Berlin/Riad. Deutschland hat 18 Bürger Saudi-Arabiens mit Einreisesperren belegt. Auch Rüstungsgüter sollen nicht mehr in das Land geliefert werden.

Deutschland bewegt sich im Fall Khashoggi. Die Bundesregierung stoppt die Waffenlieferungen an Saudi-Arabien komplett. Auch Rüstungsgüter, deren Export bereits genehmigt wurden, werden laut Bundeswirtschaftsministerium nicht mehr ausgeliefert.

Berlin erhöht mit diesem Schritt nun den Druck auf Riad. Es ist allerdings nicht klar, wie lange der Exportstopp gelten wird. Bisher hatte die Bundesregierung nur neue Genehmigungen für Waffenlieferungen auf Eis gelegt und eine Prüfung für die bereits genehmigten Exporten angekündigt. Betroffen vom Stopp der Waffenlieferungen dürfte unter anderem die Bremer Lürssen-Werft sein. Die Konzern baut in Mecklenburg-Vorpommern 20 Patrouillenboote für Saudi-Arabien.

Der regierungskritische, aus Saudi-Arabien stammende Journalist Jamal Khashoggi, Kolumnist der US-Tageszeitung „Washington Post“, war am 2. Oktober im Konsulat seines Heimatlandes in Istanbul ermordet worden. Er hatte Dokumente abholen wollen, die er für die Hochzeit mit einer Türkin brauchte.

CIA ist sicher: Kronprinz wusste vom Killerkommando

Vor dem Rüstungsstopp hatte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) eine Einreisesperre gegen 18 Saudis bekannt gegeben, die mit dem Mord an dem regierungskritischen Journalisten in Verbindung gebracht werden.

Frankreich schließt sich dieser Strafmaßnahme an, ist beim Stopp der Rüstungsexporte allerdings nicht dabei. Unbeeindruckt von den Maßnahmen der Regierung scheint Siemens-Chef Joe Kaeser zu sein. Der Konzernmanager will nach Saudi-Arabien reisen und dort an einer Konferenz des staatlichen Ölkonzerns Saudi Aramco teilnehmen.

Die USA und Großbritannien hatten zuvor gegen 17 Saudis Einreisesperren verhängt. Nummer 18 auf der Liste Deutschlands und Frankreichs ist nun laut Medienberichten Ahmed al-Asiri, Vizechef des saudischen Geheimdienstes zum Zeitpunkt des Mordes an Khashoggi. Nicht betroffen von den Einreiseverboten ist der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman.

Die Einreisesperren haben eine eher symbolische Bedeutung. Fast alle Personen auf der Sanktionsliste sitzen in Saudi-Arabien in Haft. Gegen mehrere von ihnen könnte schon bald die Todesstrafe verhängt werden.

Seit Anfang Oktober hatte das saudische Königshaus alles versucht, um den monströsen Verdacht von seinem Kronprinzen Mohammed bin Salman abzulenken. Immer neue Versionen wurden der Weltöffentlichkeit zum Verschwinden Khashoggis aufgetischt. Erst hieß es, das Ganze sei ein Unfall, dann eine schief gelaufene Entführung und zuletzt ein geplanter Mordkomplott selbstherrlicher Geheimdienstler hinter dem Rücken des Kronprinzen.

21 Leute sitzen in Haft, darunter alle 15 Mitglieder des am 2. Oktober aus Riad entsandten Killerkommandos. Demonstrativ forderte der saudische Chefankläger für fünf der angeblichen Drahtzieher die Todesstrafe.

Khashoggi soll in die Türkei gelockt worden sein

Seit dem Wochenende jedoch sind die Versuche Saudi-Arabiens, die Mordtat möglichst rasch mit ein paar enthaupteten Untergebenen ad acta zu leben, endgültig gescheitert. Wie „Washington Post“ und „New York Times“ berichten, kommt die CIA in ihrem Abschlussbericht zu dem Schluss, der Kronprinz persönlich habe „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ den Mord an Khashoggi autorisiert.

International ist er jetzt kaum noch vorzeigbar – und sollte er sich an der Macht halten können, künftig politisch viel stärker von den Vereinigten Staaten unter Druck zu setzen. Donald Trump hielt sich bisher bedeckt. Er versicherte nur, er habe volles Vertrauen in die CIA. Der US-Präsident will in den nächsten Tagen Stellung beziehen, wenn ihm der komplette Bericht vorliegt.

In ihrem Urteil über die Rolle von Mohammed bin Salman stützen sich die CIA-Ermittler unter anderem auf den Mitschnitt eines Telefonats zwischen dem jüngeren Bruder des Kronprinzen, dem saudischen Botschafter in Washington, Khaled bin Salman, und dem Ermordeten.

In dem Gespräch, was der 30-jährige Königssohn bestreitet, soll er Khashoggi auf Geheiß seines Bruders nach Istanbul gelockt haben. In Washington könne er das gewünschte Hochzeitspapier nicht bekommen, aber im Konsulat am Bosporus, erklärte er dem Anrufer. Auch versicherte er Khashoggi, ihm werde nichts geschehen. Wenige Tage nach dem Mord packte Khaled bin Salman überstürzt seine Koffer in Washington und reiste zurück nach Riad, wo er sich seitdem aufhält.

Mohammed bin Salman gilt als Technokrat

Ein weiteres Argument der US-Ermittler ist die strikt-autoritäre Befehlsmentalität auf der Arabischen Halbinsel. Untergebene entscheiden selbst marginale Dinge nicht selbst, ohne sich vorher bei ihrem Chef abzusichern.

Mohammed bin Salman besitzt als faktischer Herrscher Saudi-Arabiens absolute Macht. Er gilt als guter Technokrat und kontrolliert vieles bis ins Detail. Sein Vater König Salman ist alt und senil, bei vielen Themen nicht mehr auf dem Laufenden.

Vor diesem Hintergrund hält die CIA es für ausgeschlossen, dass eine Crew von Sicherheitsleuten eine derart heikle und komplexe Operation auf dem Territorium eines anderen Staates plant, ohne sich dafür vom faktischen Staatschef Mohammed bin Salman die Genehmigung zu holen.