Wolfsburg. Allmählich wird es ernst mit dem Ersatz für Wolfsburgs größtes Nadelöhr, die Berliner Brücke. Einigen Politikern schwant Böses.

Wolfsburgs wichtigstes Verkehrs-Nadelöhr wird Ende März 66 Jahre alt. Ewig halten wird die Berliner Brücke allerdings nicht mehr, Abriss und Neubau sind nur eine Frage der Zeit. Und so macht sich bei einigen Ratsmitgliedern Nervosität breit. Denn diese Bauarbeiten hätten durchaus das Potenzial, Wolfsburg mehr als einen Super-Stau zu bescheren.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Hans-Georg Bachmann drang in der Ratssitzung am Mittwoch nicht zum ersten Mal darauf, die Dieselstraße vor dem Brücken-Neubau auszubauen und noch in diesem Jahr mit der Planung zu beginnen. „Ein Verkehrschaos muss unbedingt vermieden werden“, forderte er und appellierte an den Stadtbaurat: „Herr Hirschheide, lassen Sie uns hier gemeinsam Prioritäten setzen!“

Bachmann geht davon aus, dass 2028 Ersatz her muss für das Bauwerk, über das täglich 66.000 Fahrzeuge rollen. Er beruft sich auf ein Gutachten aus dem Jahr 2021, das der Berliner Brücke noch eine Restlebensdauer von acht bis zehn Jahren attestiert habe. „Ich möchte nicht, dass wir sie von einem Tag auf den anderen sperren müssen“, sagt er.

Wolfsburger SPD macht Druck in Sachen Berliner Brücke

Knifflig werden die Bauarbeiten unter anderem dadurch, dass in Wolfsburg nur zwei andere Kanalbrücken als Ausweichmöglichkeiten für Zehntausende Autofahrer zur Verfügung stehen: die Brücke in Vorsfelde und die Autobahn 39. Die Dieselstraße wäre also voraussichtlich Teil der Umleitung. Sie sei aber heute schon während der Stoßzeiten sehr belastet, warnt Bachmann. „Wir dürfen nicht sehenden Auges in ein Verkehrschaos laufen.“

Seine Vorstellung ist darum, dass bis 2025 die Alternative Grüne Route gebaut wird, darauf der zweispurige Ausbau der Dieselstraße folgt und es 2028 losgehen kann mit den Brückenarbeiten, ohne dass dabei die anderen Straßen komplett überlastet werden. Doch es gibt auch andere Vorstellungen. Die Hehlinger Ratsfrau Ira von Steimker, die für die CDU im Bauausschuss sitzt, forderte dort, jetzt auch die Verkehrsknotenpunkte in Richtung Hehlingen/Nordsteimke zu ertüchtigen. Für Stadtbaurat Kai-Uwe Hirschheide wiederum hat ein Umbau des St.-Annen-Knotens Priorität.

CDU-Fraktionschef: „Der Verkehr muss fließen“

„Die CDU Wolfsburg fordert seit der vorletzten Ratsperiode ein Verkehrsgesamtkonzept“, erklärt der CDU-Fraktionsvorsitzende Christoph-Michael Molnar. Dazu gehören für ihn die Dieselstraße, aber auch die Außenbereiche entlang der L 290. Er empfiehlt, angesichts der Folgen von Pandemie und Krieg erst einmal durchzuatmen und die dort geplanten Projekte überprüfen.

„Selbstverständlich sorgen wir uns um die Berliner Brücke und brauchen hier schnell Klarheit und Planungssicherheit“, betont Molnar. „Der Verkehr muss fließen, um keine Beeinträchtigung unserer Bürgerinnen und Bürger zu haben.“

Neue Brücke soll neben der Berliner Brücke entstehen

Der PUG-Fraktionsvorsitzende Andreas Klaffehn sieht für den Brückenbau momentan noch keine echte Dringlichkeit. Mittelfristig aber sei der Neubau unumgänglich. Nach Klaffehns Urteil „eine Mammutaufgabe, die auch noch sehr teuer wird, da diese Lebensader mit einem Parallelbauwerk versehen werden soll, um diese weiter im Betrieb zu halten“. Nacheinander abzureißen und neuzubauen, sei nicht möglich.

Wenn in Vorsfelde gebaut wird, leitet die Stadt Wolfsburg den Verkehr über die Berliner Brücke um. Umgekehrt dürfte es Vorsfelde treffen.
Wenn in Vorsfelde gebaut wird, leitet die Stadt Wolfsburg den Verkehr über die Berliner Brücke um. Umgekehrt dürfte es Vorsfelde treffen. © Jürgen Runo

Aus der Politik ist folgendes Szenario zu hören: Direkt neben der Berliner Brücke wird ein neues Bauwerk errichtet, das nach dem Abriss der alten Brücke an seinen Platz geschoben wird. Vorher ist diese Brücke während der Abrissarbeiten schon provisorisch nutzbar – allerdings müssten die Autofahrer noch langsamer fahren als heute schon über die Berliner Brücke. Und ein Teil des Verkehrs wird über Vorsfelde umgeleitet.

Viele Ratsfraktionen – viele Meinungen

Es dürfte noch einige Diskussionen geben. AfD-Fraktionschef Thomas Schlick etwa plädiert dafür, zunächst den St.-Annen-Knoten ampelfrei umzubauen und mit der Verschwenkung der L 290 eine Umgehung von Reislingen und Neuhaus zu schaffen. „Danach sollte die Berliner Brücke durch eine neue Brücke ersetzt werden.“

Bis dahin könne die Berliner Brücke durch eine neu anzubringende Stahldraht-Konstruktion gestützt werden. „Die Planungen für die Abstützung und die neue Brücke sollten sofort anlaufen“, meint Schlick. Bis alle Vorhaben umgesetzt seien, könne die Alternative Grüne Route auf Eis gelegt werden.

Planungsvorlage wurde vor Ortsratssitzung abgesetzt

Mit der Planungsvorlage für die neue Berliner Brücke sollte sich der Ortsrat Stadtmitte eigentlich schon am 14. März beschäftigen. Doch das Thema wurde von der Tagesordnung genommen. Ortsbürgermeister Erich Schubert rechnet aktuell damit, dass die Vorlage zur April-Sitzung steht.

Die Frage, ob Tunnel oder Brücke, ist derweil aus Hans-Georg Bachmanns Sicht jetzt schon beantwortet: „Die Brücke ist das Einzige, was wir uns leisten können.“

Berliner Brücke ist nur noch eingeschränkt nutzbar

Aufgrund einer verminderten Tragfähigkeit der Berliner Brücke hat die Stadt Wolfsburg in den vergangenen Jahren zahlreiche Vorsichtsmaßnahmen getroffen. 2020 ordnete die Kommune ein Lkw-Überholverbot und einen Mindestabstand von 50 Metern für Lastwagen an.

Im November 2022 sperrte sie nach dem alarmierenden Ergebnis einer Brückenprüfung die äußeren Fahrspuren. Außerdem darf mit wenigen Ausnahmen kein Schwerverkehr mehr über die Brücke rollen.

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