So will die Bundesregierung unsere Rente absichern
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Von Philipp Neumann
Berlin. Hubertus Heil hat als Arbeitsminister seinen Rentenpakt vorgestellt. Wir erklären die wichtigsten Punkte und wer davon profitiert.
Vor vier Jahren schnürte die damalige Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) ein großes Rentenpaket. Es enthielt damals unter anderem die Rente mit 63 und die zweite Stufe der Mütterrente. Auch Nahles’ Nachfolger Hubertus Heil (SPD) startet in seine Amtszeit mit einem Gesetzespaket zur Rente, das er „Rentenpakt“ getauft hat. Die staatliche Alterssicherung sei ein „Kernversprechen unseres Sozialstaats“, so Heil. Dieses Versprechen werde nun erneuert. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu Heils Gesetz:
Was beinhaltet der Rentenpakt?
SPD und Union setzen vor allem ihre Pläne aus dem Koalitionsvertrag um. Dazu gehören eine weitere Stufe in der Mütterrente, aber auch Verbesserungen für Frührentner, die nicht mehr arbeiten können, weil sie krank sind. Außerdem werden mehr Geringverdiener als bisher bei den Rentenbeiträgen entlastet. Hinzu kommt das Versprechen, dass der Rentenbeitrag bis zum Jahr 2025 höchstens bis auf 20 Prozent steigt (aktuell sind es 18,6 Prozent).
Gleichzeitig soll das Rentenniveau – es bezeichnet die Höhe der durchschnittlichen Rente im Vergleich zum durchschnittlichen Arbeitnehmergehalt – bis 2025 nicht unter 48 Prozent sinken (aktuell sind es 48,5 Prozent). Damit die „doppelte Haltelinie“, wie die SPD dieses Versprechen getauft hat, eingehalten wird, muss die Bundesregierung noch mehr Steuergeld als bisher in die Rentenkasse zahlen – auch das regelt der Rentenpakt.
Was ist neu bei der Mütterrente?
Wer vor 1992 Kinder erzogen hat, bekommt schon zwei Jahre Erziehungszeit auf die Rente angerechnet. Künftig sollen es drei Jahre sein – aber nur für Mütter (oder Väter), die mindestens drei Kinder haben. Für rund drei Millionen Mütter oder Väter wären das pro Monat rund 30 Euro mehr. Wer vor 1992 nur ein Kind oder zwei Kinder bekam, geht leer aus. Auch diesen Eltern Mütterrente zu zahlen war der Koalition zu teuer.
Was ist neu für Menschen, die nicht mehr arbeiten können?
Wer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr erwerbstätig sein kann und eine „Erwerbsminderungsrente“ bekommt, wird bessergestellt: Es wird eine längere Zeit als bisher zwischen der Erwerbsunfähigkeit und dem gesetzlichen Rentenalter angerechnet.
Profitieren Geringverdiener?
Geringverdiener zahlen bekanntlich keine oder kaum Steuern. Will man sie entlasten, muss dies über Sozialbeiträge geschehen. Schon jetzt zahlen Arbeitnehmer, die zwischen 450 und 850 Euro pro Monat verdienen, verringerte Rentenbeiträge. Nun wird die Einkommensgrenze auf 1300 Euro angehoben – davon profitieren rund drei Millionen Menschen. Erst bei höherem Einkommen zahlen Arbeitnehmer den vollen Rentenbeitrag. Wer den verringerten Beitrag zahlt, bekommt künftig trotzdem die vollen Rentenleistungen. Arbeitgeber zahlen immer voll.
Ist der Rentenpakt überhaupt notwendig?
Sozialminister Heil sagt, das Vertrauen in die Rentenversicherung müsse gestärkt werden. „Viele Menschen machen sich Sorgen um die Zukunft“, so Heil, „und politische Scharlatane versuchen, Kapital daraus zu schlagen.“ Der Minister will erreichen, dass alle Bürger „sich darauf verlassen können, im Alter gut abgesichert zu sein“. Sein Ziel sei, am Ende der Wahlperiode die Rente wieder sicher gemacht zu haben. Dazu soll einerseits der Rentenpakt beitragen, der die Rentenfinanzen bis zum Jahr 2025 sichert. Eine kürzlich eingesetzte Expertenkommission soll zudem bis März 2020 Vorschläge machen, wie es nach 2025 weitergehen soll.
Ist Altersarmut ein Problem?
Experten wie der Berliner Wirtschaftsforscher Bruno Kaltenborn meinen, dass Altersarmut „jetzt und in absehbarer Zeit nicht das Kernproblem“ ist. Nur rund drei Prozent der Menschen über 65 seien auf staatliche Grundsicherung angewiesen. Bei Kindern unter 15 Jahren seien es 15, unter den Erwerbstätigen acht Prozent. „Man sollte das Risiko von Altersarmut nicht dramatisieren“, so Kaltenborn.
Was kostet das Rentenpaket?
Laut dem Gesetzentwurf kostet das Rentenpaket bis zum Jahr 2025 fast 32 Milliarden Euro. Der teuerster Teil dabei ist die Mütterrente, die jedes Jahr 3,7 Milliarden Euro kostet, was sich bis 2025 auf rund 26 Milliarden Euro summiert. Rund ein Drittel der Gesamtkosten des Pakets, konkret etwa 10,6 Milliarden Euro, zahlt der Bund aus Steuergeld. Den großen Rest zahlen die Beitragszahler, also Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Das wird vor allem daran sichtbar, dass der Rentenbeitrag im nächsten Jahr nicht von 18,6 Prozent auf 18,3 Prozent gesenkt wird, obwohl dies möglich wäre. Die Bundesregierung hätte Arbeitnehmer und Arbeitgeber dabei um 4,5 Milliarden Euro entlasten können. Dies geschieht jetzt nicht. Eine Beitragssenkung hätte auch dafür gesorgt, dass im Jahr 2020 die Renten stärker gestiegen wären. Auch das fällt nun aus.
100 Tage GroKo – Die Bilanz der Minister
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Welche Reaktionen gibt es auf das Rentenpaket?
Die Gewerkschaften freuen sich, weil der „automatische Renten-Sinkflug“ gestoppt sei. Die Arbeitgeber dagegen werfen der Koalition „leichtfertige Leistungsausweitungen“ vor. Das Rentenpaket sei „teuer und ungerecht“ gegenüber jüngeren Generationen, meinen sie. Der Rentenexperte der Linkspartei, Matthias Birkwald, kritisierte, die Verbesserungen bei Erwerbsminderungsrenten gingen an den derzeit 1,8 Millionen Betroffenen „komplett vorbei“.
Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion
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