Berlin. In einem Video nimmt Xavier Naidoo nun Stellung zum Rauswurf von RTL aus der DSDS-Jury – und er stützt sich auf Verschwörungstheorien.

  • In einem Video bezieht Xavier Naidoo Stellung zu Rassismus-Vorwürfen gegen ihn
  • RTL hatte den Sänger vor wenigen Tagen aus der DSDS-Jury geworfen
  • Der Anlass: In einem Anfang März veröffentlichten 55 Sekunden langen Video sang Naidoo über die vermeintliche Gefahr, die von „Gästen“ ausgehe
  • Offenbar war alles nur eine geplante PR-Nummer – Naidoo wollte mutmaßlich die Reichweite von RTL nutzen, um sein Album zu bewerben
  • Die übrigen Jury-Mitglieder Oana Nechiti, Pietro Lombardi und Dieter Bohlen werden bei DSDS nun von Florian Silbereisen unterstützt
  • Die Staatsministerin für Integration, Annette Widmann-Mauz (CDU), kritisierte Xavier Naidoo scharf

Nach dem Rauswurf aus der Jury von „Deutschland sucht den Superstar“ (DSDS) ist ein weiteres Video von Sänger Xavier Naidoo aufgetaucht, in dem dieser verschwörungstheoretischen Positionen darlegt. Bei diesem neuen Video handelt es sich offenbar um ein Interview mit dem ehemaligen Journalisten Oliver Janich.

Janich vertritt rechtspopulistische und fremdenfeindliche Ansichten und gilt als Größe unter rechten Verschwörungstheoretikern in Deutschland. Das Interview, in dem nur Naidoo im Bild zu sehen ist, hat Janich in seinem Telegramm-Channel veröffentlicht.

Um das komplette Gespräch sehen zu können, verlangt er Geld. Um auf Janichs Inhalte in seinem „Premium-Kanal“ zuzugreifen, muss man ein Abo abschließen, dessen günstigste Stufe 5,90 Euro für einen Monat kostet, für ein Jahresabo verlangt er 499,90 Euro.

Ausschnitte des Videos sind aber auch frei zugänglich im Internet zu finden. Darin äußert sich Naidoo unter anderem zu den Rassismus-Vorwürfen, die nach der Veröffentlichung eines anderen Videos von ihm aufgekommen waren. In dem Clip äußert er sich abwertend über Flüchtlinge.

Naidoo nimmt RTL und Dieter Bohlen den DSDS-Rauswurf offenbar nicht übel

Ob er Dieter Bohlen oder RTL die Statements nach dem Rauswurf übel nehme, fragt ihn offenbar Oliver Janich – den man in dem Video jedoch weder hört noch sieht. „Nein, überhaupt nicht“, antwortet Xavier Naidoo. „Ich denke, die müssen einfach nur tun, was sie tun müssen um die Show weiterzumachen. Da kann man dann, glaube ich, mit so einer Meinung, die ich da vertrete, wahrscheinlich nicht so gut agieren. Aber das nehme ich niemandem übel“, so Naidoo.

„Ich muss aber trotzdem einfach weiterhin zu meiner Meinung stehen und meine Meinung sagen können. Und wenn ich dadurch Nachteile habe, dann ist das halt so.“ Naidoo weiter: „Ich sehe mich als Vollprofi und habe gerne der Einladung Folge geleistet, bei ‘DSDS’ mitzumachen.“

Naidoo: „Ich habe mir die Reichweite von RTL zunutze gemacht“

Im weiteren Verlauf des Videos leugnet Naidoo den menschengemachten Klimawandel. Naidoo berichtet, er habe zu dem Thema mal einen Film gesehen und „Nachforschungen“ angestellt. „Ich bin zu dem Schluss gekommen, das CO2 nicht der große Veränderer des Klimas ist.“ Zudem sinniert er über die Souveränität der Bundesrepublik Deutschland – ein zentrales Thema der Reichsbürger-Bewegung, für die Naidoo bereits in der Vergangenheit Sympathie gezeigt hatte.

