Bangkok. Die Rettung der zwölf Jungen und ihres Trainers aus der Höhle in Thailand ist kompliziert. Helfer bringen Vorräte für vier Monate.

„Ich werde ihm bei der Heimkehr Kai Jeow Moo Sab (traditionelles Thai-Omelette) kochen“, jubelte die Frau. Sie ist die Mutter eines der zwölf jungen thailändischen Kicker, die gemeinsam mit ihrem Trainer seit zehn Tagen in einer kleinen, dunklen Grotte der Tham Luang Höhlen nahe der Stadt Chiang Rai ausharren.

Zwei britische Taucher hatten die Vermissten nach tagelanger Suche am Montag gefunden. „Ich möchte ihm sagen, dass ich immer hier bin und warte“, sagte Kieng Khamleu, deren Sohn Pornchai Khamleung zu den gefundenen Kickern gehört.

Doch die Geduld der Eltern wird weiter strapaziert. Die Jungen müssen in ihrer Zuflucht rund einen Meter über dem Wasser, das in der Höhle steht, erst mal mit Energiegetränken und proteinreicher Nahrung aus der Tube Vorlieb nehmen. Die Behörden wissen noch nicht, wie sie die Kinder im Alter von 11 bis 16 Jahren retten sollen.

Familienangehörige lachen erleichtert, nachdem eine Gruppe Jugendfußballer und ihr Trainer in der Höhle lebend gefunden wurden.
Familienangehörige lachen erleichtert, nachdem eine Gruppe Jugendfußballer und ihr Trainer in der Höhle lebend gefunden wurden. © dpa | Sakchai Lalit

Neue starke Regenfälle angekündigt

Die Höhlengänge schlängeln sich kilometerlang durch den Berg, die Jungen und ihr Trainer müssten Engpässe und überschwemmte Stellen mit heftiger Strömung und nahezu null Sicht überwinden. Thailands Marine veröffentlichte am Dienstag gar einen Appell für Tauchmasken in Kindergröße, weil das Land die Spezialatemgeräte nur für Erwachsene auf Lager hat.

