Berlin. Friedrich Merz über seine Chancen auf den CDU-Vorsitz, die Zukunft von Hartz IV – und eine Steuerreform auf einem modernen Bierdeckel.

Was treibt Friedrich Merz nach neun Jahren zur Rückkehr in die Politik, warum will er unbedingt CDU-Vorsitzender werden? Im Berliner Büro der Unternehmensberatung Gauly Advisors, die ihn bei seiner Kandidatur unterstützt, bestreitet er eigensüchtige Motive – und berichtet über ein kurzes Gespräch mit Kanzlerin Angela Merkel.

Der Merz-Effekt lässt nach, Ihre Mitbewerberin Annegret Kramp-Karrenbauer liegt in den Umfragen inzwischen klar vorn. Was läuft bei Ihnen schief?

Friedrich Merz: Sie sehen mich gelassen und entschlossen zugleich. Wir haben gerade Halbzeit bei den Regionalkonferenzen – und die großen kommen erst noch. Ich werde zudem der Partei meine Vorstellungen zu Aufbruch und Erneuerung vorstellen. Am Ende wird auf dem Parteitag entschieden. Ich habe nicht nur die Absicht, sondern auch die feste Überzeugung, dass ich zum CDU-Vorsitzenden gewählt werde.

Mit Ihrem Vorstoß zum Grundrecht auf Asyl haben Sie Empörung ausgelöst – und sind schnell zurückgerudert. Vertragen Sie keinen Gegenwind?

Merz: Ich habe klargestellt, dass ich das Grundrecht auf Asyl nicht infrage stelle, sondern einen Gesetzesvorbehalt für richtig halte. Die Aufregung hat sich inzwischen ja auch gelegt, und viele sagen inzwischen: Ja, wir müssen über das Asylrecht reden. Alles andere wäre ja auch Diskussionsverweigerung. Und wenn es bessere Wege gibt als jenen, den ich vorgeschlagen habe – okay, dann freue ich mich, dass wir jetzt eine offene Debatte führen, um Lösungsvorschläge zu finden.

Der Ton in der Debatte hat sich verschärft. Annegret Kramp-Karrenbauer warf Ihnen Naivität vor, weil Sie den Eindruck erweckten, der Kampf gegen die AfD sei leicht zu gewinnen ...

Merz: Ich werde nicht einsteigen auf Kritik meiner Mitbewerber. Aber jeder hat seinen eigenen Stil, eigene Vorstellungen und das Recht, seine Meinung zu sagen. Ich auch – und ich möchte mit meinen Themen und Vorstellungen für unsere Partei überzeugen.

