Berlin. Wissenschaftler haben Klimamodelle für die nächsten Jahrzehnte entwickelt. Die Aussichten für Deutschland sind teils schockierend.

  • Der Klimawandel ist in Deutschland bereits deutlich zu spüren: Extremwetter wie Hitze, Starkregen und Stürme treten viel häufiger auf
  • Wie wird sich das Wetter und Deutschland in Folge des Klimawandels verändern?
  • Unser interaktives Projekt zeigt die Veränderungen des Klimas in Ihrer Region

Wie wäre es, wenn man in die Zukunft schauen könnte? Wenn sich voraussagen ließe, wie wir in der Mitte des Jahrhundert oder sogar Ende des Jahrhundert in jedem Landkreis in Deutschland leben werden? Forscherinnen und Forscher des Helmholtz-Zentrums Hereon sind diesen Fragen nachgegangen.

Die Forschenden haben Klimaausblicke entwickelt, die die Entwicklungen für die nächsten Jahrzehnte in Deutschland zeigen. Für jede Region kann man nun sehen, wie viele Hitzetage, Regentage, Trockentage, schwüle Tage es künftig mehr geben wird. Welche Waldgebiete bedroht sind und worauf sich jeder Bürger persönlich in seiner Region schon einstellen kann. Die Ergebnisse sind teilweise schockierend.

Denn egal, welches Rechenmodell man anwendet: Die Zahl der Hitzetage nimmt zu, im Südwesten am meisten, im Norden weniger. Auch die extremen Wetterereignisse wie Starkregen werden mehr. In unserem Interaktivprojekt können Sie den Klimaausblick für Ihre Region ansehen - anschaulich auf einer detaillierten Deutschlandkarte.

Trockener Ackerboden in Brandenburg.
Trockener Ackerboden in Brandenburg. © dpa

Klimaausblick: Alle drei Modelle rechnen nicht mit Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels

Für die Berechnungen wurden drei Szenarien angenommen, mit denen die Wissenschaftler die Zukunft betrachten. Beim ersten Szenario kann man mit wirksamem und schnellem Klimaschutz die globale Erwärmung um zwei Grad begrenzen. „Ich schließe nicht komplett aus, dass wir das schaffen, weil es dringend notwendig ist, um schwerwiegende Veränderungen zu verhindern. Aber im Moment sehe ich dafür nicht die nötigen politischen Maßnahmen“, sagt Rechid.

Beim zweiten Szenario wird das Klima so geschützt, wie bisher von den Ländern weltweit beschlossen. Die Welt landet bei einer globalen Erwärmung von drei Grad: Das dritte Szenario ist das „Worst-Case-Szenario“ – ohne Klimaschutz. Der schlimmste Fall, der eintreten kann. Bei allen drei Szenarien wird das angestrebte Ziel des Pariser Klimaabkommens von nur 1,5 Grad Erderwärmung nicht erreicht.

Schon jetzt also ergeben sich daraus vielfache Veränderungen. Nicht eine Region bleibe laut den Forschenden vom Klimawandel verschont. Überall wird es heißer. Für den Landkreis Nordfriesland bedeutet das mehr schwüle Temperaturen, tropische Nächte, anhaltende Hitzeperioden und mehr Starkregen. In den Gebirgsregionen der Alpen oder des Schwarzwalds ist eine besonders starke Erwärmung zu erwarten.

Für „Fridays for Future“- Aktivistin Luisa Neubauer zeigen die Modelle, dass die Klimakrise schon zum jetzigen Zeitpunkt in Deutschland spürbar angekommen sei, das würden auch die Modelle des Helmholtz-Zentrums zeigen. Gegenüber unserer Redaktion sagte Neubauer: „Gesellschaft und Natur spüren schon heute die Folgen der Krise. Wir brauchen so dringend eine Regierung, die versteht dass Klimaschutz kein Geschenk an Klimaaktivisten ist, sondern Voraussetzung dafür, dass wir hier noch lange leben und wirtschaften können.“

Auch interessant: Klimawandel: So schnell trocknen Seen in Deutschland aus

Klimawandel: Nicht nur die Natur leidet – sondern auch der Mensch

Die steigenden Temperaturen werden direkte Auswirkungen auf die Gesundheit der deutschen Bevölkerung haben, befördern sie doch im Sommer Kreislaufstörungen, Herzinfarkte und andere Krankheiten. Auch die Wassertemperaturen in Flüssen und Seen steigen, was wiederum die Lebensbedingungen vieler Arten verschlechtert. „Und das hieße zum Beispiel auch, dass Kraftwerke phasenweise nicht mehr durch Flusswasser gekühlt werden könnten“, erklärt Rechid.

Vom Borkenkäfer befallene Fichten stehen in einem Waldstück. Auch ihre flachen Wurzeln werden für die Bäume zum Problem werden.
Vom Borkenkäfer befallene Fichten stehen in einem Waldstück. Auch ihre flachen Wurzeln werden für die Bäume zum Problem werden. © dpa

Doch auch der Wald ist bedroht. Ende des 21. Jahrhunderts, so die Forscher, würde es die Wälder in Deutschland in der Zusammensetzung wie heute nicht mehr geben, erklärt Rechid. Die Fichte wird wegen ihrer flachen Wurzeln zum Beispiel nicht mehr an genügend Wasser herankommen. Aber auch die Buche wird es schwer haben. Lesen Sie auch: Waldbrände: In diesen Ländern greifen die Flammen um sich

Zumindest im Bundesumweltministerium hat man offenbar den Ernst der Lage erkannt. Am Mittwoch eröffnet Ministerin Svenja Schulze ein „Zentrum Klimaanpassung“, das Kommunen helfen soll, sich auf den Klimawandel vorzubereiten. „Die Folgen des Klimawandels treffen Städte, Landkreise und Gemeinden als Erstes. Das macht die Kommunen zu Schlüsselakteuren bei der Anpassung“, sagte Schulze.

Auch interessant: Welt-Klimagipfel: Die größten CO2-Sünder auf der Erde