Nicht nur die Mehrheit der Deutschen ist für einen Rücktritt des Innenministers. Auch in der CSU wird die Kritik an Seehofer lauter.

CSU-Chef Horst Seehofer gerät wegen seiner Linie in der Asylpolitik auch parteiintern zunehmend in die Kritik. Der CSU-Politiker Stephan Bloch warf dem Bundesinnenminister in der „Rheinischen Post“ (Freitag) vor, mit Ideologie statt mit Inhalten Politik zu machen. „Wir brauchen keinen Masterplan für die Asylpolitik, sondern einen Masterplan für die Zukunft.“ Bloch hatte vor kurzem die CDU/CSU-Plattform Union der Mitte gegründet. Sein Mitstreiter und Parteifreund Josef Göppel kritisierte: „Im Streit um Asyl sind Parolen der AfD übernommen worden und in der Wortwahl wurde der bürgerliche Anstand verlassen.“

Bloch sagte, der „Masterplan Migration“ komme zu spät. „Ein Masterplan für die Flüchtlingspolitik wäre 2015 nötig gewesen. Nun werden die Probleme langsam kleiner.“ Doch Seehofer und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt setzten Ideologie an die Stelle von Inhalten. „Die Bundes-CSU hat sehr viel kaputt gemacht.“ Er sehe manches anders als Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel. Aber: „Ich zolle ihr Respekt für ihre sachliche Arbeit.“

Mehrheit der Deutschen für Rücktritt Seehofers

Göppel sagte dem Rundfunksender Bayern 2, er sei seit 48 Jahren in der CSU, aber im Streit über die Asylpolitik sei sein Vertrauen in die Parteispitze erstmals erschüttert worden. „Ich sehe darin eine Abkehr von der Gründungsidee der Union, dass sich christlich orientierte Menschen zusammenschließen.“ Ihm gehe es nicht nur um den Stil, sondern auch um Inhalte, betonte der ehemalige CSU-Bundestagsabgeordnete aus Ansbach. „Uns unterscheidet von der AfD nicht die Erkenntnis, dass nicht alle nach Deutschland kommen können, die hierher wollen, sondern die Behandlung dieser Menschen.“

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    Auch eine Mehrheit der Deutschen würde einen Rücktritt von Seehofer begrüßen. Fast zwei Drittel sehen in Horst Seehofer einen politischen „Störenfried“, der als Innenminister nicht mehr tragbar ist. Selbst 56 Prozent der CSU-Anhänger plädierten in der Forsa-Umfrage vom 16. Juli für den Rücktritt des Ministers. Im aktuellen Politiker-Ranking von Forsa verloren sowohl Seehofer als auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder massiv an Vertrauen: Sie rutschten drei Monate vor der Landtagswahl in Bayern auf hintere Plätze ab.

    Bedford-Strohm: Wir haben eine humanitäre Verpflichtung

    Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, warf der CSU eine einseitige Haltung in der Flüchtlingspolitik vor. „In den letzten Monaten hat man aus der CSU im Hinblick auf die Flüchtlingspolitik immer nur davon gehört, wie man Flüchtlinge von uns fernhalten kann“, sagte Bedford-Strohm, der auch bayerischer Landesbischof ist, der Tageszeitung „Die Welt“ (Freitag). „Davon, dass wir auch eine humanitäre Verpflichtung zur Aufnahme haben, war wenig die Rede.“

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      Auch innerhalb der CSU, so Bedford-Strohm, sei „insbesondere aus kirchlich engagierten Kreisen zu Recht beklagt worden, dass in den vergangenen Monaten der Grundton in der öffentlichen Debatte verändert wurde, um Wähler der AfD zurückzugewinnen“. Dies aber habe sich für die CSU nicht nur als erfolglos erwiesen, sondern sei auch inhaltlich unangemessen gewesen. Denn „die christlichen Grundorientierungen, die bei der CSU im Parteinamen stehen, beinhalten die Selbstverpflichtung, sich einer angemessenen Sprache zu bedienen“.

      Der EKD-Ratsvorsitzende versicherte, auch er sehe „die Notwendigkeit zur Steuerung der Migration“. Aber diese entbinde nicht von der Verantwortung zur Hilfe in Notsituationen.

      Kardinal Marx: C im Namen ist eine Verpflichtung

      Schließlich hatte auch der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz, der Münchner Erzbischof und Kardinal Reinhard Marx, die Wortwahl der CSU in der Flüchtlingspolitik vor wenigen Tagen als „höchst unangemessen“ kritisiert. „Zu meinen, wir wandern am besten alle nach rechts, weil der Zeitgeist nach rechts wandert – das halte ich für eine falsche Einschätzung“, sagte Marx der Wochenzeitung „Die Zeit“. „Eine Partei, die sich für das C im Namen entschieden hat, geht eine Verpflichtung ein“, so Marx. (dpa)