Amsterdam. Morddrohungen gegen Kronprinzessin Amalia dämpfen das neue Studentenleben. Bis auf Weiteres muss sie im Palast in Den Haag bleiben.

Es ist ein ebenso aufregender wie bedeutender Lebensabschnitt: der Auszug aus dem Elternhaus, die erste eigene Wohnung, eine neue Freiheit. Catharina-Amalia aus Den Haag hatte gerade den Führerschein gemacht, wollte nun in Amsterdam Politik, Psychologie und Jura studieren und zog in eine WG. Ganz normal für eine 18-Jährige – doch nichts ist normal in ihrem Leben. Denn Amalia ist eine Prinzessin, ihre Eltern sind König Willem-Alexander und Königin Máxima. Nur fünf Wochen nach ihrem Auszug ist Amalia wieder zurück bei ihren Eltern im Palast Huis ten Bosch in Den Haag: Ihre Sicherheit war gefährdet. Es gibt massive Drohungen gegen die Thronfolgerin.

"Sie kann nicht mehr aus dem Haus", sagte Königin Máxima am Rande des Staatsbesuches des Paares in Schweden. "Das hat große Konsequenzen für ihr Leben, dass sie nicht nach draußen kann. Sie hat kein Studentenleben wie andere Studenten. Ich bin sehr stolz auf sie, wie sie das alles durchhält." Es sei nicht schön, sein Kind so zu sehen. Willem-Alexander sprach von einer "sehr harten Situation".

Niederlande: Prinzessin Amalia bekommt Morddrohungen

Auch Regierungschef Mark Rutte schaltete sich ein. Die Lage sei "schrecklich", er sei "sehr besorgt". "Ich garantiere, dass unsere Sicherheitsbehörden Tag und Nacht arbeiten, um ihre Sicherheit sicherzustellen", schrieb Justiz- und Sicherheitsministerin Dilan Yesilgöz-Zegerius. Lesen Sie auch: Amalia der Niederlande - Studentenwohnung sorgt für Ärger

Worin genau die Drohungen bestehen, sagte der Palast nicht. Doch in den Niederlanden gilt es als offenes Geheimnis, dass Amalia ins Visier der berüchtigten Mocro-Mafia geraten ist. Sie soll eine Entführung oder einen Anschlag geplant haben. Ein entsprechender Bericht der Zeitung "De Telegraaf" von September wurde vom Palast weder bestätigt noch dementiert.

Niederlande auf dem Weg zum Narcos-Staat

Die Niederländer sind entsetzt. Ihr Land, eines der wohlhabendsten, fortschrittlichsten und sichersten der Welt, wird in Angst versetzt von einer Drogenbande, deren Schreckenstaten eher an ein lateinamerikanisches "Narcos-Land" denken lassen. Der frühere Generalkonsul der Niederlande, Hans van Bemmelen, sprach angesichts des Hausarrests von einer "Schande". Das sei "nicht tolerierbar".

Auch der junge mutmaßliche Killer, der im Juli 2021 den bekannten Kriminalreporter Peter de Vries auf offener Straße in Amsterdam niedergeschossen haben soll, handelte vermutlich im Auftrag der Mocro-Mafia. Die Verbrecherbande, deren Mitglieder ihre Wurzeln meist in Marokko haben, agiert international, Kokainhandel ist ihr Kerngeschäft. Bis zu 20 Morde jährlich sollen auf ihr Konto gehen – Hinrichtungen innerhalb des Gangster-Milieus, oft im öffentlichen Raum. Dabei schrecken sie auch vor Folter und Enthauptungen nicht zurück. Auch interessant: König Willem-Alexander ernsthaft erkrankt: Maxima hat große Befürchtung

Anführer Ridouan Taghi (44) sitzt in der Strafanstalt EBI in Vught, soll von dort seine Geschäfte weiterführen. Sein Wahlspruch: "Wer auspackt, stirbt." Angeblich soll er auch angewiesen haben, Regierungschef Rutte Schaden zuzufügen. Seine Anordnungen habe er über Koranverse chiffriert. Rutte darf nun kein Rad mehr fahren.

Soll Amalia als Symbolfigur des Landes für einen Racheakt herhalten?

Die Mocro-Mafia verdient ihr Geld jedoch mit Kokain, nicht mit Kidnapping. Entführungen mit dem Motiv, Geld oder Forderungen wie Freilassungen zu erpressen, sind generell selten und führen die Verbrecher kaum ans Ziel. Die Entführung eines Mitglieds einer königlichen Familie bedeutete das maximale Risiko für Kriminelle. 1976 versuchte ein Brite, Prinzessin Anne, Tochter der Queen, zu entführen, und scheiterte. Möglicherweise soll Amalia auch als Symbolfigur des Landes für einen Racheakt herhalten.

Ein Leben im goldenen Käfig dürfte der Prinzessin schwerfallen. Wo es ging, versuchte sie bisher so zu leben wie andere junge Frauen: "Cocktail Queen" ist ihr Spitzname, folglich nannte sie ihr geliebtes Pferd "Mojito". Im Sommer jobbte sie in einer Strandbar in Scheveningen. Ihr Studium will sie fortsetzen – vorerst von zu Hause aus. Nach ihrem Bachelorabschluss in drei Jahren will sie eigentlich zwei Jahre ins Ausland. Im Moment aber muss sie jeden Schritt außerhalb des Schlossgeländes mit ihrem Sicherheitsstab abklären.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.