Essen. US-Schauspieler Ed Harris tritt gerne als finsterer Bursche auf. Doch der Hollywoodstar kann mehr – Ludwig van Beethoven zum Beispiel.

Klar, man kennt den schlanken Kerl mit der breiten Halbglatze, dem kantigen Gesicht und dem stechenden Blick seit Jahrzehnten aus dem Kino. Und doch teilt dieser Ed Harris aus New Jersey zumindest in Europa das Schicksal mancher US-Schauspieler , die über beachtliche darstellerische Qualitäten verfügen, dutzende gute Filme gemacht haben, deren Namen uns aber nicht gleich auf der Zunge liegen, wenn wir über die Großen der Branche nachdenken.

Um das Selbstvertrauen des Mannes, der bislang viermal für den Oscar nominiert wurde und bisher leer ausging, muss man sich allerdings wohl trotzdem keine Sorgen machen. „Ich habe großes Vertrauen in das, was ich tue, und ich denke, dass es verdient und gerechtfertigt ist“, hat Ed Harris einmal in einem Interview gesagt. Der Mann ist gut, und er weiß es eben. Am Samstag wird Ed Harris 70.

Ed Harris: Die sparsame Mimik lässt ihn unberechenbar erscheinen

Seit Harris 1978 im Organklau-Thriller „Koma“ sein Leinwanddebüt in einer Nebenrolle gab, hat es Filmemacher vor allem gereizt, ihn als bösen Buben voller Abgründe zu besetzen. Der harte, kühle Ausdruck, die sparsame Mimik, die ihn so unberechenbar erscheinen lässt, ehe er womöglich explodiert, brachte ihn auf vielen Besetzungslisten nach oben, selbst wenn es zunächst oft nicht um die Hauptrolle ging.

Ob als zynischer Söldner im Politthriller „Under Fire“ , als Fischer, der sich in Louis Malles Drama „Alamo Bay“ anstacheln lässt, vietnamesische Einwanderer zu jagen oder als irischer Bandenboss, der „Im Vorhof der Hölle“ den eigenen, geliebten Bruder (Gary Oldman) um des Geschäfts willen umbringt – stets prägte Harris mit seinem minimalistischen, aber intensiven Spiel das Geschehen und gab auch kleineren Rollen immer Profil.

Ursprünglicher Berufswunsch: Footballspieler

Dabei wollte er ursprünglich Footballspieler werden, ehe er einsah, dass seine Athletik bei aller Sportlichkeit für den Profibetrieb nicht langen würde. Als er in den Semesterferien seine Großmutter in Oklahoma besuchte, so erzählt er es, habe er bei einem Theaterbesuch gedacht, der Job auf der Bühne könnte ihn reizen. „Mir gefiel der Gedanke, beklatscht zu werden, wie bei einem Touchdown im Football.“

Dem Theater ist Harris bis heute treu, auch mit seiner Frau Amy Madigan (70), mit der er seit 1983 verheiratet ist und eine Tochter (27) hat, steht er immer wieder gemeinsam auf der Bühne. Für sein Broadway-Debüt in Sam Shepards Stück „Fool For Love“ wurde er gleich mit einem renommierten Schauspielpreis ausgezeichnet.

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Star aus rund 80 Filmen

In rund 80 Filmen ist Ed Harris bislang aufgetreten, Kassenschlager und Preisgekröntes, Action und Tiefgründiges, darunter „Apollo 13“, „Die Truman Show“, „A Beautiful Mind“, „The Rock“, „The Hours“, „The Abyss“ oder „Der Stoff, aus dem die Helden sind“. Die Nachfrage nach seinen Auftritten ist ungebrochen. Als mysteriöser „Man in Black“, der seine brutalen Fantasien auf der Suche nach einem tieferen Sinn in der grandiosen Science-Fiction-Serie „Westworld“ auslebt, dürfte er zuletzt viele neue Fans hinzugewonnen haben.

Längst hat Harris freilich bewiesen, dass er nicht nur die harten Jungs drauf hat, den Maler Jackson Pollock hat er ebenso überzeugend gegeben wie Ludwig van Beethoven . Wer ihn im bewegenden Vater-Sohn-Drama „Kodachrome“ erlebt, weiß, wie elegant er die Klippen des Kitsches umschiffen kann und trotzdem hohe Emotionalität verströmt.

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Sein Baseball-Idol mochte ihn nicht

Welche Rolle das Publikum am stärksten mit ihm verbinde, hat ihn die „Los Angeles Times“ einmal gefragt. Ed Harris antwortete mit einem Erlebnis aus einer New Yorker Hotelbar. Als er dort Ende der 80er-Jahre sein Baseball-Idol Mickey Mantle mit ein paar Freunden sah, habe er sich mit Namen vorgestellt und als Mantle-Fan geoutet. „Sie sind für mich der Größte.“

„Ich mag Sie nicht“, habe Mantle seelenruhig geantwortet: „Sie waren nicht nett zu Patsy Cline in ,Der süße Traum vom Glück’“ – Patsy Cline war eine berühmte Countrysängerin, dargestellt von Jessica Lange. „Mickey, ich habe eine Figur gespielt“, antwortete Harris einigermaßen verblüfft. Im Interview mit der „Times“ fügte er hinzu: „Okay, ich denke mal, er hat einen Witz gemacht.“

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