Fußballer aus Höhle in Thailand gerettet

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Die Sorge um die Vermissten war bei Angehörigen und Freunden groß. Schüler der Mae-Sai-Prasitsart-Schule in Nordthailand beteten vor Schulbeginn für sechs ihrer Schulkameraden, die zu der eingeschlossenen Jugendfußballmannschaft gehörten.
Die Sorge um die Vermissten war bei Angehörigen und Freunden groß. Schüler der Mae-Sai-Prasitsart-Schule in Nordthailand beteten vor Schulbeginn für sechs ihrer Schulkameraden, die zu der eingeschlossenen Jugendfußballmannschaft gehörten. © REUTERS | REUTERS / SOE ZEYA TUN
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Wechselbad der Gefühle: Familienangehörige erfahren am 2. Juli die frohe Botschaft, dass die Vermissten gefunden wurden.
Wechselbad der Gefühle: Familienangehörige erfahren am 2. Juli die frohe Botschaft, dass die Vermissten gefunden wurden. © dpa | Sakchai Lalit
Ein junger Familienangehöriger freut sich sehr über die guten Nachrichten.
Ein junger Familienangehöriger freut sich sehr über die guten Nachrichten. © dpa | Sakchai Lalit
Doch ob die Rettung gelingen kann, bleibt lange ungewiss. Familienangehörige harren in der Nähe der Tham-Luang-Höhle aus.
Doch ob die Rettung gelingen kann, bleibt lange ungewiss. Familienangehörige harren in der Nähe der Tham-Luang-Höhle aus. © REUTERS | SOE ZEYA TUN
Zunächst werden die Jugendlichen und ihr Trainer mit Lebensmitteln versorgt. Sie müssen zu Kräften kommen und auf den Befreiungstauchgang vorbereitet werden. Sie haben massiv an Gewicht verloren. Viele der Jungen sind Nichtschwimmer.
Zunächst werden die Jugendlichen und ihr Trainer mit Lebensmitteln versorgt. Sie müssen zu Kräften kommen und auf den Befreiungstauchgang vorbereitet werden. Sie haben massiv an Gewicht verloren. Viele der Jungen sind Nichtschwimmer. © REUTERS | HANDOUT
Die zwölf Jungen im Alter zwischen 11 und 16 Jahren und ihr Trainer wickeln sich in Alufolie ein, um sich warm zu halten.
Die zwölf Jungen im Alter zwischen 11 und 16 Jahren und ihr Trainer wickeln sich in Alufolie ein, um sich warm zu halten. © REUTERS | REUTERS TV
Tagelang wird nach dem besten Weg gesucht, die Eingeschlossenen zu retten.
Tagelang wird nach dem besten Weg gesucht, die Eingeschlossenen zu retten. © dpa | -
Helfer bereiten kleine Tauchmasken vor, die die Jungen bei ihrer Rettung tragen sollen. Es besteht die Gefahr, dass die Jungen bei ihrem Tauchgang aus der Höhle eine Panikattacke erleiden.
Helfer bereiten kleine Tauchmasken vor, die die Jungen bei ihrer Rettung tragen sollen. Es besteht die Gefahr, dass die Jungen bei ihrem Tauchgang aus der Höhle eine Panikattacke erleiden. © Getty Images | Linh Pham
Weitere Regenfälle erschweren die Bergungsarbeiten. In der Region am 20. nördlichen Breitengrad ist zwischen Juni und Oktober Regenzeit.
Weitere Regenfälle erschweren die Bergungsarbeiten. In der Region am 20. nördlichen Breitengrad ist zwischen Juni und Oktober Regenzeit. © REUTERS | ATHIT PERAWONGMETHA
Welchen enormen Gefahren Retter und Eingeschlossene ausgesetzt sind, beweist ein dramatischer Zwischenfall am 5. Juli: Bei den Rettungsbemühungen kommt ein Taucher ums Leben. Der 37-Jährige starb aufgrund von Sauerstoffmangel. Das ehemalige Mitglied der thailändischen Spezialeinheit Navy Seals wollte Behälter mit Atemluft in der Höhle platzieren und verlor auf dem Rückweg das Bewusstsein. Dennoch müssen die Vorbereitungen für die Rettung der Jungen weitergehen.
Welchen enormen Gefahren Retter und Eingeschlossene ausgesetzt sind, beweist ein dramatischer Zwischenfall am 5. Juli: Bei den Rettungsbemühungen kommt ein Taucher ums Leben. Der 37-Jährige starb aufgrund von Sauerstoffmangel. Das ehemalige Mitglied der thailändischen Spezialeinheit Navy Seals wollte Behälter mit Atemluft in der Höhle platzieren und verlor auf dem Rückweg das Bewusstsein. Dennoch müssen die Vorbereitungen für die Rettung der Jungen weitergehen. © REUTERS | ATHIT PERAWONGMETHA
