Berlin. In sozialen Netzwerken ist er ein Star, Millionen junger Männer folgen dort Andrew Tate. Der fällt vor allem mit Hassbotschaften auf.

"Top G! Top G! Top G!" – die Fans von Andrew Tate schreien seinen Namen wie ein Credo. Jugendliche und junge erwachsene Männer sind unter ihnen. Sie alle wollen sich fühlen wie er – reich, mächtig und in jeder Hinsicht überlegen. Der Weg zum Thron wird nur mit "Tränen" und "Blut" erreicht, wie er in einem Instagram-Post weiß machen will. Eine Botschaft, die der ehemalige Kickboxer sehr ernst nimmt.

Als Ex-Sportler us-britischer Abstammung bewegt sich der 35-Jährige seit Jahren in der Öffentlichkeit. Während seines Auftritts bei der britischen Version von Big Brother wurden zwei Videos veröffentlicht, in denen Tate Frauen misshandelt haben soll. Die Betroffenen gaben später an, dass alles einvernehmlich gewesen sei. Der Vorfall hat seine TV-Karriere beendet, seiner Online-Berühmtheit tat er keinen Abbruch. In den USA war Andrew Tate zuletzt mehr gegoogelt worden als der Ex-Präsident Donald Trump.

Andrew Tate: Social-Media-Star trotz Hassbotschaften

2017, als die Metoo-Debatte losbrach und männlichen Machtmissbrauch in den Fokus der Öffentlichkeit spülte, twitterte Tate, Opfer von Vergewaltigungen hätten einen Anteil an dem erfahrenen Leid. Sein Konto ist längst gesperrt, er braucht es aber auch nicht. Tiktok und Instagram bieten ihm weiter eine Bühne.

Auf Instagram verfolgen über 4,5 Millionen Follower das Leben des selbsternannten "Top Gangsters" (kurz Top G) mit. Auf der Videoplattform Tiktok erfreuen sich seine Inhalte größter Beliebtheit, millionenfach wird der Hashtag #andrewtate geklickt. Sie sind teilweise im Stil von Erklärvideos gehalten, vermitteln den Eindruck, das Gesagte sei unumstößlich. Immer wieder spült sie der Algorithmus in die Newsfeeds der Nutzenden.

Vor allem junge Menschen springen auf Tates Botschaften an, zumeist sind die Follower männlich. Sie feiern seine Inhalte, verehren Tate. Doch dessen Botschaften werden zunehmend kontrovers diskutiert. Es geht um Frauenfeindlichkeit, Homophobie und überzogene Vorstellungen von vermeintlicher Männlichkeit.

Andrew Tate: Online-Kurse für "men only"

Tate bietet im Internet Kurse an, mit Hilfe derer Männer lernen können, wie sie Millionäre werden. Geld sei einfach zu verdienen, macht seine Website glauben, und überhaupt das Wichtigste. "Hustler’s University" heißt seine nicht öffentlich anerkannte Bildungseinrichtung, die sich an "men only" richtet. Für 49 US-Dollar bilden dort seine Soldaten, wie er sie nennt, Männer zum Erfolg aus.

Erfolg, darunter versteht Tate vor allem Geld und Macht. Seine Website spricht eine recht eindeutige Bildsprache. Männer in schicken Anzügen posieren mit Zigarren hinter dicken Sonnenbrillen. Tate selbst behauptet, dass er oft mit dem Gott Morpheus verglichen wird, der in der griechischen Mythologie für die Verkörperung der Träume eines Menschen steht.

Frauen haben in der "Hustler’s University" keinen Platz. Die vergleicht er gerne mit "Goldgräbern", die verstanden hätten, dass ihr Weg zum Reichtum über ihr Äußeres führt. "Sie sind bei Tate – und das gibt er ganz offen zu – Besitzobjekte, die einzig und allein der Erfüllung seiner Bedürfnisse zu dienen haben", beschreibt die Autorin und Expertin für Internet-Hass, Veronika Kracher, Tates Frauenbild bei "Deutschlandfunk Nova".

Die Idee der Gleichberechtigung von Mann und Frau ist für ihn "liberaler Müll". Frauen seien ohnehin angewiesen darauf, dass Männer diese Ideen verteidigten. Als Beispiel nennt er etwa afghanische Frauen, die nicht selbst zur Waffe griffen, um für ihre Freiheit zu kämpfen. Tate, der weder Feminismus- noch Afghanistan-Experte ist, blendet dabei aus, dass in der ehemaligen Armee Afghanistans durchaus Frauen dienten, mitunter auch als Offizierinnen.

Tates Fans machen Frauen und queeren Menschen das Leben schwer

Seine Botschaften verfangen bei seinen Anhängern. Der queere Influencer Matt Bernstein hat in einem Beitrag auf Instagram die offene Frauenfeindlichkeit und die verbalen Angriffe kritisiert und dafür Hasskommentare von Tates Fans erhalten.

Die Forschung warnt seit Jahren, dass Inhalte in den sozialen Medien von Menschen als Abbild der Realität betrachtet werden. Sie seien eine "Art Bullauge, durch das sie auf die Welt blicken", schreibt der Rechtswissenschaftler Mario Martini in einer Analyse über den Einfluss der sozialen Medien auf die öffentliche Meinungsbildung.

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Am Beispiel Bernsteins lässt sich das gut nachvollziehen. Der zitiert einen seiner Fans, der der Meinung ist, dass Tate mit seinen Inhalten nur die Männlichkeit zurückbringe. "Klar, einige Sachen, die er sagt, sind extrem, aber das ist bloß Satire." Bernstein, der sich gerade mit homophoben Attacken von Tates Fans auseinandersetzen muss, solle doch mal "Spaß verstehen". (fmg)

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.