Berlin. Kokain macht stärker abhängig als andere Drogen. Doch nicht nur das macht den Stoff so gefährlich. Was man über „Koks“ wissen muss.

  • Willi Herren ist gestorben - Der Schauspieler war nach eigenen Angaben abhängig von Kokain
  • Kokain macht schnell abhängig - vor allem bei höheren Dosen nehmen die Risiken zu
  • Was man noch über die Gefährlichkeit der Droge wissen muss, lesen Sie hier

Die Spekulationen um den Tod des „Lindenstraße“-Stars Willi Herren rücken die Droge Kokain wieder in den Fokus. Noch ist die Todesursache des 45-Jährigen nicht bestätigt. Doch klar ist: Willi Herren war nach eigenem Bekunden jahrelang kokainabhängig.

Nach Angaben der Deutschen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht ist Kokain nach Cannabis unter den 18- bis 64-Jährigen in Deutschland die meistverbreitete Droge. Die Substanz hat von allen bekannten Suchtstoffen die stärkste abhängigkeitserzeugende Wirkung. Was macht „Koks“ darüber hinaus so gefährlich? Dazu die wichtigsten Fragen und Antworten.

Ist Kokainkonsum immer gefährlich?

Ja, einen ungefährlichen Konsum gibt es nicht. Der Psychologe und Suchttherapeut Rouven Kleinert berichtet im YouTube-Kanal Deine Suchtexperten: „Kokain macht abhängig. Im höchsten Maße psychisch abhängig. Weniger körperlich abhängig.“

Vor allem bei höheren Dosen nehmen die Risiken zu. Der Grund: „Kokain führt dem Körper keine Energie zu, sondern peitscht ihn an, indem er seine Energiereserven verbraucht“, berichten die Expertinnen und Experten von drugcom.de, einem Internetportal der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, das über legale und illegale Drogen informiert.

Das Gesundheitsrisiko beim Kokainkonsum wird auch durch die schnelle Toleranzentwicklung begünstigt. Kleinert erklärt: „Du brauchst immer mehr Kokain, um den gleichen Zustand zu erreichen.“ Bei erhöhten Dosen nehmen die Risiken aber deutlich zu.

Kokain: Die Wirkung der Droge hängt von der Form, der Dosis und der Dauer des Konsums ab.
Kokain: Die Wirkung der Droge hängt von der Form, der Dosis und der Dauer des Konsums ab. © dpa | Christian Charisius

Wie wirkt Kokain?

Im Zentralnervensystem führt Kokain zu einer Stimmungsaufhellung. Der Betroffene ist euphorisch, hat das Gefühl, aktiver und leistungsfähiger zu sein. Gleichzeitig treten Müdigkeits- und Hungergefühle in den Hintergrund. An den peripheren Nerven angewandt wirkt Kokain schmerzstillend und betäubend. Das Wirkprinzip fast aller heute bekannter Lokalanästhetika beruht auf dem von Kokain. Lesen Sie dazu: Studie gestartet – Mehr Koks-Konsum wegen Corona-Koller?

Wie lange hält die Wirkung an?

Das hängt von der eingenommenen Menge, der Verfassung des Konsumenten und der Form der Einnahme ab. Geschnupft oder oral konsumiert hält die Wirkung bis zu 45 Minuten an. Deutlich kürzer, dafür aber auch stärker, ist die Wirkung, wenn Kokain gespritzt wird: Sie tritt dann binnen 30 bis 45 Sekunden ein und hält bis zu 20 Minuten an.

Wird Kokain geschnupft, können zwei bis drei Minuten vergehen, bis sich ein Effekt zeigt, bei der oralen Einnahme bis zu 30 Minuten. Beim Rauchen tritt die Wirkung bereits nach rund zehn Sekunden ein – sie hält aber nur bis zu zehn Minuten an.

Welche negativen Wirkungen treten unmittelbar nach dem Konsum auf?

Schon 20 bis 60 Minuten nach der Einnahme ebbt die euphorische Phase ab. Auf sie folgen häufig ängstlich-paranoide Stimmungen mit akustischen oder auch optischen Halluzinationen. Wird „nachgelegt“, verstärkt dies die Effekte. Das Ende des Rausches begleiten meistens Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit und Erschöpfung, aber auch Angstzustände, Schuldgefühle, Selbstvorwürfe und Suizidgedanken. Die Berater von drugcom.de warnen: „Je intensiver der Konsum war, desto heftiger sind die Folgen.“

Welche akuten Gesundheitsrisiken bestehen?

