Wermelskirchen. Eine Sekundarschule in Wermelskirchen soll Schüler in Jogginghose vom Unterricht ausgeschlossen und nach Hause geschickt haben. Ist das rechtlich zulässig?

Ein Jogginghosen-Verbot an einer Schule in Nordrhein-Westfalen schlägt hohe Wellen. Medienberichten zufolge hat die Leitung der Sekundarschule in Wermelskirchen begonnen, die schon länger geltende Kleiderordnung der Schule umzusetzen und Schüler in Jogginghosen nach Hause geschickt. Dies sorgt laut den Berichten für Ärger bei den Schülerinnen und Schülern und ihren Eltern.

Von der Schule hieß es am Mittwoch, man wolle die Kleiderordnung „trotz Kritik in den Medien“ aufrechterhalten. „Wir möchten unsere Schüler:innen dazu animieren, Kleidung zu tragen, die nicht zum "Chillen" verleitet.“ Für die Vorbereitung auf das Berufsleben sei einer Abkehr von der Jogginghose wichtig, teilte die Schule weiter mit.

Zunächst hatte die Schule für Medienanfragen an die Bezirksregierung in Köln verwiesen. Dort hieß es, es seien wohl „nur einige wenige Schüler zum Kleidungswechsel aufgefordert worden“. Ein Behördensprecher verwies zudem allgemein auf das Schulgesetz NRW, wonach die Schulkonferenz sich auf eine Kleiderordnung einigen kann, wenn die Schülervertreter dies mittragen. Dies sei 2019 geschehen. Der Konferenzbeschluss von 2019 werde immer noch mehrheitlich durch die Schulgemeinschaft getragen und sei damit Teil der Schulordnung.

Landesschülervertretung kritisiert das Vorgehen

Dabei findet sich die Kleiderordnung, die das Tragen von Jogging- und Trainingshosen nicht gestattet, auf der Schul-Website. Zudem ist dort ein Brief an die Eltern mit Datum von vergangener Woche zu sehen, in dem die Schule ankündigt, Schüler bei Verstoß gegen die Kleiderordnung nach Hause zu schicken.

Die Landesschülervertretung kritisierte das berichtete Vorgehen. „Der sofortige Ausschluss vom Unterricht ist auf jeden Fall nicht der richtige Weg“, sagte Vorstandsmitglied Julius Lachmann auf Anfrage. Im Schulgesetz sei lediglich von einer Empfehlung die Rede.

„Man muss sich fragen, ob eine Jogginghose wirklich den Schulfrieden gefährdet und einen Ausschluss rechtfertigt“, sagte Lachmann. Fragwürdig sei zudem, dass die Kleiderordnung vier Jahre lang nicht umgesetzt worden sei. Daher hätte vorher die aktuelle Schülerschaft befragt werden sollen, ob eine Zustimmung überhaupt noch vorliegt.

Aus dem NRW-Schulministerium hieß es, das Ministerium begrüße es, wenn sich die Schulgemeinden vor Ort über eine einheitliche Schulkleidung verständigten. Das Schulgesetz biete dafür einen guten Rahmen. Das äußere Erscheinungsbild eines Schülers sei allerdings grundsätzlich eine persönliche Angelegenheit, die durch das Grundgesetz geschützt werde. Eine zwangsweise Einführung, die für alle Schülerinnen und Schüler gelte, sei nicht möglich. Als rechtswidrig wollte ein Ministeriumssprecher das Verhalten der Schulleitung aber nicht einstufen: „Es kommt auf den konkreten Einzelfall an.“

„Verhältnismäßigkeit der Maßnahme zweifelhaft“

„Die Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahme ist doch eher zweifelhaft und rechtlich bedenklich“, sagte Beate Schulte zu Sodingen, auf Schulrecht spezialisierte Rechtsanwältin, der Deutschen Presse-Agentur. Laut NRW-Schulgesetz könne die Schulkonferenz ausdrücklich nur eine Empfehlung aussprechen. Betroffene Eltern könnten nun zunächst Beschwerde bei der Schulaufsicht einreichen.

Der Verband Bildung und Erziehung hatte bereits 2016 mitgeteilt, dass die Schulen den Schlabberlook nicht wirklich verbieten könnten. Auch für Schüler gelte „das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit“. 2019 hatte eine Realschule in Bad Oeynhausen ebenfalls per Schulkonferenzbeschluss Jogginghosen verboten. Dort hatte jeder Schüler drei Verwarnungen frei. Erst beim vierten Mal sollten die Schüler zum Umziehen nach Hause geschickt werden.