Berlin. Die CSU tritt im Internet als Produzent von Entspannungsmusik auf. Als Interpreten treten Merkel, Söder, Spahn und Dobrindt in Aktion.

Jazzige Klaviertöne mischen sich unter den langsamen Rhythmus des Schlagzeugs, getragen von sanften Synthesizer-Sounds. Dann steigen Alexander Dobrindt (CSU), Angela Merkel (CDU), Markus Söder (CSU) und Jens Spahn (CDU) in das Lied ein. Die CSU im Bundestag hat als Teil ihrer Social-Media-Strategie („CSYou“) ein Musikvideo mit Redeausschnitten des CSU Landesgruppenvorsitzenden, der Kanzlerin, dem Bayerischen Ministerpräsidenten und dem Gesundheitsminister produziert. Es trägt den Titel „LOFI Mut Wave vs. Covid.19 feat. Dobrindt & Merkel & Söder & Spahn“.

CSU-Musik soll Konzentration fördern

Lo-Fi steht dabei für Low Fidelity. Eine seit mehreren Jahren zunehmend erfolgreiche Musikrichtung, die mit entspannten Beats die Konzentration fördern soll. Im Englischen ist sie daher auch häufig unter „Beats to relax/study“ (Töne zum Entspannen/Lernen) zu finden. Ob die Musik, die von Kritikern auch gerne mal mit Fahrstuhlbeschallung verglichen wird, tatsächlich die Konzentration steigert, ist wissenschaftlich nicht belegt.

„Wir setzen heute ein starkes Signal“, beginnt Dobrindt den CSU-Track. Auf dem Video ist er an einem Schreibtisch in einer bayrischen Stube zu sehen, trägt Kopfhörer und nickt zum Takt. Der Hintergrund zeigt die Alpen im Abendglühen und ein Bild des Bundestags. Ab und zu lugt „CSYou“-Moderator Armin Petschner durchs Fenster. Mehr passiert nicht. Auch das gehört zum Konzept der Lo-Fi-Musikvideos, die gerade auf dem Videoportal YouTube Reichweitenfolge feiern.

Der wohl bekannteste Lo-Fi-Kanallofi hip hop beats to relax/study to“ sendet auf YouTube rund um die Uhr ohne Unterbrechung Musik. Über 20.000 Menschen hören in der Regel zu, rund 5,75 Millionen Menschen haben den Kanal abonniert.

Alexander Dobrindt (CSU) ist der Star des minimalistischen Videos zur Entspannungsmusik der CSU Landesgruppe.
Alexander Dobrindt (CSU) ist der Star des minimalistischen Videos zur Entspannungsmusik der CSU Landesgruppe. © CSU Landesgruppe | Screenshot Youtube

CSU-Musikvideo: Gemischte Reaktion

„Wir haben gute Gründe Zuversichtlich zu sein“, steigt Merkel in den CSU-Track ein, begleitet von Trompetentönen. „Diesmal liefern wir Optimismus für die Ohren“, beschreibt die CSU im Bundestag selbst ihr Video. „Dankeschön allen, die Mut machen“, ist dann folgerichtig der Beginn von Söders Sprechbeitrag.

Die Reaktionen auf das Video sind unterschiedlich. In den Kommentarspalten bei YouTube loben viele User das Musikvideo. In den ersten 22 Stunden nach Veröffentlichung gab es für das Video jedoch mehr Dislikes als Likes. „Lassen Sie uns also mutig und dankbar sein“, übernimmt wieder die Kanzlerin im Track.

Merkel ist als Solokünstlerin erfolgreicher

Als Lo-Fi-Solokünsterlin ist sie im übrigen wesentlich erfolgreicher. Das nicht von offizieller Seite produzierte Lofi-Musikvideo „lo fi merkelwave beats to relax/get nothing done to“ ist mit Redeausschnitten der Kanzlerin versehen und wurde auf YouTube bereits über 1,1 Millionen Mal geklickt. Merkel ist darauf zu sehen, wie sie E-Zigarette rauchend im Zug ein Buch liest, während im Hintergrund die Landschaft vorbeifliegt.

Ihr Video ist wiederum angelehnt an das zuvor veröffentlichte offizielle Lofi-Musikvideo von Englands Premierminister Boris Johnson. Das Video, gepostet auf dem YouTube-Kanal von Johnsons Conservative Party, zeigt ihn ebenfalls im Zug sitzend. Mehr als 890.000 Klicks sammelte das Musikstück mit Johnsons Brexit-Redefetzen.

Wird das Musikvideo das nächste Fettnäpfchen für „CSYou“?

Einen derartigen Erfolg können die Entspannungsbeats der CSU noch nicht vorweisen. Am Mittwochmorgen hatten das Video rund 3000 Menschen aufgerufen. Der Social-Media-Auftritt „CSYou“ sah sich in der Vergangenheit mit Spott im Netz konfrontiert, als Moderator Armin Petschner in einem Video auf die Kritik des Youtubers Rezo einging. Zuvor war ein Antwortvideo von Phillip Amthor (CDU) lieber wieder eingemottet worden. Während Amthor mittlerweile Mittelpunkt einer Lobbyismus-Affäre ist, gewann Rezo für sein Video „Die Zerstörung der CDU“ nicht nur einen Henri-Nannen-Preis, sondern auch einen Grimme-Online-Award.

(jas)