Berlin. Das Institut soll eine Million Euro an Bürger verschenkt haben. Der Steuerzahlerbund ist empört. Landete das Geld vielfach im Müll?

Für viele Menschen auf der Welt bedeutet das Öffnen eines Briefes nichts Gutes. Entweder hält der Empfänger Werbung in der Hand oder eine Rechnung. Einige ausgewählte Bürger in Deutschland haben in den vergangenen Tagen noch eine dritte Alternative bekommen: Post vom Robert-Koch-Institut mit einem Fünf-Euro-Schein. Ein Brief vom RKI hätte vor nicht allzu langer Zeit vielleicht zur Corona-Panik geführt, jetzt soll er ein Anreiz sein, an einer neuen Studienreihe zur „Gesundheit in Deutschland“ teilzunehmen. Bislang führt die Aktion aber eher zur Kritik als zu neuen Studienergebnissen.

Bis Ende April will die Gesundheitsbehörde 30.000 Menschen ab einem Alter von 16 Jahren für ihre Studie gewinnen. Für dieses ambitionierte Ziel lädt das Robert-Koch-Institut derzeit 180.000 Bundesbürger in mehr als 300 Städten und Gemeinden ein. Per Brief mit Fünf-Euro-Schein. Eine Sprecherin des RKI bestätigte und rechtfertigte den Einsatz gegenüber der „Bild“: „Der Einsatz von sogenannten Incentives (Anreizen, d. Red.) zur Förderung der Studienteilnahme ist gängige Praxis und wurde in der methodischen Forschung umfangreich untersucht.“ Diese „Incentives“ kommen allerdings aus den Kassen des Bundesministeriums für Gesundheit und damit aus den Taschen der Steuerzahler.

Fünf-Euro-Schein per Post: Für den Bund der Steuerzahler eine „Verschwendung von Steuergeld“

180.000 Briefe mit jeweils einem Fünf-Euro-Schein, das sind 900.000 Euro Steuergelder. Stellt sich die Frage, wie viel davon ungeöffnet im Müll gelandet ist, weil die Post für Werbung gehalten wurde. Das Geld können die angeschriebenen Bürger übrigens auch behalten, wenn sie nicht an der Studie teilnehmen. Falls doch, gibt es sogar noch mal zehn Euro obendrauf. Der Bund der Steuerzahler (BdSt) kritisiert diese Vorgehensweise in der „Bild“-Zeitung. „Abgesehen von einer vermutlich sinnvollen Gesundheitsumfrage – und abgesehen von der Methode, Bargeld in Briefen zu versenden: Bei dieser augenscheinlichen Verschwendung von Steuergeld droht ein Beitrag im Schwarzbuch. Offenbar geben hier alle Steuerzahler Geld für einen ausgesuchten Personenkreis aus“, so BdSt-Präsident Reiner Holznagel.

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Der Personenkreis (wie auch die Wohnorte) wird laut Robert-Koch-Institut im Rahmen einer Zufallsstichprobe ausgewählt. Wer das Glück hat, ausgewählt worden zu sein und beschließt, an der sogenannten Panel-Studie teilzunehmen, bekommt zwar 15 Euro geschenkt, muss dafür aber auch etwa alle drei Monate einen Fragebogen zu seiner Gesundheit ausfüllen. Bei einer Panel-Studie wird eine Gruppe über einen längeren Zeitraum immer wieder befragt. „Mit dem Panel wird es möglich, schnell und regelmäßig aktuelle Daten zur Gesundheit zu erheben“, erläutert Lars Schaade, Präsident des Robert-Koch-Instituts. „Auch in einer Krise ist damit zukünftig die Infrastruktur vorhanden, um sehr schnell Antworten auf gesundheitliche Fragestellungen zu erhalten.“

In der Studie sollen verschieden Themen abgefragt werden. Wie es den Menschen in Deutschland geht, welche Vorsorgeuntersuchungen sie wahrnehmen, wie es um ihre seelische Gesundheit steht und wie sich die Gesundheit der Bevölkerung im Allgemeinen entwickelt. Wer also in den nächsten Tagen einen unerwarteten Brief vom Robert-Koch-Institut in den Händen hält, muss keine Angst vor Corona haben, sondern kann sich um die medizinische Aufklärung in Deutschland verdient machen. Oder einfach fünf Euro einstreichen. Also Post aufmachen, bevor das Geld im Müll landet.