Berlin. Die Bundesärztekammer hat eine Liste mit Ärzten veröffentlicht, die Abtreibungen vornehmen. Daran regt sich nun jedoch massive Kritik.

An der offiziellen Liste der Bundesärztekammer mit Ärzten, die Abtreibungen vornehmen, regt sich immer mehr Kritik.

Der Hintergrund: Die mit der Reform des Strafrechtsparagrafen 219a eingeführte Liste verzeichnet bislang nur 87 der bundesweit 1.200 Ärztinnen und Ärzte, die Abtreibungen vornehmen.

Die am Montag veröffentlichte Liste befinde sich noch im Aufbau, sagte der Geschäftsführer der Bundesärztekammer, Alexander Dückers, am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Wir nehmen die Verantwortung sehr ernst“, sagte er.

Liste für Schwangerschaftsabbrüche – Ärzte hatte Debatte angestoßen

Die ärztliche Interessenvertretung schalte Anzeigen in ärztlichen Medien und adressiere gezielt Gynäkologen. Ob sie sich in die Liste eintragen wollten, müssten alle Ärzte freiwillig entscheiden, sagte Dückers, der bei der Bundesärztekammer für den Bereich Politik zuständig ist. Wie lange der Aufbau der Liste insgesamt dauere, sei noch nicht abzusehen.

Die „tageszeitung“ hatte zuerst darüber berichtet. Laut „taz“ haben 56 der gelisteten Praxen ihren Sitz in Berlin und 26 in Hamburg. Dort gibt es auf den Internetseiten der Landesregierungen bereits seit längerem Verzeichnisse von Gynäkologen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Ansonsten stünden auf der Liste nur drei Ärzte aus Nordrhein-Westfalen und zwei aus Hessen.

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„Die Ärztin Kristina Hänel, die 2017 eine Debatte über den Paragrafen 219a angestoßen hatte, ist bisher nicht gefragt worden, ob sie in die Liste aufgenommen werden will. Selbst wenn die Bundesärztekammer auf sie zugegangen wäre, hätte sie nicht auf die Liste gewollt, sagte sie der „taz“: „Auf der Liste der Bundesärztekammer fehlen viele Informationen, die die Frauen benötigten.“

Die Bundesärztekammer betonte, man halte sich bei der Liste an die Vorgaben des Gesetzgebers. Die Bundesärztekammer habe hier keinen Spielraum, der Liste eigenständig weiterführende Informationen hinzuzufügen, sagte Dückers.

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Der Bundestag hatte im Februar einen Kompromiss der großen Koalition zum sogenannten Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche beschlossen. Ärzte dürfen demnach öffentlich machen, dass sie Abbrüche vornehmen - weitere Informationen etwa über Methoden sind aber nicht erlaubt.

Ärzten ist es demnach erlaubt, darüber zu informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Für weitere Informationen müssen sie aber auf dafür befugte Stellen, wie beispielsweise die Bundesärztekammer, verweisen.

Wegen des Paragrafen wurde in der Vergangenheit gegen mehrere Ärzte Klage eingereicht. Aufgrund des Paragrafen musste sich auch die Ärztin Kristina Hänel im November 2017 vor Gericht verantworten. Ihre Verurteilung zu einer Geldstrafe löste bundesweit Proteste aus.

Ob Ärztinnen und Ärzte sich auf eine bundesweite Liste setzen lassen wollten, sei ebenfalls fraglich. Die Bundesärztekammer hatte am Montag die umstrittene Liste online gestellt als Teil der umstrittenen Reform von Paragraf 219a des Strafgesetzbuches. Die Liste soll monatlich aktualisiert werden.

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Die aktuell vorhandenen Einträge beruhten hauptsächlich auf bereits existierenden Listen für Hamburg und Berlin, erläuterte die Kammer auf Anfrage. Mit dem Start der Online-Plattform könnten nun Ärzte aus ganz Deutschland einen Eintrag beantragen.

Da dies freiwillig ist, sei die Liste „möglicherweise nicht vollständig“, erläutert die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, die die Übersicht ebenfalls auf ihrer Internetseite veröffentlicht.

Fall der Ärztin Kristina Hänel weiter vor Gericht

Anfang Juli war das Urteil gegen die Ärztin Kristina Hänel aufgehoben worden. Sie war vor der Reform von Paragraf 219a im Strafgesetzbuch wegen unerlaubter Werbung für Schwangerschaftsabbrüche verurteilt worden. Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte entschieden, dass seit März eine neue Rechtslage zu Informationen über Abtreibungen gelte, die die Ärztin besser stelle.

Der Rechtsstreit ist damit aber nicht beendet. Denn nun muss sich das Landgericht Gießen erneut mit dem Fall befassen. Dieses hatte im November 2017 Kristina Hänel zu einer Geldstrafe von 6000 Euro verurteilt. (dpa/msb/les)