Berlin. Noch nie pendelten so viele Menschen zur Arbeit wie heute. Politiker und Experten warnen vor den Folgen und fordern ein Gegensteuern.

  • Fast 60 Prozent der Arbeitnehmer pendeln zum Arbeitsplatz
  • Noch nie war die Zahl der Pendler in Deutschland so hoch
  • Häufig sind hohe Mieten in Städten ein Grund fürs Pendeln

In Deutschland gibt es immer mehr Pendler. Der Anteil der Beschäftigten, die zum Teil lange Wege zum Arbeitsplatz und zurück in Kauf nehmen, ist im vergangenen Jahr um 0,2 Prozentpunkte auf einen neuen Rekordwert von 59,4 Prozent gestiegen, wie das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung der Deutschen Presse-Agentur in Berlin mitteilte. Damit wuchs die Zahl der Pendler von knapp 18 auf 18,4 Millionen.

Die Stadt mit den meisten Arbeitnehmern, die außerhalb wohnen, war München mit 365.000 Pendlern. Zu den Hauptgründen zählten die hohen Miet- und Immobilienpreise in den Städten sowie die gestiegene Beschäftigung, sagte der Experte Thomas Pütz des in Bonn ansässigen Bundesinstituts der dpa.

Wesentlich mehr Pendler von Ostdeutschland in die westlichen Bundesländer

Die Linke-Bundestagsabgeordnete Sabine Zimmermann hob hervor, dass auch immer noch viel mehr Beschäftigte aus Ostdeutschland zumArbeiten in die westlichen Bundesländer pendeln als umgekehrt. 2016 pendelten rund 404.000 ostdeutsche Beschäftigte in den Westen, umgekehrt kamen aus Westdeutschland im Jahr 2016 nur 158.000 Beschäftigte zum Arbeiten in die neuen Länder.

Angesichts der negativen Folgen des Pendelns für die Umwelt durch Verkehr und Flächenverbrauch sowie für die Gesundheit der Betroffenen forderte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) bereits im Frühjahr: „Wir müssen in die Verbindung von Stadt und Land investieren, durch einen modernen und leistungsfähigen ÖPNV zum Beispiel.“ Sie forderte zudem mehr Jobtickets für Pendler.

Arbeitgeber gefordert

„Der Preis der erhöhten Mobilität ist zunehmender Stress, insbesondere bei den so genannten Fernpendlern, bis hin zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen“, sagte Linken-Fraktionsvize Zimmermann. Tatsächlich wird Pendeln häufig als Belastung wahrgenommen, die sich auf die Gesundheit auswirken kann, wie das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung in Wiesbaden warnt.

Zimmermann sagte: „Hier sind die Arbeitgeber gefordert, Arbeitszeitmodelle zu finden, die den Beschäftigten Flexibilität einräumen und dem Pendelstress entgegen wirken.“ Der hohe Pendlerüberschuss von Ost nach West sei Ausdruck der Flucht vor Arbeitslosigkeit und Niedriglöhnen in den neuen Ländern. „Über 25 Jahre nach der Wende kann definitiv nicht von gleichwertigen Lebensverhältnissen gesprochen werden.“

Nicht nur zwischen Großstädten und Umland, auch zwischen den Bundesländern gibt es immer mehr Pendler. Waren dies 1999 noch 2,17 Millionen Arbeitnehmer, stieg die Zahl bis 2016 auf 3,15 Millionen. Das errechnete Zimmermann anhand der einschlägigen Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA), die auch die Grundlage für die Angaben des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung sind. Im Durchschnitt werden auch die Pendel-Entfernungen immer länger. (dpa)