Es kann zu Krampfanfällen kommen, die sich aus einer Übererregung entwickeln. Dabei kommt es zu Muskelzuckungen am ganzen Körper. Damit einher geht eine hohe Verletzungsgefahr. Kokainkonsum löst zudem Verwirrtheit und Bewusstseinsstörungen aus, die im schlimmsten Fall zum Koma führen können.

Weitere akute Folgen sind eine erhöhte Körpertemperatur (Hyperthermie), Herzklopfen (Tachykardie) und Bluthochdruck sowie die bereits genannte sogenannte „Kokainpsychose“ (Wahnvorstellungen und Halluzinationen). Nach Angaben der Techniker Krankenkasse äußert sich diese besonders häufig in Form eines Dermatozoenwahns („Haut-Tiere-Wahn“) auf: Der Betroffene bildet sich ein, Insekten krabbelten unter seiner Haut.

Welche langfristigen Folgen sind zu beobachten?

Regelmäßiger Kokainkonsum schädigt den Körper auch langfristig massiv. Es kommt zur Immunabwehrschwäche, starkem Gewichtsverlust sowie Schäden an Blutgefäßen, Leber, Herz und Nieren. Das Schnupfen von Kokain kann aufgrund der Schädigung der Nasenschleimhaut zu chronischem Nasenbluten und einem Verlust von Geruchs- und Geschmackssinn führen. Beim Konsum von Crack können chronische Erkrankungen der Atemwege hinzukommen („Crack-Lunge“).

Zudem leiden Abhängige unter Impotenz, Depressionen sowie Antriebs-, Konzentrations- und Angststörungen. Suchttherapeut Rouven Kleinert berichtet: „Irgendwann merkst du, dass du nicht mehr schlafen kannst, dass du nicht runterkommst, dass du möglicherweise sogar aggressiv wirst.“

Auch neigen Dauerkonsumenten dazu, sich sozial zurückzuziehen und zunehmend narzisstisch zu verhalten. Zusammen mit den möglichen strafrechtlichen und finanziellen Problemen kann dies zu einem völligen Verlust von bedeutsamen sozialen Beziehungen führen.

Warum endet Kokainkonsum oft tödlich?

Kokain kann das Atemzentrum lähmen und zu einem Atemkreislaufversagen führen. Häufig erleiden Konsumenten bei einer Überdosis einen Herzinfarkt. Dieser muss allerdings nicht zwingend tödlich enden: Wissenschaftler der Universität Buffalo im US-Bundesstaat New York haben in einer Studie herausgefunden, dass jeder vierte nicht-tödliche Herzinfarkt bei jüngeren Menschen zwischen 18 und 45 Jahren eine Folge von Kokainkonsum war.

Nach Angaben der Bundesdrogenbeauftragten Daniela Ludwig (CSU) hat die Zahl der Kokaintoten im vergangenen Jahr stark zugenommen. Während 2019 bundesweit 36 Menschen durch den Konsum von Kokain oder Crack starben, waren es im vergangenen Jahr bereits 48. Das ist eine Steigerung um 33,3 Prozent. Weitere 59 Menschen kamen 2020 in Deutschland ums Leben, nachdem sie Kokain "in Verbindung mit anderen Mitteln" eingenommen hatten. Das entspricht etwa der Zahl des Vorjahres (61 Tote). Die Daten beruhen auf Abfragen in den Bundesländern.

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Was ist ein Kokainschock?

Im Normalfall verengt Kokain die Blutgefäße. Reagiere der Konsument aber überempfindlich auf Kokain, könne es zu einer paradoxen Reaktion kommen, berichten die drugcom.de-Berater. Dabei würden die Gefäße plötzlich erweitert und der Blutdruck falle rapide. Blässe, kalter Schweiß und Atemnot sind demnach Anzeichen hierfür. Auch hier kann der Kreislaufkollaps tödlich enden, wenn keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden.

Wie entscheidend für das Risiko ist die Art des Konsums?

Die akuten Risiken des Kokainkonsums hängen von der Form, Dosis und Dauer des Konsums ab: Er ist umso gefährlicher, je schneller die Substanz vom Körper aufgenommen wird. Die Techniker Krankenkasse warnt deshalb: „Das heißt, wenn Kokain geraucht oder gespritzt wird, kann eine entsprechend hohe Dosis mit unmittelbarer Lebensgefahr einhergehen.“

Beim Injizieren können außerdem Verunreinigungen und Streckmittel bedrohliche Nebenwirkungen auslösen. Ein weiteres Risiko besteht in der Ansteckung mit Infektionskrankheiten wie HIV oder Hepatitis, wenn Abhängige gemeinsam das selbe Spritzbesteck verwenden.