Berlin. Israel erinnert am Donnerstag an den Holocaust. Doch auch anderswo gedenken die Menschen Millionen ermordeter Juden.

Israel feiert am Donnerstag seinen Holocaust-Gedenktag Jom haSho’a. Das Land erinnert an die sechs Millionen Juden, die während des Holocaust von den Nationalsozialisten ermordet wurden.

Der Gedenktag fällt jährlich auf den 27. Tag des jüdischen Monats Nisan, in diesem Jahr fällt er somit auf den 12. April. 2019 wird Jom hoSho’a am 1. Mai, einem Sonntag, gefeiert. Ebenfalls am Donnerstag findet der 75. Jahrestag des Aufstandes im Warschauer Ghetto statt.

Bei dem von den Nazis niedergeschlagenen Aufstand im April und Mai 1943 im Warschauer Ghetto wehrten sich die dort gefangenen Juden gegen ihre Deportation in die deutschen Vernichtungslager im besetzten Polen.

Und so wird nicht nur in Israel an diesem Tag an die sechs Millionen ermordeten Juden erinnert. Auch in anderen Ländern gedenken die Menschen der Opfer des Holocaust. Ein Überblick über das Programm in Israel und anderswo:

• „Erinnerung im Wohnzimmer“ in Israel

Zahlreiche Israelis nahmen bereits am Mittwochabend, also am Vorabend des Holocaust-Gedenktags, an dem Programm „Erinnerung im Wohnzimmer“ teil. Dabei erzählen Überlebende oder ihre Nachfahren anderen Israelis in privaten Häusern von Erlebnissen während des Holocaust.

Bei der offiziellen Eröffnungszeremonie hatte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Mittwochabend in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem warnende Worte an den Iran gerichtet. „Ich habe eine Botschaft an die iranischen Herrscher: Stellt die Entschlossenheit des Staates Israel nicht auf die Probe.“ Netanjahu verglich das internationale Atomabkommen mit dem Iran mit dem Münchner Abkommen von 1938. Frankreich und Großbritannien hatten damals zugestimmt, dass Nazi-Deutschland sich die Sudetengebiete einverleibt.

„Es gibt jene, die sich – wie in München 1938 – Illusionen machen und glauben, dass dieses Abkommen mit dem mörderischen Regime seine Aggressivität stoppen wird“, sagte Netanjahu. „Aber im Verlauf der Geschichte haben wir immer wieder gesehen, wie Abkommen mit solchen Regimen nicht das Papier wert waren, auf dem sie geschrieben standen.“

• Holocaust-Überlebende singen Ode an das Leben

Hunderte Holocaust-Überlebende haben sich in Israel versammelt, um gemeinsam mit ihren Kindern und Enkeln eine Ode an das Leben zu singen. Das Video mit dem Song „Chai“ (Am Leben) wurde vor dem Holocaust-Gedenktag am Donnerstag veröffentlicht. Mit dem Titel war die israelische Sängerin Ofra Haza 1983 beim Eurovision Song Contest aufgetreten. Bei YouTube hatte der kurze Film mit den singenden Holocaust-Überlebenden und ihren Familien bereits rund 200.000 Aufrufe.

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„Das Lied handelt davon, dass das jüdische Volk noch lebt und weiterleben wird“, sagte eine Sprecherin. Initiiert wurde das Projekt von der Organisation Koolulam, die Menschen zusammenbringt, damit diese gemeinsam singen, und dem Kulturzentrum Beit Avi Chai in Jerusalem. Insgesamt nahmen 600 Holocaust-Überlebende und Angehörige teil.

• Sirenen heulen in ganz Israel

Am Donnerstagvormittag, dem eigentlichen Gedenktag, heulten in Israel landesweit zwei Minuten lang die Sirenen. Fahrer stiegen aus ihren Autos, Fußgänger hielten an und verharrten in stillem Gedenken.

Menschen stehen in Tel Aviv für zwei Minuten schweigend neben ihren Autos, um an Jom haSho’a, dem Holocaust-Gedenktag, der sechs Millionen ermordeten Juden zu gedenken.
Menschen stehen in Tel Aviv für zwei Minuten schweigend neben ihren Autos, um an Jom haSho’a, dem Holocaust-Gedenktag, der sechs Millionen ermordeten Juden zu gedenken. © dpa | Ilia Yefimovich

• „Marsch der Lebenden“ in Polen

Tausende junge Juden aus der ganzen Welt sind zu Donnerstag nach Polen gereist, um im ehemaligen Vernichtungslager Auschwitz der Opfer der Schoah zu gedenken. Von Holocaust-Überlebenden begleitet, wollen sie beim sogenannten „Marsch der Lebenden“ den etwa drei Kilometer langen Weg von Auschwitz nach Birkenau gehen, in das größte ehemalige deutsche Vernichtungslager.

Die Organisatoren erwarten eine Rekordteilnehmerzahl von 12.000 Menschen. „Hier zu sein, bedeutet sehr viel für mich“, sagt die 18-jährige Michelle aus Panama. Die junge Jüdin ist mit ihrer Schule zum ersten Mal dabei. „Wir kennen die Orte nur aus Filmen und Büchern, aber jetzt, wo wir hier sind, beginnen wir zu verstehen, was unsere Vorfahren erlebt haben“, sagt sie.

• Namenslesung in Berlin

Zum 75. Jahrestag des Aufstandes im Warschauer Ghetto erinnert Berlins Jüdische Gemeinde am Donnerstag an die Holocaust-Opfer. Vor dem Gemeindehaus im Berliner Stadtteil Charlottenburg werden von 9 Uhr an die Namen der 55.696 in der Nazi-Zeit ermordeten Berliner Juden vorgelesen.

Die Lesung unter dem Motto „Jeder Mensch hat einen Namen“ soll noch bis 23 Uhr dauern. Alle Berliner waren aufgerufen, sich an der Lesung zu beteiligen, teilte die Jüdische Gemeinde zu Berlin mit. Die Namenslesung findet seit 1996 jährlich statt. (dpa/jkali)