Gütersloh. Das Ende der privaten Krankenversicherung könnte gesetzlich Versicherte entlasten. Warum Versicherte und Arbeitgeber sparen könnten.

Deutschland ist das einzige europäische Land mit einem dualen Krankenkassen-System. Würden alle Privatversicherten in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) wechseln, könnten gesetzlich Versicherte im Schnitt zusammen mit ihren Arbeitgebern 145 Euro pro Jahr sparen. Das ergab eine am Montag veröffentlichte repräsentative Studie des Berliner Iges-Instituts im Auftrag der Bertelsmann Stiftung.

Laut Untersuchung verdienen Privatversicherte – demnach Gutverdiener, Beamte, einkommensstarke Selbstständige – durchschnittlich mindestens 56 Prozent mehr als gesetzlich Versicherte. Sie seien auch tendenziell gesünder. Wären sie in der GKV, könnte diese jährlich mit einem Nettofinanzüberschuss von 8,7 bis 10,6 Milliarden Euro rechnen, kalkuliert die Studie. Der Beitragssatz ließe sich um 0,6 bis 0,7 Prozentpunkte senken.

Krankenversicherung: Schwächt duales System den Zusammenhalt?

„Nur wenn sich alle Versicherten unabhängig vom Einkommen zusammentun, um die Risiken zwischen Gesunden und Kranken auszugleichen, kann eine tragfähige Solidargemeinschaft entstehen“, betonte Stiftungsvorstand Brigitte Mohn laut Mitteilung in Gütersloh. Die Aufspaltung schwäche den sozialen Zusammenhalt. Der Beamtenbund dbb widersprach.

Die Forderung nach einer Abschaffung des dualen Systems sei „Quatsch“, meinte dbb-Chef Ulrich Silberbach. „Unsere Gesundheitsversorgung ist eine der besten der Welt.“

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Die Iges-Studie basiert auf den aktuellsten Daten (2016) aus einer jährlich durchgeführten Wiederholungsbefragung von rund 12.000 Haushalten. 2016 – wie auch aktuell – waren rund 8,8 Millionen Menschen privat versichert. Die GKV zählte 2016 rund 70,4 Millionen Versicherte, derzeit sind es vor allem zuwanderungsbedingt gut 73,2 Millionen, sagte Stiftungs-Gesundheitsexperte Stefan Etgeton.

Ärzten muss Honorarverlust ausgeglichen werden

Die Vergütung für niedergelassene Ärzte falle bei Leistungen für Privatpatienten etwa 2,5-fach höher aus. Gleiche man den Ärzten die Honorarverluste aus, die ihnen ein PKV-Wegfall verursachen würde, kalkuliert die Simulation mit einem noch um 0,2 bis 0,3 Prozentpunkte niedrigeren Beitragssatz.

Etgeton kritisierte: „Der durchschnittliche GKV-Versicherte zahlt jedes Jahr mehr als nötig, damit sich Gutverdiener, Beamte und Selbstständige dem Solidarausgleich entziehen können.“

Ganz gegensätzlich betonte der dbb-Chef, das duale Gesundheitssystem sei „gelebte Solidarität“, alle profitierten von den Umsätzen der PKV-Versicherten. Die GKV hatte im vergangenen Jahr erstmals seit 2015 mit tiefroten Zahlen abgeschlossen. Geht die Entwicklung so weiter, könnten die Krankenkassen Beiträge weiter steigen.

Seit Wochen sorgt das Coronavirus weltweit für Beunruhigung. Für Europa könnte es zur großen Herausforderung werden. (dpa/msb)