Rom. Die EU hat Warnhinweise auf Weinflaschen ähnlich wie auf Zigarettenpackungen durchgesetzt. Italiens Winzer laufen jetzt dagegen Sturm.

Warnhinweise auf Alkoholprodukten, etwa nach dem Vorbild der Warnetiketten auf Zigarettenpackungen? Nein, danke. Das Weinland Italien startet einen Feldzug gegen Pläne der EU, auf Weinflaschen eine Warnung vor Gesundheitsrisiken vorzuschreiben. So protestieren Winzer heftig gegen die jüngste Entscheidung der EU, Irland die Einführung von Schock-Etiketten nach dem Vorbild von Zigarettenschachteln auf Alkoholprodukten zu erlauben.

"Dass die Europäische Union grünes Licht für Warnetiketten auf Wein gibt, ist ein direkter Angriff gegen Italien, den weltweit führenden Wein-Erzeuger und -Exporteur mit einem Umsatz von über 14 Milliarden Euro, von denen mehr als die Hälfte im Ausland generiert werden", kommentiert der Landwirtschaftsverband Coldiretti, der vor "Terror-Etiketten" auf Weinflaschen warnt.

"Einseitig" und "diskriminierend": Winzer auf den Barrikaden

"Es ist völlig unangebracht, den übermäßigen Konsum von Spirituosen, wie er in den nordischen Ländern üblich ist, mit dem mäßigen und bewussten Konsum von Qualitätsprodukten mit geringerem Alkoholgehalt wie Bier und Wein gleichzusetzen", meint der Präsident von Coldiretti, Ettore Prandini. Die Verpflichtung der EU, die Gesundheit der Bürger zu schützen, könne nicht mit Entscheidungen umgesetzt werden, die die Gefahr bergen, dass einzelne Produkte unabhängig von der konsumierten Menge auf ungerechte Weise "kriminalisiert" werden, so Prandini.

Als "einseitige, diskriminierende und unverhältnismäßige Regelung", bezeichnete Micaela Pallini, Präsidentin des Verbands der italienischen Weinproduzenten Federvini, die irische Verordnung, die vorsieht, dass auf allen im Land verkauften alkoholischen Getränken Warnhinweise über den Zusammenhang zwischen Alkohol und dem Risiko von Krebs und Lebererkrankungen angebracht werden müssen. Es sei gefährlich, nicht zwischen Missbrauch und normalem Konsum zu unterscheiden. "Produkte unserer mediterranen Landwirtschaft werden kriminalisiert, ohne dass damit messbare und wirksame Vorteile im Kampf gegen unverantwortlichen Konsum erreicht werden können", so Pallini weiter.

Italiens rechtspopulistische Regierung schaltet sich ein

Edelwinzer Lamberto Frescobaldi, Erbe einer Dynastie von Adeligen, die seit Generationen in der Toskana den renommierten Chianti produziert, fürchtet, dass durch Warnetiketten das Image des Weins Schaden nehmen könnte. Wein gebe es seit Jahrtausenden, moderat genossen gebe es keine Schädigungen.

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Die Warnetiketten auf Wein beschäftigen auch die Politik in Rom. "Nicht der Wein, sondern die Lügen schaden der Gesundheit", kritisiert Landwirtschaftsminister Francesco Lollobrigida. Er werde alles unternehmen, damit die italienischen Produkte geschützt werden. Der Streit um die Schock-Etiketten stärken den Willen des Landwirtschaftsministers, Italiens Ernährungssouveränität in Brüssel zu verteidigen. Der Schutz der italienischen Landwirtschaft und die Aufwertung nationaler Lebensmittelprodukte ist eine Priorität für die seit Oktober amtierende Regierung um die rechtspopulistische Premierministerin Giorgia Meloni. Landwirtschaftsminister Lollobrigida wettert gegen EU-Labels für Lebensmittel wie Nutriscore, eine Kennzeichnung in Ampelfarben als Hinweis auf Zucker- und Fettgehalt. Er setzt sich rigoros gegen die Einführung "jeglicher Produktklassifizierungsinstrumente zum Nachteil der italienischen Agrar- und Ernährungswirtschaft" ein.

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Erbitterter Kampf gegen alkoholfreien Wein

"Es ist die Qualität der Lebensmittel, die Italien zu einem Spitzenreiter in der Welt macht. Für unsere Nation ist es von grundlegender Bedeutung, diese Kultur zu bewahren, zu festigen und weiterzuentwickeln", meint Lollobrigida. Der Minister aus den Reihen von Melonis postfaschistischer Partei Fratelli d´Italia führt auch einen erbitterten Kampf gegen alkoholfreien Wein. "Ich glaube, dass Wein Alkohol enthalten muss, jeder kann frei entscheiden, ihn zu trinken oder nicht. Alkoholfreier Wein ist kein Wein, sondern etwas anderes", sagt Lollobrigida. Auch Laborfleisch und Insekten als Lebensmittel, wie sie die EU fördern will, sind für den Minister ein rotes Tuch vor Augen.

"Weltweit wird eine Produktion forciert, die alle Menschen ernähren soll, ohne dass man sich Gedanken darüber macht, was sie essen. Wir müssen uns dem Versuch widersetzen, unsere Lebensmittel in Laborprodukte zu verwandeln", erklärt der Minister.