Hamburg. Karl Lagerfeld begeistert mit seiner Mode seine Geburtsstadt Hamburg. Ein Gespräch über Nostalgie, männliche Kunden und sein Patenkind.

Gerade erst hat Karl Lagerfeld mit seiner Modenschau in der Elbphilharmonie seiner Geburtsstadt Hamburg begeistert. Jetzt sitzt er in einem Konferenzraum mit Elbblick, um Journalisten zu empfangen. Sein Look – schwarzer Blazer, schwarze Krawatte, weißer Zopf, statt Sonnen- trägt er eine Lesebrille, ist tadellos wie immer. Nur älter als auf den immerfort im Instagram-Kosmos kursierenden Fotos sieht der weltberühmte Designer aus. Kein Wunder, hat man doch die Kunstfigur Lagerfeld im Kopf. Da sitzt er nun, 84-jährig, und ist doch nicht müde zu erzählen.

Die „Vogue“-Chefredakteurin Christiane Arp hat gesagt, dass dies Ihre emotionalste Show war. Viele Zuschauer hatten Tränen in den Augen.

Karl Lagerfeld: Mein Gott, was soll ich das nächste Mal bloß machen?

Wie fühlen Sie sich nach einer Show, wenn alles vorbei ist?

Lagerfeld: Das ist immer schnell vorbei. Aber das Gute ist, dass alles ineinander übergeht. Da gibt es keine Grenzen.

Wenn Sie nach Hamburg kommen, kommt dann noch Nostalgie auf?

Lagerfeld: Na, ich bin ja öfter nach Hamburg gekommen. Die Villa Jako in Blankenese habe ich verkauft, weil ich keine Zeit hatte, sie mit Leben zu füllen. Die Stadt gehört zu meinem persönlichen Background. Sie ist wie eine Tapete in meinem Gehirn.

Die Matrosenmützen, Seesäcke: Ihre Kollektion war sehr vom Hamburger Hafen inspiriert. Ist es das, was Sie an Hamburg lieben?

Lagerfeld: Ja, ich liebe die Idee. Das ist nicht, weil ich da nicht lebe. Ich bin in Deutschland geboren, und ich habe auch immer noch meinen deutschen Pass.

Und diese Idee haben Sie in Ihrer Show transportiert?

Lagerfeld: Das hoffe ich. Das ist ja keine Marketing-Operation.

Sind Sie eigentlich seefest?

Lagerfeld: Ja, Gott, das kommt von der Wasserkante. Als wir die Kollektion auf Kuba gemacht haben, habe ich mich dort auch vom Ort inspirieren lassen. Und hier hatten wir das Glück, dass wir dieses tolle Gebäude haben. Sonst hätte ich nicht gewusst, wo ich meine Mode zeigen soll.

Wann hatten Sie die Idee mit der Elbphilharmonie?

Eine besondere Kulisse für eine Modenschau: die Hamburger Elbphilharmonie.
Eine besondere Kulisse für eine Modenschau: die Hamburger Elbphilharmonie. © dpa | Christian Charisius

Lagerfeld: Die kam, als ich das Ding das erste Mal gesehen habe. Da habe ich gedacht: Da musst du mal was machen. Die Ausstellung über die Little Black Jacket in Berlin war nicht so ideal. (Lagerfeld hatte seine Fotoausstellung zu Coco Chanels legendären „kleinem Schwarzen“ 2012 in einem stillgelegten U-Bahn-Tunnel präsentiert, d. Red.) Ich bin auch kein Fan von Berlin. Ich bin eben Hamburger, kein Berliner.

Die Models trugen alle einen Trauerflor über ihren Mützen­ ... Das hatte so etwas Melancholisches.

Lagerfeld: Ja, wie ein Nebel beinahe.

Das, was die männlichen Models zeigten, war eine Ausnahme. Sie entwerfen ja gar keine Mode für Herren.

Lagerfeld: Wissen Sie, wer die Chanel-Männer­sachen kauft? Das sind Rockstars aus Seoul. Die werden dann anschließend für Frauengrößen produziert. Und alles, was mein kleiner Patensohn trägt, wird ein Bestseller.

Sie haben sich ja über Kinder recht kontrovers geäußert. Die sollen erwachsen werden oder den Mund halten ...

Lagerfeld: Ja, Kinder sind wie meine Katze Choupette. Aber mein Patensohn Hudson ist kess. Im Sommer wollte er unbedingt eine spezielle Designertasche. Die gab es aber nicht mehr. Irgendwie hat Bernard Arnault (ein französischer Milliardär, d. Red.) sie aber doch aufgetrieben. In New York war Hudson mit seinem Vater in einem Fahrstuhl, und ein Mann fragte ihn: ,Wo hast du die denn her?‘ Da hat der Junge geantwortet: ,Ich kenne die richtigen Leute.‘ Mit neun Jahren! Ich weiß nicht, ob ich mich das getraut hätte.

Wenn Sie zurückdenken an Ihre Zeit in Hamburg – was ist die stärkste Erinnerung?

Lagerfeld: Schwer zu sagen. Ich will nicht ständig mit Anekdoten analysieren. Meine Vorfahren waren Banker und Händler. Aber ich kann sie verstehen. Im Grunde bin ich auch ein Pfeffersack (ein spöttischer Begriff vor allem für hanseatische Geschäftsleute, d. Red.). Nur bin ich nicht geizig.