Berlin. Die Bahn ist ein Sanierungsfall und wird noch Jahre lang Probleme machen. Höchste Zeit die Kunden mal zu verwöhnen – auch beim Preis.

Irgendein Problem mit der Bahn kann jeder Reisende fast täglich erleben. Mal kommen Züge verspätet, mal fallen sie ganz aus. Mal verpasst man einen Anschluss, weil das Abfahrtsgleis falsch angegeben wurde oder der Zubringerzug Verspätung hatte. Mal bekommt man keinen Sitzplatz, weil die Züge proppenvoll sind. Mal sind Toiletten gesperrt. Mal bringt defekte Technik einen Zug auf offener Strecke zum Stehen. Irgendwas ist eigentlich immer. Fast jeder hat seine ganz persönliche Reiseerfahrung. Klar ist: Alle diese Erlebnisse sind für Kundinnen und Kunden maximal ärgerlich. Die Deutsche Bahn hat viele Defizite und offene Baustellen, die dringend gelöst werden müssen.

Die Monopolkommission macht nun ein weiteres Fass auf und stellt die Aufstellung des Staatskonzerns in seiner jetzigen Form generell infrage. Zum wiederholten Mal empfiehlt das Gremium der Bundesregierung, die Bahn zu zerschlagen. Das bedeutet: Die Deutsche Bahn inklusive Infrastruktur soll nicht mehr aus einer Hand gesteuert, sondern in zwei Unternehmen getrennt werden. Der Zugbetrieb – also der Nah-, Fern- und Güterverkehr – soll danach weiter von der Deutschen Bahn gelenkt werden. Doch das 33.000 Kilometer lange Schienennetz mit seinen Bahnhöfen, Stellwerken und Brücken soll von einem unabhängigen Unternehmen gesteuert werden. Dies ist aus Sicht der Monopolkommission die notwendige Voraussetzung für mehr Wettbewerb auf der Schiene, aber auch für eine bessere Qualität der Infrastruktur.

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Auch die Regierungskoalition will die Bahn verschlanken, indem das Netz künftig in eine gemeinwohlorientierte Infrastruktursparte ausgelagert werden soll. Diese soll jedoch weiter vom Vorstand der Deutschen Bahn unter einem Dach gemanagt werden. Die Monopolkommission begrüßt diese Pläne als Übergangslösung, fordert aber eine personelle Unabhängigkeit des Vorstands und Aufsichtsrates für die neuen Gesellschaft.

Deutsche Bahn braucht jetzt vor allem viel Geld

Wirtschaftsredakteurin Beate Kranz
Wirtschaftsredakteurin Beate Kranz © Reto Klar

Grundsätzlich ist eine Trennung von Schiene und Betrieb sinnvoll. Allerdings lenkt die Idee vom aktuellen Kerndesaster des Konzerns ab. Eine Zerschlagung der Deutschen Bahn wird nämlich keines der täglichen Probleme des Konzerns lösen – sie ist allenfalls ein zweiter Schritt. Die Bahn braucht in den nächsten Jahren vor allem Geld, viel Geld und noch mehr Geld, um das teilweise marode Schienennetz, inklusive baufälliger Brücken und überalterter Stellwerke zu sanieren.

Jahrzehntelang wurde zu wenig in den Ausbau der Infrastruktur investiert, die Schiene auf Verschleiß gefahren. Das Motto muss deshalb vorrangig heißen: Investieren, Sanieren und Ausbauen. Hier müssen vor allem Staatsmilliarden locker gemacht werden, wie dies auch für den Straßenbau üblich ist.

Deutsche Bahn: Kundschaft muss verwöhnt werden

Auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing als „Eigentümer“ des Staatskonzerns hat die Dringlichkeit erkannt – und milliardenhohe Investitionsprogramme angeschoben. Mit dem unvermeidlichen Nebeneffekt, dass viele Strecken in den nächsten Jahren mit Baustellen gespickt sein werden und sich die Fahrgäste auf teils deutlich längere Fahrtzeiten einstellen müssen.

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Die große Herausforderung für die Bahn ist es jetzt, ihre Kundschaft trotz aller Unannehmlichkeiten zu behalten und neue dazuzugewinnen. Wie? Durch Verwöhnen. Dies kann über einen besser getakteten Fahrplan geschehen, mit dem man auch Anschlusszüge erreichen kann. Über mehr Informationen bei Störungen. Aber auch über finanzielle Anreize wie günstige Tickets. Das Deutschlandticket funktioniert dabei im Nahverkehr bereits blendend. Als weiteres Dankeschön sollte die nächste Preiserhöhung im Fernverkehr einfach komplett ausfallen.