Berlin. Die Briten suchen in der Pandemie Trost bei Hunden, die Preise sind explodiert. Das ruft Verbrecher auf den Plan – die immenses Leid auslösen.

  • Immer mehr Briten suchen in der Corona-Pandemie Trost bei Hunden
  • Die Preise für die Tiere sind explodiert, für manche Rassen zahlen Menschen astronomische Summen
  • Das ruft Verbrecher auf den Plan, die Hunde ihren Haltern stehlen und weiterverkaufen oder an Züchter liefern
  • Um 250 Prozent sollen die Fälle gestiegen sein
  • Die Bestohlenen verzweifeln, bieten hohe Lösegelder und fordern harte Strafen

Als Sarah Ende Dezember sechs Hunde gestohlen wurden, war die 35-jährige Waliserin fassungslos. „Ich war schockiert, wütend, verängstigt, natürlich auch sehr in Sorge um die Hunde.“ Ihr Mann war es, der in der Nacht die aufgebrochene Tür zum Anbau entdeckte, wo die Hunde schliefen.

„Es ist schwer, mit dem Alltag weiterzumachen, weil man sich schuldig fühlt“, erzählt Sarah nahe der Stadt Port Talbot. Vier Patterdale Terrier und ein Border Terrier der Familie sind noch immer vermisst, ein English Springer Spaniel wurde einen Monat nach dem Diebstahl von einem Passanten gefunden. Sie hatte eine schwere Verletzung, die Täter hatten offenbar versucht, ihr den implantierten Microchip zu entfernen – erfolglos.

Hundediebstahl: Altersvorsorge als Lösegeld angeboten

In ganz Großbritannien melden Medien derzeit Fälle wie Sarahs. Die BBC etwa berichtet von einem Fall, in dem zwei Dackel geklaut wurden. Die Familie ist über den Verlust derart verzweifelt, dass sie 20.000 britische Pfund, knapp 23.000 Euro, als Lösegeld angeboten haben – ihr gesamtes Erspartes. Die Hunde seien „unersetzlich“ für sie und ihre Kinder, sagte die Mutter dem Sender. Gerade jetzt in der Einsamkeit des Lockdowns spenden die Fellnasen oft Trost, ihr Verlust schmerzt umso mehr.

Nach Angaben der Organisation DogLost ist die Zahl der Hundediebstähle in Großbritannien seit März 2020 um geschätzt 250 Prozent angestiegen: „Es ist eine Pandemie, die ebenso boomt wie das Coronavirus“, erklärt Wayne May von DogLost, wo mithilfe von Online-Datenbanken vermisste Hunde wieder mit ihren Besitzern vereint werden. „Ich mache das jetzt seit 30 Jahren, und 2020 war das schlimmste Jahr bisher.“

Vor der Pandemie seien es nur Gelegenheitsdiebstähle gewesen, erzählt May. „Das hat sich letztes Jahr alles verändert. Wir haben jetzt organisierte Banden, die Hunde klauen, um mit ihnen zu züchten oder eine Belohnung oder ein Lösegeld zu kassieren.“

Hunde: Petition fordert harte Strafen für Diebe

May zufolge helfen nur härtere Strafen: „Inzwischen ist es im Vereinigten Königreich lukrativer, ein Hundedieb zu sein als ein Drogendealer, weil die Strafen nicht zum Verbrechen passen.“ Für den Diebstahl eines Hundes werde nämlich lediglich eine Geldbuße von 200 bis 250 Pfund verhängt: „Für eine solch läppische Summe sind die kriminellen Banden bereit, dieses Risiko einzugehen.“

Eine Onlinepetition will die Regierung dazu bringen, Hundediebstahl künftig als eigenes Verbrechen einzustufen, etwa so wie Fahraddiesbstahl als ein Verbrechen geahndet wird. Mindestens acht Jahre Haft und 5000 Pfund (5710 Euro) Strafe sollen nach dem Willen der Unterzeichnenden drohen. Auf Fahrraddiebstahl stehen maximal sieben Jahre Haft.

Knapp 177.000 Menschen haben bereits unterzeichnet, die meisten von ihnen stammen – wie Sarah – aus Wales. Das Parlament will sich schon bei 100.000 Unterschriften mit dem Anliegen befassen.

In einer Antwort auf die Petition seitens der britischen Regierung heißt es: „Wir verstehen das emotionale Trauma, das der Diebstahl eines geliebten Hundes auslösen kann.“ Doch Hundediebstahl sei bereits als Verbrechen eingestuft, das Strafmaß liege „allein bei unseren unabhängigen Gerichten“. Richtlinien berücksichtigten aber bereits jetzt den seelischen Schmerz, den so ein Diebstahl verursachen könne.

Großbritannien: Preise für Hunde sind durch die Decke

Die Briten sind schon lange als Hundeliebhaber bekannt, doch seit Beginn der Pandemie wollen viele Menschen mit der Hilfe vierbeiniger Begleiter Einsamkeit und Ängste überwinden – Großbritannien ist mit 110.000 Toten in Europa am schlimmsten von der Corona-Pandemie betroffen. Die Preise, vor allem für Welpen, schossen in die Höhe, was das Interesse von zwielichtigen Züchtern und Kriminellen weckte.

Auf Pets4Homes, einem Online-Marktplatz für den Verkauf und die Adoption von Hunden, lag bei rund 150.000 Angeboten zwischen März und September der Durchschnittspreis für einen Hund bei 1883 Pfund (2149 Euro). Während des Vorjahreszeitraums lag dieser mit 888 Pfund bei weniger als der Hälfte. Für Welpen einiger begehrter Rassen wie Spaniels, Bulldoggen, Möpse und Pudel-Mischlinge werden teilweise mehr als 4000 Pfund aufgerufen. (pcl/afp)