Das sind die CDU-Vorsitzenden seit 1946

Konrad Adenauer gehörte zu den Begründern der CDU. Der aus Köln stammende Jurist war von 1950 bis 1966 CDU-Bundesvorsitzender. Seit 1946 war er bereits Vorsitzender der CDU in der britischen Besatzungszone. Von 1949 bis 1963 war Adenauer der erste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Von Konrad Adenauer bis Angela Merkel: Seit 1946 standen sechs Männer und eine Frau an der Spitze der CDU. Hier stellen wir sie vor.
Konrad Adenauer gehörte zu den Begründern der CDU. Der aus Köln stammende Jurist war von 1950 bis 1966 CDU-Bundesvorsitzender. Seit 1946 war er bereits Vorsitzender der CDU in der britischen Besatzungszone. Von 1949 bis 1963 war Adenauer der erste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Von Konrad Adenauer bis Angela Merkel: Seit 1946 standen sechs Männer und eine Frau an der Spitze der CDU. Hier stellen wir sie vor. © imago/ZUMA/Keystone | imago stock&people
Ludwig Erhard, Vater des „deutschen Wirtschaftswunders“ und zweiter Bundeskanzler (1963 bis 1966), hatte den CDU-Vorsitz von 1966 bis 1967 inne.
Ludwig Erhard, Vater des „deutschen Wirtschaftswunders“ und zweiter Bundeskanzler (1963 bis 1966), hatte den CDU-Vorsitz von 1966 bis 1967 inne. © imago/ZUMA/Keystone | imago stock&people
Kurt Georg Kiesinger, dritter Bundeskanzler (1966 bis 1969), war von 1967 bis 1971 CDU-Chef. Schon 1933, im Jahr von Hitlers Machtübernahme, war Kiesinger in die NSDAP eingetreten. Das wurde ihm in den 1960er-Jahren vor allem von der „Außerparlamentarischen Opposition“ immer wieder vorgehalten.
Kurt Georg Kiesinger, dritter Bundeskanzler (1966 bis 1969), war von 1967 bis 1971 CDU-Chef. Schon 1933, im Jahr von Hitlers Machtübernahme, war Kiesinger in die NSDAP eingetreten. Das wurde ihm in den 1960er-Jahren vor allem von der „Außerparlamentarischen Opposition“ immer wieder vorgehalten. © imago/United Archives International | Personalities
Rainer Candidus Barzel war von 1971 bis 1973 CDU-Parteivorsitzender.
Rainer Candidus Barzel war von 1971 bis 1973 CDU-Parteivorsitzender. © imago | SVEN SIMON
Helmut Kohl war von 1973 bis 1998 CDU-Parteivorsitzender.
Helmut Kohl war von 1973 bis 1998 CDU-Parteivorsitzender. © imago/WEREK | imago stock&people
Kohl führte von 1982 bis 1998 als sechster Bundeskanzler der BRD eine CDU/CSU/FDP-Koalition und ist damit der Kanzler mit der längsten Amtszeit.
Kohl führte von 1982 bis 1998 als sechster Bundeskanzler der BRD eine CDU/CSU/FDP-Koalition und ist damit der Kanzler mit der längsten Amtszeit. © imago/imagebroker | imago stock&people
Wolfgang Schäuble, aktueller Bundestagspräsident, war von 1998 bis 2000 CDU-Parteivorsitzender.
Wolfgang Schäuble, aktueller Bundestagspräsident, war von 1998 bis 2000 CDU-Parteivorsitzender. © imago/ZUMA Press | Emmanuele Contini
Angela Merkel ist seit dem Jahr 2000 CDU-Vorsitzende. Seit 22. November 2005 ist die studierte Physikerin Bundeskanzlerin.
Angela Merkel ist seit dem Jahr 2000 CDU-Vorsitzende. Seit 22. November 2005 ist die studierte Physikerin Bundeskanzlerin. © Getty Images | Carsten Koall
Annegret Kramp-Karrenbauer war vom 7. Dezember 2018 bis Januar 2021 die Bundesvorsitzende der Partei.
Annegret Kramp-Karrenbauer war vom 7. Dezember 2018 bis Januar 2021 die Bundesvorsitzende der Partei. © dpa | Sebastian Gollnow
Der damalige NRW-Ministerpräsident Armin Laschet setzte sich Anfang 2021 gegen seine Konkurrenten Norbert Röttgen und Friedrich Merz durch. Er wurde CDU-Vorsitzender und trat als Spitzenkandidat im Bundestagwahlkampf 2021 an. Die Union verlor die Wahl. Laschet zog als einfacher Abgeordneter in den Bundestag ein und machte den Weg frei für eine neue CDU-Spitze.
Der damalige NRW-Ministerpräsident Armin Laschet setzte sich Anfang 2021 gegen seine Konkurrenten Norbert Röttgen und Friedrich Merz durch. Er wurde CDU-Vorsitzender und trat als Spitzenkandidat im Bundestagwahlkampf 2021 an. Die Union verlor die Wahl. Laschet zog als einfacher Abgeordneter in den Bundestag ein und machte den Weg frei für eine neue CDU-Spitze. © dpa | Bernd Weißbrod
Friedrich Merz folgt auf Armin Laschet. Der Sauerländer (*11. November 1955 in Brilon) ist seit dem 31. Januar 2022 Bundesvorsitzender der CDU. Seit 2021 sitzt Merz auch für die Partei im Bundestag.
Friedrich Merz folgt auf Armin Laschet. Der Sauerländer (*11. November 1955 in Brilon) ist seit dem 31. Januar 2022 Bundesvorsitzender der CDU. Seit 2021 sitzt Merz auch für die Partei im Bundestag. © dpa
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Bleiben Sie bei Ihrer Analyse, die CDU habe den Aufstieg der AfD mit einem „Achselzucken“ zur Kenntnis genommen?

