „im Verborgenen in Kontakt mit russischen Regierungsoffiziellen war oder Anweisungen von ihnen empfing“. Robert Mueller, deutet das Blatt damit an, könnte weit mehr wissen.