Schülerinnen und Schüler haben während der Corona-Pandemie mehr als ein Drittel eines Schuljahres an Lernfortschritt verpasst. Zu diesem Schluss kommt eine großangelegte Metastudie der Universität Oxford, die am Montag im Wissenschaftsjournal "Nature Human Behaviour" veröffentlicht wurde.
Für ihre Analyse sahen sich die Studienautoren etliche Studien aus fünfzehn Ländern, darunter auch Deutschland, an. Ihr Ergebnis: In allen Ländern wurden Lerndefizite bei Schülerinnen und Schülern festgestellt. Besonders betroffen sind demnach Kinder aus sozial und wirtschaftlich schwachen Haushalten. Die Defizite seien in Mathematik größer als bei der Lesekompetenz. In den reichsten Ländern seien die Defizite etwas weniger gravierend. In den ärmsten Ländern sei die Studienlage nicht ausreichend für verlässliche Aussagen.
Schulschließungen sorgten für Rückstände
Als Hauptgrund für die Rückschläge nennen die Studienautoren die Schulschließungen während der Pandemie. Davon seien in etwa 95 Prozent aller Schülerinnen und Schüler weltweit betroffen gewesen. Aber auch Hybrid-Unterricht und ein eingeschränkter Präsenzunterricht hätten zu den Lerndefiziten beigetragen.
Die Studienautoren gehen zudem nicht davon aus, dass die Lernrückstände, die früh in der Pandemie entstanden sind, schnell aufgeholt werden können. Bis Mai 2022 seien den Schülern etwa 35 Prozent eines Schuljahres verloren gegangen. Bemühungen aus Politik und seitens der Schulen hätten zwar Wirkung gezeigt; die Lerndefizite hätten sich im Laufe der Pandemie nicht weiter verschlimmert. Die Rückstände, die zu Beginn entstanden sein sollen, konnten demnach aber auch nicht aufgeholt werden.
Lauterbach: Schulschließungen waren falsche Entscheidung
Bastian Betthäuser, Co-Autor der Studie, sagte dem Wissenschaftsmagazin "Nature": "Das wird ein echtes Problem für diese Schüler-Generation." Ohne ein Gegensteuern würden die betroffenen Schülerinnen und Schüler später Probleme auf dem Arbeitsmarkt haben.
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Auch in Deutschland waren die Schulen zeitweise geschlossen. Die Maßnahme galt als hochumstritten. Kinderärzte, Jugendpsychologen, Sozialarbeiter und Bildungsforscher warnten vor psychischer Überlastung, zunehmender häuslicher Gewalt und Lerndefiziten. Der ehemalige Chef des Robert Koch-Insitut Lothar Wieler räumte jüngst in einem Interview ein, dass es zu den Schließungen Alternativen gegeben hätte. Gesundheitsminister Karl Lauterbauch (SPD) bezeichnete die Dauer der Schulschließungen als "Kritikpunkt". Sie seien aber auf Empfehlung der Wissenschaftler beschlossen worden. Auch die Kita-Schließungen seien "nicht nötig" gewesen.
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