Merz: Ich habe in den letzten Tagen eine ganz große Zahl von Zuschriften, Telefonanrufen und Nachrichten bekommen, die sich positiv geäußert und mich ermuntert haben. Die auch sagen, ja, wir müssen mutiger sein, weil es nicht ausreichen kann, dass gegen uns nicht regiert werden kann. Natürlich ist mir sehr bewusst, wie intensiv und belastend in den letzten Jahren der Einsatz unserer Parteimitglieder an den Wahlständen und in vielen persönlichen Gesprächen war. Und gerade bei dem massiven Zustrom der vielen Flüchtlinge verdanken wir es dem Engagement vieler Bürgermeister, Landräte und Minister, wie auch vieler Gruppen und Initiativen aus den Kirchen oder dem Sport, dass wir vieles meistern konnten – und anders als die AfD tatkräftig angepackt und Lösungen gesucht haben.

Ihre Schwesterpartei CSU hat die AfD so ernst genommen, dass sie einen existenziellen Streit über den Masterplan Mi­gration von Innenminister Horst Seehofer vom Zaun gebrochen hat.

Merz: Der Streit im Sommer war sehr unglücklich. So etwas darf sich nicht wiederholen – auch der Umgangsstil nicht: So gehen bürgerliche Parteien und ihre Vorsitzenden nicht miteinander um. Punkt. In der Sache kann man jeden Streit führen, der notwendig ist. Aber dieses persönliche Herabsetzen, das wir im Sommer erlebt haben, hat viele Menschen verständlicherweise irritiert und verärgert.

Neuen Streit gibt es über den UN-Migrationspakt. Kann Deutschland dieses internationale Abkommen guten Gewissens unterzeichnen?

Merz: Die Fachpolitiker haben sich lange und intensiv damit beschäftigt. Dass es kurz vor Unterzeichnung eine größere Öffentlichkeit zu dem Thema gibt, ist in Ordnung. Die kritischen Fragen, die gestellt werden, müssen beantwortet werden. Hier darf nichts unter den Tisch gekehrt werden. Für mich ist entscheidend: Wenn sichergestellt ist, dass der Migrationspakt nicht zusätzliche Zuwanderung nach Deutschland auslöst, dann ist dieser Pakt aus meiner Sicht ein Gewinn.

Friedrich Merz relativiert Vorstoß zu Asylrecht

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    Sie haben angefangen zu twittern und mit Ihrer ersten Botschaft einen BierdeckeI verschickt – in Anspielung auf Ihr Markenzeichen, die Bierdeckel-Steuer. Glauben Sie noch an die große Reform, die zu Steuerentlastung und Steuervereinfachung führt?

    Merz: Ich bleibe dabei: Das Steuerrecht muss für den privaten Haushalt so einfach sein, dass man auf einem modernen Bierdeckel seine Steuerschuld ausrechnen kann. Wir sollten, ja, wir müssen als CDU bei dem Anspruch bleiben, eine grundlegende Steuervereinfachung in Deutschland zu machen.

    Was ist denn ein moderner Bierdeckel?

    Merz: Ganz klar: Der neue Bierdeckel ist eine Steuer-App für das Smartphone.

    Wie gerecht finden Sie das Steuersystem in Deutschland?

    Merz: Das Steuersystem ist vor allen Dingen für die mittleren Einkommen ungerecht, die schon sehr stark in die kalte Steuerprogression hineinwachsen. Da muss Deutschland etwas tun. Die erste kleine Korrektur kommt jetzt, aber das reicht nicht aus. Wir müssen die Mittelschicht, zum Beispiel unsere Facharbeiter, stärker als von der großen Koalition geplant vor der kalten Progression schützen.

    Darf es den Solidaritätszuschlag am Ende der Wahlperiode noch geben?

    Merz: Im Koalitionsvertrag gibt es die Vereinbarung, den Soli bis 2021 um 90 Prozent abzubauen. Die Diskussion, die in der CDU geführt wird, ist richtig: Ich bin selbst dafür, den Soli noch in dieser Wahlperiode vollständig abzuschaffen. Wir sollten nicht abwarten, bis das Bundesverfassungsgericht diese Sonderabgabe einkassiert. Dafür setze ich mich ein – und wenn es dazu keine Verständigung geben sollte, gilt selbstverständlich der Koalitionsvertrag.