Narongsak Osatanakorn, Gouverneur von Chiang Rai, erklärt bei einer Pressekonferenz, dass die Jungen und ihr Trainer körperlich und seelisch für die Rettung bereit seien. Das Zeitfenster für den Rettungsversuch ist klein, weil wieder starke Regenfälle erwartet werden.
Narongsak Osatanakorn, Gouverneur von Chiang Rai, erklärt bei einer Pressekonferenz, dass die Jungen und ihr Trainer körperlich und seelisch für die Rettung bereit seien. Das Zeitfenster für den Rettungsversuch ist klein, weil wieder starke Regenfälle erwartet werden. © dpa | Uncredited
18 Rettungstaucher sind an dem Einsatz beteiligt, fünf aus Thailand, 13 aus anderen Ländern. Jeder der Eingeschlossenen soll von zwei Tauchern auf dem Weg aus der Höhle begleitet werden.
18 Rettungstaucher sind an dem Einsatz beteiligt, fünf aus Thailand, 13 aus anderen Ländern. Jeder der Eingeschlossenen soll von zwei Tauchern auf dem Weg aus der Höhle begleitet werden. © REUTERS | TYRONE SIU
Es geht los: Medienvertreter und alle Rettungskräfte, die nicht unmittelbar für die Rettung im Einsatz sind, müssen das Areal verlassen.
Es geht los: Medienvertreter und alle Rettungskräfte, die nicht unmittelbar für die Rettung im Einsatz sind, müssen das Areal verlassen. © dpa | Sakchai Lalit
Nach Stunden dann die Nachricht: Die ersten Jungen sind gerettet.
Nach Stunden dann die Nachricht: Die ersten Jungen sind gerettet. © REUTERS | SOE ZEYA TUN
Sie werden mit Rettungswagen und Helikoptern ins Krankenhaus gebracht.
Sie werden mit Rettungswagen und Helikoptern ins Krankenhaus gebracht. © REUTERS | SOE ZEYA TUN
Die letzten Gefangenen können die Höhle zwei Tage später verlassen. Das glückliche Ende des Höhlendramas grenzt für viele an ein Wunder. Auch Experten hatten es kaum für möglich gehalten, das Team des Fußballvereins „Wildschweine“ aus ihrem Zufluchtsort in vier Kilometern Tiefe sicher nach draußen zu bringen.
Die letzten Gefangenen können die Höhle zwei Tage später verlassen. Das glückliche Ende des Höhlendramas grenzt für viele an ein Wunder. Auch Experten hatten es kaum für möglich gehalten, das Team des Fußballvereins „Wildschweine“ aus ihrem Zufluchtsort in vier Kilometern Tiefe sicher nach draußen zu bringen. © Getty Images | Lauren DeCicca
17 Tage lang waren zwölf Jugendfußballer und ihr Trainer in einer Höhle in Thailand eingeschlossen. Sie waren am 23. Juni von schweren Regenfällen überrascht worden. Weil die Höhle durch die Wassermassen überflutet wurde, war der Rückweg aus der Höhle abgeschnitten. Die Fußballer mussten sich immer tiefer in die Höhle zurückziehen. Die Rettung verlief dramatisch. Schließlich konnten die Rettungskräfte am 10. Juli alle Eingeschlossenen befreien. Wir zeigen die Bilder der Rettung.
17 Tage lang waren zwölf Jugendfußballer und ihr Trainer in einer Höhle in Thailand eingeschlossen. Sie waren am 23. Juni von schweren Regenfällen überrascht worden. Weil die Höhle durch die Wassermassen überflutet wurde, war der Rückweg aus der Höhle abgeschnitten. Die Fußballer mussten sich immer tiefer in die Höhle zurückziehen. Die Rettung verlief dramatisch. Schließlich konnten die Rettungskräfte am 10. Juli alle Eingeschlossenen befreien. Wir zeigen die Bilder der Rettung. © REUTERS | SOE ZEYA TUN
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Doch die Zeit drängt. Der tropische Regen, der mit seinen Wassermassen bereits die Suchmannschaften bei der Suche behindert hatte, machte während der vergangenen Tage eine Pause. Ab Mittwoch soll es aber wieder kübelweise vom Himmel schütten.

