Madrid. Zu dick, zu alt – was junge Frauen beim Auswahlverfahren erlebt haben wollen, schockiert die Flugbranche. So reagiert Kuwait Airways.

Angehende Stewardessen erlebten den reinsten Alptraum: Beim mehrstündigen Einstellungstest für einen Job als Flugbegleiterin bei Kuwait Airways, der staatlichen Airline des Ölstaates Kuwait, hätten sie sich bis auf die Unterwäsche ausziehen müssen, erzählten übereinstimmend mehrere der Kandidatinnen. „So etwas habe ich noch nie erlebt”, sagte Bianca (23) dem spanischen TV-Sender Cuatro.

Sechs Frauen berichteten in der spanischen Zeitung „El Diario“ über die Eignungsprüfung, die von einer internationalen Personalagentur im Auftrag von Kuwait Airways organisiert worden war. Inzwischen prüfen Spaniens Behörden, ob durch die Art des Sexismus gegen das Arbeitsgesetz verstoßen wurde, das jede Art von Diskriminierung bei der Jobsuche untersagt. Lesen Sie auch: British Airways erlaubt Make-up für alle Crew-Mitglieder

„Sie baten mich, den Mund zu öffnen, und schauten sich meine Zähne an – als ob ich ein Hund wäre“, erinnert sich Bianca in „El Diario“. Anderen Frauen sei gesagt worden: „Dein Lächeln gefällt uns nicht.“ Oder: „Du hast zu viele Pickel.“ „Du wiegst zu viel“, musste sich eine Bewerberin anhören.

Kuwait Airways: Bewerberinnen mussten sich bis auf die Unterwäsche ausziehen

Verstört, geschockt und weinend hätten Frauen den Raum verlassen, wo sie sich sogar – vor einer weiblichen Personalvermittlerin – ihrer Kleidung entledigen hatten müssen, um halb nackt zu einer Körperbeschau anzutreten. „Ich habe mich wie im Zoo gefühlt“, sagte eine Frau.

Sie habe zunächst „nur den Rock ein wenig angehoben“, erzählt Bianca. Dann wurde ihr der Rock bis zum Slip hochgezogen. Auch den Reißverschluss ihres Oberteils musste die angehende Flugbegleiterin bis zur Hüfte öffnen. Warum? „Um zu sehen, dass keine Narben, Muttermale oder Tätowierungen sichtbar sind“, habe die Antwort gelautet. Sie und andere sprechen von Diskriminierung.

Angehende Stewardessen: Kleine Narbe oder Pigmentfleck als Grund für eine Absage

Mariana (23) hat ebenfalls keine guten Erinnerungen an die Bewerbungsprozedur. „Eine Frau, die sieben Sprachen beherrschte, wurde abqualifiziert, weil sie eine kleine Narbe an einer Augenbraue hatte. Sie sagten ihr: ,Deine Sprachen sind uns egal – wir nehmen keine Bewerberinnen mit Narben.‘“ Eine andere sei wegen Pigmentflecken im Gesicht abgewiesen worden. Auch Brillen oder Zahnspangen seien Gründe für eine Ablehnung gewesen.

Mariana bestand den Einstellungstest nicht. „Sie sagten mir, dass ich einen Körper habe, der einer Achterbahn gleiche, mit vielen Kurven. Und dass ihnen dies nicht gefalle.“

Rassismus: Abfuhr von Personalagentur auch für Flugbegleiter mit dunkler Hautfarbe

Eine Bewerberin mit afrikanischen Wurzeln absolvierte zunächst erfolgreich die Auswahlrunde, bekam aber wenig später doch noch eine Abfuhr von der Personalagentur: „Es tut uns leid, dir mitteilen zu müssen, dass Kuwait Airways keine Flugbegleiter mit dunkler Hautfarbe einstellt.“

Die von Kuwait Airways beauftragte Personalvermittlung weist die Vorwürfe zurück. „Das Unternehmen bestreitet entschieden die Wahrhaftigkeit der verleumderischen Behauptungen“, heißt es in einer Erklärung, die über ein spanisches Anwaltsbüro verbreitet wurde.

Sexismus: So reagiert die betroffene Airline Kuwait Airways auf die Vorwürfe

Auch Kuwait Airways reagierte inzwischen: „Wir möchten hervorheben, dass Kuwait Airways keinen Vorgang toleriert, der eine Person demütigt oder erniedrigt.“ Man habe eine Untersuchung veranlasst. Wenn die Ergebnisse vorlägen, werde man angemessene Maßnahmen ergreifen, erklärt die Fluglinie in einem Schreiben, das vom Branchenportal Aviacionline publiziert wurde. Auch interessant: Was tun, wenn der Flug abgesagt wird?

Spaniens Arbeitsstaatssekretär, Joaquín Pérez Rey, verkündete in einer Pressekonferenz, dass die von den Bewerberinnen geschilderten Praktiken nicht akzeptabel seien. „Die Auswahlverfahren für eine Arbeitsstelle dürfen nicht derart schlimm die Privatsphäre und Würde verletzen.“ Sollte ein strafrechtlich relevanter Verstoß vorliegen, werde man den Staatsanwalt einschalten, sagte Pérez Rey. Im Falle einer erwiesenen Rechtsverletzung könnten dann empfindliche Geldstrafen in sechsstelliger Höhe fällig werden.

So sind die Bedingungen bei der deutschen Lufthansa

Auch Deutschlands größte Fluggesellschaft, die Lufthansa, hat aktuell Personalbedarf. In den nächsten Wochen finden mehrere Castingtermine in Frankfurt und München statt, wie das Unternehmen auf Anfrage unserer Redaktion mitteilte.

Bewerberinnen und Bewerber müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllen, um als Kabinenpersonal arbeiten zu können – dazu gehört, dass sie nicht kleiner als 1,55 Meter und nicht größer als 1,95 Meter sein dürfen. Tattoos und anderer Körperschmuck spielt nach Lufthansa-Angaben jedoch keine Rolle für die Auswahl. Die Kriterien von Kuwait Airways wolle man nicht kommentieren, hieß es.