    Die Grünen wollen den Soli behalten und in einen Beitrag für gleichwertige Lebensverhältnisse in der Stadt und auf dem Land umwandeln.

    Merz: Der Soli muss abgeschafft werden und darf nicht in den allgemeinen Steuertarif eingebaut werden. Wenn wir anfangen, unser Steuersystem jetzt noch nach Stadt und Land zu differenzieren, wird es wirklich kompliziert. Das wäre das Gegenteil von Steuervereinfachung. Die Sektsteuer wurde 1902 zur Finanzierung der Kriegsflotte eingeführt und existiert bis heute. Der Soli sollte nicht die Schaumweinsteuer des 21. Jahrhunderts werden.

    Wie wollen Sie verhindern, dass ländliche Regionen wie Ihre Heimat, das Sauerland, abgehängt werden?

    Merz: Das wichtigste Thema für die ländlichen Regionen ist die gesamte Infrastrukturentwicklung. Ich habe als Bundestagsabgeordneter über Jahre für den besseren Ausbau der digitalen Infrastruktur gekämpft. Deutschland liegt da heute immer noch im Ländervergleich meilenweit zurück. Deswegen ist es gut und richtig, dass jetzt die Ausschreibungen für die neuen 5G-Mobilfunkfrequenzen so verändert worden sind, dass es für die Unternehmen eine Verpflichtung zum Netzausbau gibt. Wir müssen den ländlichen Raum genauso gut ausstatten wie die Ballungsgebiete.

    Ausgerechnet die Forschungsministerin sieht das anders. 5G, sagt Anja Karliczek, sei „nicht an jeder Milchkanne notwendig“.

    Merz: Ich vermute mal, dass die Forschungsministerin in den Ballungsgebieten beginnen und dann möglichst schnell in den ländlichen Regionen weiterbauen will. Der Anspruch muss sein, schnellstmöglich den Mobilfunk-Ausbau in ganz Deutschland voranzutreiben.

    Die SPD widmet sich eher der Abschaffung von Hartz IV. Kann die Union mit Sozialdemokraten, die scharf nach links abbiegen, bis zum Ende der Wahlperiode weiterregieren?

    Merz: Wir haben einen Regierungsauftrag für vier Jahre. Aus Sicht der Union kann ich nur sagen: Wir sind vertragstreu. Man wird sehen, wie sich die SPD verhält. Die Sozialdemokraten sind noch viel dramatischer als die Union mit der Frage konfrontiert, ob sie als Volkspartei überleben können. Wir müssen Probleme lösen, uns mit den Sorgen der Menschen beschäftigen und nicht um uns selbst kreisen.

    Was heißt das für die Zukunft von Hartz IV?

    Merz: Wenn die Hartz-Pläne der SPD in Richtung eines bedingungslosen Grundeinkommens gehen, wird es hoffentlich den geschlossenen Widerstand der Union geben. Das Hartz-System ist einer der größten Erfolge, den die SPD als Regierungspartei erzielt hat: Mit diesen Reformen ist Deutschland aus der Massenarbeitslosigkeit herausgekommen. Ich kann nicht verstehen, dass sie damit bis heute nicht ihren Frieden gemacht hat. Von einer Abschaffung von Hartz IV halte ich persönlich gar nichts.

    Viele sagen, Hartz IV bedeute Armut.

    Merz: Hartz IV ist sicher an der Grenze des Existenzminimums. Trotzdem ist es eine beachtenswerte Leistung unseres Sozialstaates: Familien, die gar nichts haben, wird mit einer solchen Transferleistung wirklich geholfen. Ja, das sind äußerst bescheidene Bedingungen. Aber in Deutschland fällt niemand ins Bodenlose. Das ist die eigentliche Botschaft, die wichtig ist. Und klar ist auch: Wer jeden Morgen aufsteht und hart arbeitet, muss am Ende des Monats natürlich mehr in der Tasche haben.

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    Haben Sie mal mit Angela Merkel unter vier Augen gesprochen, seit Sie Ihren Hut in den Ring geworfen haben?

    Merz: Wir haben ein erstes Gespräch geführt und vereinbart, dass wir uns nach dem Parteitag zusammensetzen werden.

    Es war also eher ein kurzes Gespräch.

    Merz: Es war in erster Linie ein gutes Gespräch. Und jetzt warten wir wie alle das Ergebnis des Bundesparteitags ab.

