San Juan. Der Hurrikan „Irma“ fräst sich durch die Karibik Richtung Florida.

Alle Stühle hochgestellt, die Fenster doppelt verriegelt, von innen Sandsäcke vor die Türen gestapelt: Die Betreiber von „Sloppy Joe’s Bar“ auf der Duval Street von Key West gingen schon Mittwochmorgen kein Risiko mehr ein. Die bekannteste Bierkneipe am südlichen Zipfel Floridas fügte sich klaglos den Anordnungen von Gouverneur Rick Scott und machte lange vor dem für Samstag erwarteten Landfall von Hurrikan „Irma“ die Schotten dicht.

Der stärkste je registrierte Atlantik-Hurrikan hat am Mittwoch bereits Karibik-Inseln wie Anguilla, Barbuda und St. Martin mit Windgeschwindigkeiten bis zu 300 Kilometern pro Stunde heimgesucht. „Der Herr hat uns geschützt. Wir sind vom Schlimmsten verschont geblieben“, sagte der erleichterte Premierminister von Antigua und Barbuda, Gaston Browne. Auf den Nachbarinseln Saint-Barthélemy und Saint-Martin hingegen hat es ersten Schätzungen zufolge mindestens zwei Tote gegeben.

„Irma“ bewegt sich mit etwa 26 Kilometern pro Stunde in Richtung Nordwesten. Als Nächstes droht der Sturm auf den Inselstaat St. Kitts und Nevis zuzusteuern. In den kommenden Tagen sind vermutlich Millionen Menschen von dem Sturm betroffen.

Selbst den sturmerprobten Bewohnern der Inselkette Florida Keys jagt der Tropensturm Angst ein. Der Sturm könne der schlimmste werden, dem Florida je ausgesetzt gewesen sei, sagte Gouverneur Scott. Flughäfen, Schulen und öffentliche Einrichtungen sind längst geschlossen. Viele Anwohner haben ihre Häuser mit Spanplatten zugepflastert. In den meisten Supermärkten sind die Regale mit Wasser und Konserven leer gekauft. Den knapp 30 000 Einwohnern von Key West wurde die Zwangsevakuierung angetragen. „Lasst keine Zeit verstreichen“, sagte Cammy Clark, Sprecherin im zuständigen Monroe County. Je früher man sich auf den Overseas Highway begebe, der die Keys über 175 Kilometer mit dem Festland verbindet, desto besser.

Nach Berechnungen des Nationalen Hurrikan-Zentrums wird sich der auf knapp 650 Kilometer Breite erstreckende Wirbelsturm der Stufe fünf auf seinem erwarteten Weg über Puerto Rico, Haiti und Kuba bis nach Florida zwar abschwächen. „An den wahrscheinlich katastrophalen Konsequenzen wird das aber nichts ändern“, sagen Meteorologen, „die Zerstörungskraft dieses Sturms wird gewaltig sein.“ So gewaltig möglicherweise wie Hurrikan „Andrew“ im August 1992 (Stufe fünf) oder „Wilma“ im Jahr 2005 (Stufe drei).

Für US-Präsident Donald Trump ist der zweite Megasturm der diesjährigen Hurrikan-Saison wenige Tage nach „Harvey“, der in Texas Schäden von schätzungsweise 180 Milliarden Dollar erzeugt hat, eine zusätzliche Bewährungsprobe. Die staatliche Katastrophenschutzbehörde Fema muss nun unter Beweis stellen, ob sie ein zweites Jahrhundertereignis schultern kann.