Die Fluten, so sie denn kommen, könnte die Lufttasche bedrohen, in der die Jungen und ihr Trainer seit zehn Tagen auf Rettung warten. Die 40 Pumpen, die Tausende Liter von Wasser auf die Reisfelder der Umgebung gepumpt haben, könnten schnell an ihre Leistungsgrenze kommen.

Jungen sind abgemagert, aber gesund

Am Dienstag legten die Retter erst einmal eine Kommunikationszentrale rund einen Kilometer von dem Unterschlupf an. Eine erste ärztliche Untersuchung ergab, dass zwei Jungen bei ihrem unfreiwilligen Abenteuer relativ harmlose Schrammen davongetragen haben. Alle sind abgemagert, aber weitgehend gesund.

Wie orientierungslos die Kinder und ihr 25 Jahre alter Coach nach Tagen in der Dunkelheit in Tham Luang Nang Non (Große Höhle der liegenden Dame), sind, zeigt eine der erste Fragen, die sie den britischen Tauchern stellten: „Wir lange sind wir schon hier?“

Die beiden Höhlenexperten müssen den Kindern bei ihrem plötzlichen Auftauchen aus dem trüben Wasser mit ihrer Taucherausrüstung wie Wesen eines anderen Sterns vorgekommen sein.

„Zehn Tage“, antworteten Rick Stanton (56) und John Volanthen (47), die zu den erfahrensten Höhlenrettern der Welt gehören.

Fußballmannschaft muss noch länger in Grotte ausharren

Dann übernahm die Not der Vermissten sofort das Kommando. „Essen, Essen, Essen“, rief ein Junge auf Thai einem Mannschaftskameraden zu. Die mageren Kinder reagierten sichtlich geschockt, als die beiden Höhlentaucher, die bereits in der vergangenen Woche zu den rund 1000 Helfern rund um Tham Luang gestoßen waren, ihnen erklärten, sie müssten zunächst einmal umkehren. „Es werden viele, viele Leute kommen“, versuchten sie die verängstigten Jungen zu trösten. Dennoch brachen einige von ihnen in Tränen aus.

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Die zwölf Jungen von der Fußballakademie „Moo Pa“ (Wildschweine) waren am 23. Juni nach dem Training mit ihrem Coach in die Höhlen gegangen, um eine Geburtstagsparty für einen Jungen zu veranstalten. Sie wurden vom Flutwasser überrascht, das wegen starkem Regen in die Höhlen drang. Dank ihrer Kenntnisse von Tham Luang flüchten sie immer tiefer und höher in die verzweigten Grotten, um dem steigenden Wasser zu entgehen.

Die Suchmannschaften hatten gehofft, die Kicker auf einer Erhebung namens Pattaya Beach zu finden. Am Montag mussten sie enttäuscht feststellen, dass auch diese Zuflucht unter Wasser stand. Die Jungen wurden schließlich 400 Meter weiter in einer kleinen Grotte entdeckt.

Helfer bringen Lebensmittelvorräte für vier Monate in die Grotte

Dort drängen sich nun rund 800 bis 1000 Meter unter dem Berg Elitesoldaten, Sanitäter mit Tauchkenntnissen und Höhlenexperten, um den jungen Kickern Beistand zu leisten und einen Weg aus dem Labyrinth zu finden. Für alle Fälle wurden am Dienstag Lebensmittelvorräte für vier Monate zu den Jungen gebracht.

Die Zahl der Optionen ist begrenzt. Soldaten durchkämmen das Gelände in der Hoffnung, einen anderen Eingang zu finden. Experten beschreiben die Möglichkeit einer Bohrung von oben als kompliziert und riskant.

Kinder müssen vor Rettung aufgepäppelt werden

Die Evakuierung mit Hilfe von Tauchern gilt ebenfalls als Spiel mit dem Tod. Höhlentauchen erfordert selbst unter einfachsten Umständen Nerven wie Drahtseile. Dunkelheit, enge Stellen und starke Strömung könnten bei den jungen Kickern jederzeit zu Panikattacken führen. Vorläufig konzentrieren sich die Retter darauf, die abgemagerten, erschöpften und geschwächten Kinder und ihren Trainer aufzupäppeln.

Sie werden neue Kraftreserven benötigen, um ihr unfreiwilliges Gefängnis zu verlassen. Gouverneur Naronsak Osottanakorn gibt sich entschlossen: „Wir haben sie lebend gefunden. Jetzt werden wir sie auch lebend herausholen.“