„DWDL.de“ berichtet ausführlich über das Video, von dem unsere Redaktion nur einige Ausschnitte gesichtet hat. Laut dem Medienmagazin wird in weiteren Äußerungen Naidoos deutlich, dass der provozierte Rauswurf eine PR-Nummer für ein neues Album sein sollte. „Außerdem wusste ich, dass ich mit dem Album, das ich jetzt hier habe, auch ein Album habe – würd’ ich mal sagen – wo ich danach vielleicht nicht mehr die Chance bekomme, in so ‘ner Show mitzumachen, und deswegen habe ich die Chance wahrgenommen. Das heißt: Ich habe mir die Reichweite von RTL zunutze gemacht“, wird er von dem Magazin zitiert.

Xavier Naidoo flog wegen Rassismus-Vorwürfen aus DSDS-Jury

In dem Video, das Anfang März im Netz die Runde machte, sing Naidoo über eine vermeintliche Gefahr, die von „Gästen“ ausgehe. In dem 55 Sekunden langen Clip heißt es: „Eure Töchter, eure Kinder sollen leiden, sollen sich mit Wölfen in der Sporthalle umkleiden.“ Weiterhin beschwert der 48-Jährige sich über „politische Korrektheit“ und darüber, dass „kein Mann dieses Land noch retten kann“.

Naidoos Äußerungen in dem Clip sind recht vage. Dennoch erkennen viele Nutzer und Nutzerinnen darin rechte und asylfeindliche Thesen. Solche Thesen und Verschwörungstheorien unterstützt Naidoo seit Jahren öffentlich – aber viele Fernsehsender haben Naidoo dennoch für die Unterhaltung zu engagiert.

Nachdem das Video tausendfach geteilt und die Äußerungen scharf kritisiert worden waren, zog RTL doch die Reißleine. Auch weil Xavier Naidoo nach Aussagen des Senders jedes Gesprächsangebot verweigerte und sich auf mehrfache Bitte nicht erklärte, flog er aus der „DSDS“-Jury – und wurde dort von Florian Silbereisen ersetzt.

RTL: „Wird keine Rückkehr für Naidoo zu DSDS geben“

„RTL steht für Vielfalt im Programm. Wir sind Verfechter der Meinungsfreiheit. Dazu gehört aber auch, dass wir jede Form von Rassismus und Extremismus entschieden ablehnen. Die jetzt aufgetauchten Videos von Xavier Naidoo haben uns massiv irritiert“, wird RTL-Geschäftsführer Jörg Graf darin zitiert. Der Sänger bleibe RTL viele Antworten schuldig. Einen Tag später ergänzte RTL, dass es für Naidoo keine Rückkehr zu „DSDS“ geben werde.

ProSieben wählte etwas direktere Worte für den ehemaligen „The Voice of Germany“-Juroren: „Lieber Xavier Naidoo“, heißt es auf dem Twitter-Account, „mit Hass, Hetze und alternativen Fakten hat noch niemand eine Gesellschaft besser gemacht. Sie auch nicht.“

Xavier Naidoo: Integrationsbeauftragte nennt Video „brandgefährlich“

Bereits zu dem Anfang März aufgetauchten Video hatte sich die Staatsministerin für Integration, Anette Widmann-Mauz (CDU), kritisch geäußert. „Solch ein Video ist angesichts der derzeitigen Bedrohung durch Rechtsextremismus brandgefährlich“, sagte die Ministerin unserer Redaktion. „Jeder muss einen Beitrag leisten, gegen Rassismus aufstehen und den Zusammenhalt in unserem Land stärken statt Menschen wegen ihrer Herkunft, Familiengeschichte, ihres Aussehens oder Religion pauschal abzuwerten.“ Nach dem rassistischen Terroranschlag von Hanau gelte das umso mehr.

