Madrid. Viele Männer erkrankten nach einem Festival auf Gran Canaria. Ein weiterer Infektionsherd wird in einem Madrider Viertel vermutet.

Anonyme Sextreffen von Männern in Klubs, in Privatwohnungen oder am Rande von Homosexuellen-Festivals. Oftmals organisiert über Kontaktbörsen im Internet. Vor allem so breitete sich das Affenpockenvirus in Spanien und Portugal aus. Inzwischen wurden in Spanien mehr als 300 Fälle bestätigt, in Portugal schon über 200. Die beiden südeuropäischen Länder sind neben Großbritannien, wo die Zahl der Infektionen ebenfalls 300 übersteigt, Europas Brennpunkte des Virusausbruchs.

Nach Angaben von Spaniens Behörden traten die allermeisten Affenpockenfälle im Land bisher in der Hauptstadt Madrid auf. Eine tolerante Metropole, die für ihre Weltoffenheit und große Homosexuellenszene bekannt ist. Vor allem das bunte Stadtviertel Chueca ist bei Schwulen und Lesben äußerst beliebt. Es zieht als Europas wohl berühmtestes „gay village“ viele Besucher aus aller Welt an.

Nicht weit vom Chueca-Viertel entfernt liegt einer jener Homosexuellen-Treffpunkte, der von Madrids Gesundheitsamt als Infektionsherd ausgemacht worden war: Eine Männersauna, die damit wirbt, dass sie ihren Kunden an der Rezeption und an der Bar „Präservative und Gleitmittel“ aushändigt. Der Klub bietet den Kunden neben Sauna, Pool und Jacuzzi auch „30 private Kabinen, drei dunkle Zimmer und ein Kino“. Und er verspricht auf seiner Webseite: „Deine Sicherheit ist uns wichtig.“

Chueca ist ein Madrider Stadtviertel und bei Homosexuellen sehr beliebt.
Chueca ist ein Madrider Stadtviertel und bei Homosexuellen sehr beliebt. © picture alliance / Zoonar | Juan Jimenez

Affenpocken: Fast alle Fälle betreffen Männer

Irgendetwas muss bei der Sicherheit in dem Klub, der an Wochenenden nonstop geöffnet ist, versagt haben. Denn viele jener, die sich bei Madrids Gesundheitsamt mit Krankheitssymptomen meldeten, hatten zuvor diese Sauna besucht. Der Klub war daraufhin Mitte Mai vorübergehend geschlossen worden. Seit einigen Tagen darf die Einrichtung wieder Besucher empfangen. „Es wurden besondere Maßnahmen für die Vorbeugung von Affenpocken ergriffen“, teilte der Betreiber mit.

Von den über 300 Erkrankungen, die bisher in Spanien festgestellt wurden, traten allein 275 in Madrid auf. Mindestens 20 Infektionen wurden zudem auf den Kanarischen Inseln registriert, vor allem auf Gran Canaria. Dort hatte im Mai im Badeort Maspalomas das Festival Gay Pride („Stolz, schwul zu sein“) rund 80.000 Besucher angezogen. Einzelfälle wurden zudem von Mallorcas Nachbarinsel Formentera und aus den spanischen Regionen Katalonien und Andalusien gemeldet.

„Fast alle Fälle betreffen Männer“, berichtet Elena Andradas, Chefin der Madrider Gesundheitsbehörden. Bisher sei in Spanien nur die Infektion einer Frau bekannt geworden; diese habe sich wohl bei einem der erkrankten Männer angesteckt. Mehr als 90 Prozent der Betroffenen sei unter 50, sagt sie. Die meisten hätten Sex mit Unbekannten gehabt, was die Suche nach Kontaktpersonen erschwere. Und nahezu die Hälfte sei Träger des HI-Virus, der die Immunschwäche Aids auslöse.

Affenpocken: Viele erkrankten nach Gay-Pride-Festival auf Gran Canaria

Einige der in Spanien infizierten Männer bekannten bei der Befragung durch die Behörden, dass sie bei ihren anonymen Sextreffen mit Personen aus Großbritannien und Portugal zusammen waren. Beide Länder zählen zusammen mit Spanien zu den europäischen Hotspots des Affenpockenausbruchs. Und aus beiden Ländern kommen jedes Jahr Hunderttausende Touristen nach Spanien.

Ähnliche Querverbindungen fanden auch die Virologen Portugals. Dort wurden nach Angaben der Gesundheitsbehörden bisher 209 Virusfälle erfasst – die meisten in der Hauptstadt Lissabon. Mehrere der dortigen Erkrankten berichteten, dass sie im Mai das Gay-Pride-Festival auf Gran Canaria besucht hatten. Andere erkrankten, nachdem sie in Madrid waren.

„Zahlreiche Länder haben über Fälle berichtet, welche in Beziehung stehen zu Ereignissen in Madrid, auf den Kanarischen Inseln und in Antwerpen“, schreibt auch das EU-Zentrum zur Krankheitsbekämpfung (ECDC) in seinem Lagebericht zum europäischen Affenpockenausbruch. In Antwerpen fand Anfang Mai das Darklands-Homosexuellen-Festival statt, anschließend wurden auch dort Pockenfälle bekannt.

Die Weltgesundheitsorganisation meldete bisher mehr als 1000 Fälle von Affenpocken in 29 Ländern außerhalb Afrikas. Affenpocken treten hauptsächlich in West- und Zentralafrika auf und haben sich bisher nur sehr selten in anderen Regionen verbreitet.