Düsseldorf. Jahrelang mussten Opfer und Hinterbliebene der Loveparade-Katastrophe von 2010 auf einen Prozess warten. Nun droht das vorzeitige Ende.

Der Loveparade-Prozess vor dem Landgericht Duisburg wird zunächst fortgesetzt. Das Gericht hält aber nach knapp 100 Verhandlungstagen die Einstellung des Verfahrens gegen zehn Angeklagte für möglich, wie der Vorsitzende Richter Mario Plein am Donnerstag in Düsseldorf erläuterte.

Bis zum 5. Februar haben Staatsanwaltschaft und Angeklagte nun Zeit zu erklären, unter welchen Bedingungen sie einer Verfahrenseinstellung zustimmen würden. Bei einem Rechtsgespräch am Mittwoch war noch keine Einigkeit erzielt worden.

Am Mittwoch hatten Richter, Verteidiger, Staatsanwälte und Nebenklage-Anwälte darüber verhandelt, wie das Verfahren weitergeführt werden soll. Aus diesem Rechtsgespräch wurde bekannt, dass der Vorsitzende Richter eine Einstellung des Verfahrens nach der bisherigen Beweisaufnahme als „sachgerechte Lösung“ aufgezeigt hat.

Gericht sieht bei sieben Angeklagten „geringe Schuld“

Wie am Mittwochnachmittag bekannt wurde, hatte das Gericht für sieben Angeklagte eine Einstellung ohne Auflage wegen geringer Schuld vorgeschlagen. Dies gelte für die sechs städtischen Bediensteten, die nur im Vorfeld in die Planung eingebunden gewesen seien, und einen Mitarbeiter des Veranstalters Lopavent, der nur repräsentative Aufgaben gehabt haben soll.

Bei den anderen drei angeklagten Lopavent-Mitarbeitern habe das Gericht wegen deren Einbindung in die organisatorischen Abläufe am Veranstaltungstag eine „mittlere“ Schuld gesehen. Hier habe es eine Einstellung gegen Auflage vorgeschlagen. 24 Verteidiger, 26 Nebenklage-Vertreter, 3 Staatsanwälte und 3 Richter waren an den Verhandlungen beteiligt.

Es müssten noch bis zu 575 Zeugen gehört werden

Der Vorsitzende Richter Mario Plein im Gerichtssaal in Düsseldorf.
Der Vorsitzende Richter Mario Plein im Gerichtssaal in Düsseldorf. © dpa | Federico Gambarini

Ihr Rechtsgespräch dient als eine Art Zwischenbilanz. In 13 Monaten wurden bis jetzt 96 Verhandlungstage absolviert, dabei 58 Zeugen und 8 Sachverständige gehört. Sollte das Verfahren fortgesetzt werden, müssten noch bis zu 575 Zeugen gehört werden, hatte das Gericht den Anwälten zufolge in Aussicht gestellt.

Offenbar halten es einige Juristen für fraglich, ob den Angeklagten eine individuelle Schuld nachgewiesen werden kann. Anwälte der Nebenkläger, die beim Rechtsgespräch zwar gehört werden, aber nicht über das weitere Verfahren mitentscheiden, hatten schon im Vorfeld ihren Unmut über eine mögliche Einstellung des Verfahrens geäußert.

Gegenüber der „WAZ“ sagte etwa Rainer Dietz, Nebenklage-Vertreter von Klaus-Peter Mogendorf, der bei der Loveparade seinen Sohn Eike verlor, dass die Klärung der Schuldfrage für viele Betroffene das Hauptanliegen sei. Auch wenn die Hinterbliebenen den späten Prozess von vornherein skeptisch betrachtet hätten – „eine Einstellung wegen geringer Schuld“, sagte Dietz der Zeitung, „wäre lächerlich“.

Angeklagte werden fahrlässiger Tötung und Körperverletzung verdächtigt

21 Menschen waren bei der Loveparade am 24. Juli 2010 in Duisburg gestorben und mindestens 652 verletzt, weil es am einzigen Zu- und Abgang zum Veranstaltungsgelände zu eng wurde und zu einer Massenpanik kam.

Vor Gericht müssen sich zehn Angeklagte wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung verantworten. Sechs von ihnen waren Mitarbeiter der Stadt und vier vom Veranstalter Lopavent.

(ba/dpa)