Bremen/Innsbruck. Selbst wenn Klimaziele eingehalten werden, kann die Gletscherschmelze nicht mehr gestoppt werden. Zumindest nicht in diesem Jahrhundert.
Forscher der Universitäten in Bremen und Innsbruck zeigen in einer aktuellen Studie, dass das weitere Abschmelzen der Gletscher im laufenden Jahrhundert nicht mehr verhindert werden kann. Das gelte auch, wenn alle Emissionen jetzt gestoppt würden, teilten die Forscher am Montag mit.
Aufgrund der langsamen Reaktion der Gletscher auf den Klimawandel habe das Verhalten der Menschen heute über das 21. Jahrhundert hinaus massive Auswirkungen: „Alle 500 Meter Autofahrt geht ein Kilo Gletschereis verloren.“ Die Studie erschien im britischen Fachmagazin „Nature Climate Change“.
Klimaziele spielen nur kleine Rolle beim Gletscher
Schmelzende Gletscher haben großen Einfluss auf die Entwicklung des Meeresspiegels. Auch deshalb setzten Vertreter aus 195 Staaten im Pariser Klimaabkommen von 2015 das Ziel, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad und, wenn möglich, sogar auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen.
Die Klimaforscher haben nun berechnet, welche Effekte die Einhaltung dieser Klimaziele auf die fortschreitende Gletscherschmelze hat. Sie spielten „eine überraschend und auch frustrierend geringe Rolle – zumindest für das laufende Jahrhundert“, bilanzierte Ben Marzeion vom Institut für Geographie der Universität Bremen.
Etwa 36 Prozent des heute noch in Gletschern gespeicherten Eises würde langfristig auch ohne weiteren Ausstoß von Treibhausgasen schmelzen.
„Gletscher reagieren langsam auf klimatische Veränderungen“
Anders sieht es aus Sicht der Forscher allerdings aus, wenn der zeitliche Horizont erweitert wird. Über das aktuelle Jahrhundert hinaus betrachtet mache es durchaus einen Unterschied, ob nur das Zwei-Grad-Ziel oder das 1,5-Grad-Ziel erreicht werde.
„Gletscher reagieren langsam auf klimatische Veränderungen“, erläuterte Marzeions Kollege Georg Kaser vom Institut für Atmosphären- und Kryosphärenwissenschaften der Universität Innsbruck. „Unser heutiges Verhalten hat Auswirkungen auf die langfristige Entwicklung der Gletscher.“
Wenn es das Ziel wäre, den aktuellen Umfang des Gletschereis-Bestandes zu erhalten, müsste Kaser zufolge das Temperaturniveau aus vorindustriellen Zeiten erreicht werden. „Das ist natürlich nicht möglich“, sagte der Gletscherforscher. „Wir haben in der Vergangenheit durch Treibhausgasemissionen bereits Entwicklungen angestoßen, die sich nicht mehr aufhalten lassen. Für die Gletscher ist es fünf nach zwölf.“
In Deutschland wurde die Studie vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert. In Österreich kam Unterstützung vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung. (epd)
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