Widmann-Mauz fügte hinzu: „Wenn Xavier Naidoo sagt, er sei falsch interpretiert worden, dann sollte er noch einmal für alle nachvollziehbar erklären: Was können Hörer hier falsch interpretieren?“

Naidoo verbreitet nachweisbar falsche Aussagen

Naidoo singt in dem Video, dass „fast jeden Tag ein Mord geschieht, bei dem der Gast dem Gastgeber ein Leben stiehlt“. Das gibt die vielfach von Rechten und Rechtsextremen verbreitete Theorie wieder, nach der durch Zuwanderer in Deutschland mehr Morde passieren.

Tatsächlich registrierte das BKA 61 Tötungsdelikte im Jahr 2018, in denen Zuwanderer tatverdächtig waren. Die Nationalität der Opfer wird in der Statistik nicht genannt. Gegenüber dem Magazin „watson“ sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums bei einem Faktencheck zu der Theorie bereits 2019: Die Aussage, nach der täglich ein Mensch in Deutschland von Asylbewerbern getötet werde, sei falsch.

Der Ursprung des Videos ist nicht zurückverfolgbar. Xavier Naidoo selbst hat sich gegenüber unserer Redaktion nicht zu dem Video geäußert. Sein Management ließ eine Anfrage unbeantwortet. Auf Facebook ließ der Sänger allerdings wissen, dass er Vorwürfe wegen des Videos zurückweise. Rassenhass und Fremdenfeindlichkeit seien ihm völlig fremd.

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Der Hintergrund des Videos lässt vermuten, dass es in einem Hotelzimmer aufgenommen wurde. Zudem zeigen der Winkel und die Reflektion in der Sonnenbrille, dass Naidoo sich selbst aufgenommen hat, möglicherweise mit einem Tablet.

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Das Video wurde zunächst unter anderem von dem Twitter-Account „Antifa Zeckenbiss“ hochgeladen. Auch war anfangs nicht klar, ob der Clip Teil eines längeren Videos ist, in welchem Kontext er aufgenommen wurde oder ob er möglicherweise schon älter ist.

Auch die Theorie, dass es sich um ein Deepfake-Video handele, also durch künstliche Intelligenz verfälschtes Material, wurde in den sozialen Medien aufgeworfen.

Xavier Naidoo fällt seit Jahren mit problematischen Aussagen auf

Naidoo teilte über seine Liedtexte in der Vergangenheit Verschwörungstheorien und antisemitisches Gedankengut. So sang er in seinem Song „Raus aus dem Reichstag“ bereits 2009: „Baron Totschild gibt den Ton an“, eine Referenz auf die antisemitische Verschwörungstheorie über das vermeintlich allmächtige Weltjudentum.

Am 3. Oktober 2014, dem Tag der Deutschen Einheit, trat er bei einer Veranstaltung der sogenannten „Reichsbürgerbewegung“ im Berliner Regierungsviertel auf und appellierte zum Widerstand. In einem Interview mit dem SWR sagte Naidoo dazu später: „Es sind alles Systemkritiker, so wie ich.“ Er wolle auf alle Menschen zugehen – ob das nun „Reichsbürger“ seien oder die NPD.

Folgen für Naidoos Karriere hatte dieser Auftritt wenige. Bei dem aktuell verbreiteten Video ist das nun anders.

Xavier Naidoo – Mehr zum Thema

Immer wieder fällt Xavier Naidoo durch problematische Liedzeilen und Auftritte auf. 2017 musste er sich vor Sponsoren rechtfertigen, die ihm Rechtspopulismus vorwarfen. Wie sich Xavier Naidoo gegen die Kritik verteidigt, können Sie in unserem Video sehen. 2018 hatte der Sänger erfolgreich gegen eine Referentin der Amadeu-Antonio-Stiftung geklagt, die ihn als „Antisemit“ bezeichnet hatte.

(bef/reba)