    Sie sind einer der schärfsten Kritiker Merkels, seit Sie von ihr an der Spitze der Unionsfraktion abgelöst wurden. Wie wollen Sie den Wählern vermitteln, dass Sie die Kanzlerin als CDU-Chef noch drei Jahre unterstützen würden?

    Merz: Unser Verhältnis ist so, dass wir uns auch über unterschiedliche politische Ideen und Lösungsvorschläge sehr vernünftig unterhalten können. Ich habe schon mehrfach öffentlich betont, dass ich – bei allem, was ich auch kritisch sehe – großen Respekt vor der Leistung Angela Merkels habe. Deshalb braucht und sollte niemand an meiner Loyalität zweifeln.

    Sie wollen keine offenen Rechnungen begleichen?

    Merz: Ich bin kein Freund davon, in alten Gräben zu graben. Mir geht es um den Blick nach vorn. Was mich treibt, ist die Frage, ob die CDU die Chance hat, auch im 21. Jahrhundert Volkspartei zu bleiben. Ich kriege stapelweise Briefe von Leuten, die sagen: Wenn Sie Parteichef werden, ist die CDU wieder wählbar für mich. Ich biete an, meine Arbeit in den Dienst dieser Partei und damit auch in den Dienst dieses Landes zu stellen.

    Wer war Ihr wichtigster Ratgeber bei der Entscheidung, für den CDU-Vorsitz zu kandidieren? Wolfgang Schäuble?

    Merz: Wolfgang Schäuble hat für mich immer eine große Rolle gespielt. Aber er ist bei Weitem nicht der Einzige, der zu dieser Entscheidung beigetragen hat. Auch viele junge Abgeordnete haben mich darin bestärkt – darunter interessanterweise viele Frauen. Man hat mir gesagt: Mensch Merz, das müssen Sie machen! Ich mache das doch nicht als One-Man-Show – dann wäre ich nicht angetreten.

    Merz einer Vorstellung der Kandidaten für den CDU-Bundesparteivorsitz in Böblingen.
    Merz einer Vorstellung der Kandidaten für den CDU-Bundesparteivorsitz in Böblingen. © dpa | Christoph Schmidt

    Ist Ihre Familie durchweg begeistert von Ihrer Entscheidung?

    Merz: Klar haben wir darüber vorher gesprochen, weil wir wissen, was das auch für eine Familie bedeutet. Meine Familie steht hinter mir – und dafür bin ich ausgesprochen dankbar. Andernfalls würden wir hier heute nicht über meine Kandidatur sprechen.

    Ihr Einkommen ist ein großes Thema geworden. Warum sagen Sie nicht einfach: Ich bin Millionär – na und?

    Merz: Ja, ich hätte damit am Anfang sicher lockerer umgehen können, ja, sollen. Auch, weil ein Wechsel von der Wirtschaft in die Politik in Deutschland heute immer noch eher ungewöhnlich ist, war ich zunächst etwas zögerlich. Ja, es ist so: Ich war in den letzten Jahren beruflich erfolgreich und habe dafür hart gearbeitet, bringe meine Unabhängigkeit als Pfund mit. Und möchte mein Wissen und meine Fähigkeiten gerne als CDU-Vorsitzender einbringen.

    Würden Sie angesichts Ihrer Vermögensverhältnisse als Kanzler auf ein Gehalt verzichten?

    Merz: Mein Fokus liegt auf dem 7. Dezember, an dem ich mich um ein nicht bezahltes Parteiamt bewerbe. Punkt!

    Warum sagen Sie nicht, dass Sie Kanzler werden wollen?

    Merz: Ich sage, ich will Parteivorsitzender der CDU werden, damit diese Regierung erfolgreich arbeiten kann. Alles andere ist derzeit nicht mein Thema.

    Falls Sie Kanzler werden – was tun Sie als Erstes?

    Merz: Ich kann Ihnen gerne die Frage beantworten, was ich als Erstes tue, wenn ich Parteivorsitzender werde. Ich werde als Allererstes ein Gespräch mit Angela Merkel führen, und zwar ausführlich und vertraulich. Und ich werde einen Brief an all diejenigen schreiben, die in den vergangenen Jahren aus der CDU ausgetreten sind – und sie bitten, wieder einzutreten.