Mexiko-Stadt. Die USA suchen nach dem berüchtigtsten Mafia-Boss der Welt. Nun wurde auf den Mexikaner „El Mencho“ ein Millionen-Kopfgeld ausgesetzt.

Es existieren nur wenige Fotos von Nemesio Oseguera Cervantes. Auf dem, das die Ermittlungsbehörden meistens präsentieren, wenn sie zu seiner Ergreifung aufrufen, trägt er einen schmalen Oberlippenbart und dunkle, kurz geschnittene Haare. Dabei ist wohl klar, dass „El Mencho“, wie Oseguera mit Kampfnamen heißt, inzwischen anders aussieht.

Aber schon seit einigen Jahren hat den meistgesuchten Mafia-Boss der Welt niemand mehr öffentlich gesehen: Er leitet das Kartell Jalisco Nueva Generación (CJNG), die gefährlichste, blutigste und am stärksten expandierende kriminelle Organisation Mexikos.

Die US-Justizbehörden glauben, dass das CJNG eine der „fünf gefährlichsten transnationalen kriminellen Organisationen der Welt“ ist. Deshalb hat Generalbundesanwalt Jeff Sessions jetzt das Kopfgeld auf den 52-jährigen Oseguera auf zehn Millionen Dollar verdoppelt. Denn das Kartell aus dem Bundesstaat Jalisco soll für den Schmuggel von mindestens fünf Tonnen Kokain und fünf Tonnen synthetischer Drogen pro Monat in die USA verantwortlich sein. Das Kartell „vergiftet und tötet Amerikaner im ganzen Land, stiehlt unseren Wohlstand und unsere Sicherheit“, sagte Sessions.

„El Mencho“ profitierte vom Ende von „El Chapo“

Das CJNG jedenfalls hat das Sinaloa-Kartell des inhaftierten Drogenbosses Joaquín Guzmán Loera alias „El Chapo“ inzwischen als mächtigste Mafia in Mexiko abgelöst. Der steile Aufstieg von El Mencho und seiner Organisation begann mit der letzten Verhaftung Guzmáns im Januar 2016 und dessen Auslieferung an die USA ein Jahr später.

Im Kampf gegen das Drogenkartell von „El Mencho“ ist auch die mexikanische Armee dauerhaft im Einsatz.
Im Kampf gegen das Drogenkartell von „El Mencho“ ist auch die mexikanische Armee dauerhaft im Einsatz. © imago/Xinhua | imago stock

Die Jalisco Nueva Generación ursprünglich eine Killerbande des Sinaloa-Kartells in Jalisco, spaltete sich 2011 ab und machte sich als Kartell selbstständig. Mittlerweile ist die Bande in drei Viertel der 32 mexikanischen Bundesstaaten präsent und unterhält laut US-Drogenfahndern Beziehungen zu Verbrechergruppen in Europa, Asien und den USA.

Oseguera selbst stammt aus dem westlichen Bundesstaat Michoacán und wuchs in einer Familie von Avocado-Bauern auf. Als junger Mann ging er wie Millionen andere Mexikaner den Weg als illegaler Einwanderer in die USA. Dort dealte er mit Heroin, wurde festgenommen und in seine Heimat ausgewiesen. In dem kleinen Ort Tomatlán in Jalisco schloss er sich der örtlichen Polizei an. Als er seine spätere Frau kennenlernte, die damals als Buchhalterin für das örtliche Milenio-Kartell arbeitete, wechselte er erneut die Seiten.

Mafia um „El Mencho“ schoss Militärhubschrauber ab

In Mexiko gilt „El Mencho“ schon seit 2015 als „Staatsfeind Nummer eins“. Damals gelang es seinem Kartell ausgerechnet am 1. Mai, die Sechs-Millionen-Metropole Guadalajara mit brennenden Straßensperren sowie Angriffen auf Geschäfte und Sicherheitskräfte lahmzulegen. Den Verbrechern gelang es sogar, einen Militärhubschrauber abzuschießen, wodurch klar wurde, dass sie mit Kriegswaffen ausgerüstet sind.

Er gilt als besonders brutal und rachsüchtig. Und er hat einen Personenschutz, der selbst den der mexikanischen Präsidenten in den Schatten stellt. Oseguera beschäftigt Ex-Elitesoldaten als Leibwächter. Er wird wissen, dass ihm die Sicherheitsbehörden ständig auf den Fersen sind. Seine Frau Rosalinda González Valencia, Ex-Finanzchefin des Kartells, wurde im Mai geschnappt. Sein Sohn Rubén Oseguera González, genannt „Menchito“, sitzt seit 2015 in den USA in Haft.